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DAZ aktuell
Wie wird in Zukunft abgerechnet?
Wie Ulrich Dietz aus dem Bundesministerium für Gesundheit ausführte, wurden in den Jahren 2004 bis 2008 in den Apotheken mit Zytostatika-Zubereitungen GKV-Umsätze in Höhe von insgesamt 6,2 Mrd. Euro erzielt (davon 1,6 Mrd. Euro in 2008). Auf rund 300 Millionen Euro pro Jahr wird das Einsparvolumen geschätzt, an das die Kassen nun heran wollen. Im Moment sind ca. 350 bis 400 Apotheken auf diesen Bereich spezialisiert.
Was ändert die 15. AMG-Novelle?
Bisher wurde für die Abrechnung von in Apotheken hergestellte Zytostatika-Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung die Hilfstaxe mit der Maßgabe Apothekeneinkaufspreis (AEK) plus 3% des AEK plus Rezepturzuschlag (zwischen 53 und 40 Euro) angewendet.
Nach der 15. AMG-Novelle wurde zum einen der Anwendungsbereich auf "parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie" erweitert, und hinsichtlich der Vertragsoptionen ergeben sich drei Szenarien
- Vertrag GKV-Spitzenverband – DAV (Hilfstaxe), mit Vorrang, ersatzweise:
- Einzel-Vertrag Krankenkasse – Apotheke nach § 129 Abs. 5 SGB V (neu).
- Anwendung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), nach der unten beschriebenen Maßgabe.
Rabatte müssen weiter- gegeben werden
Für die Abrechnung onkologischer Zubereitungen mit den Kassen durch öffentliche Apotheken gilt damit ab dem 1. Januar 2010 Folgendes (§ 129 Abs. 5 c SGB V):
- Für Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln gelten die Preise, die zwischen den Spitzenverbänden der Apotheker und der Krankenkassen nach der AMPreisV vereinbart wurden.
- Gibt es für Arzneimittel in parenteralen Zubereitungen keine entsprechenden Vereinbarungen, berechnet die Apotheke ihre tatsächlich vereinbarten AEKs, höchstens jedoch die AEKs laut AM-PreisV. Kostenvorteile durch die Verwendung von Teilmengen von Fertigarzneimitteln müssen berücksichtigt werden.
- Die Krankenkasse kann von der Apotheke Nachweise über Bezugsquellen und verarbeitete Mengen sowie die tatsächlich vereinbarten AEKs und vom pharmazeutischen Unternehmer über die vereinbarten Preise für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen verlangen und ggf. die Bezugsquellen nachprüfen lassen.
Für die betreffenden Apotheken leitet sich hieraus die Verpflichtung ab, die Bezugsquelle eines eingesetzten Fertigarzneimittels im Sinne einer Rückverfolgung bis zum Ursprung nachzuweisen, den tatsächlich vereinbarten AEK mit etwaig gewährten Rabatten offenzulegen und die verarbeitete Teilmenge des Fertigarzneimittels anzugeben, denn nur noch diese soll zunächst abrechnungsfähig sein.
In der Konsequenz müssten die Apotheker mit den Großhändlern und anderen Lieferanten vertraglich vereinbaren, dass deren Beschaffungspreise bei Lieferung ebenfalls offengelegt werden. Hiermit erhalten die Kassen die Möglichkeit, Rabatte abzuschöpfen, die den zubereitenden Unternehmen und Apotheken bei der Beschaffung der eingesetzten Präparate gewährt worden sind.
Rechtzeitige Einigung noch möglich?
Hierzu muss es jedoch nur dann kommen, wenn die Option der Einigung über eine angepasste Hilfstaxe nicht genutzt wird. Zwar gilt de facto derzeit übergangsweise die bestehende Vereinbarung bis zu einer revidierten Vertragslösung oder Kündigung fort, aber ein neuer Vertrag wird gerade verhandelt. Ob es noch rechtzeitig, d. h. vor Jahresbeginn, zu einer Einigung kommen wird, scheint fraglich. Kündigt eine Partei die bestehende Vereinbarung auf, tritt die obige Neuregelung am 1. Januar 2010 in Kraft. Letzte Kündigungsmöglichkeit ist der 10. Dezember 2009. Wolfgang Kaesbach vom GKV-Spitzenverband kündigte bei der Veranstaltung bereits an, hiervon Gebrauch machen zu wollen, womit die oben skizzierten Abrechnungsmodalitäten voll "durchschlagen" könnten.
Schwierige Verhandlungen
Über die laufenden Verhandlungen wollten sich weder Kaesbach noch der zuständige ABDA-Geschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz äußern. Schmitz machte deutlich, dass auf jeden Fall eine bundeseinheitliche Lösung angestrebt wird. Als Verhandlungsgegenstände führte er an, welche Packungsgröße von welchem Hersteller für die Bestimmung des Einkaufspreises herangezogen werden sollte und wie der individuelle Einkaufspreis hierbei berücksichtigt werden kann. Auch der Umgang mit verwendeten Teilmengen eines Fertigarzneimittels wirft zahlreiche Fragen auf. So ist derzeit nicht gelöst, unter welchen Voraussetzungen der Verwurf einer Restmenge akzeptiert und welcher Kasse die Restmenge abschließend in Rechnung gestellt werden soll, wenn aus dem Fertigarzneimittel Zubereitungen für verschieden versicherte Patienten hergestellt wurden. Auf jeden Fall soll ein zwingender Verwurf grundsätzlich zu vergüten sein, so eine der Grundforderungen der Apotheker.
Jetzt auch Herstellerrabatt
Darüber hinaus fällt ab dem kommenden Jahr der Herstellerrabatt gem. § 130a Abs. 1 SGB V (6% des ApU) auch für Fertigarzneimittel an, aus denen Zubereitungen hergestellt werden, und zwar sowohl bei Abrechnung über Offizin- als auch über Krankenhausapotheken. Während der Rabatt in den Krankenhäusern bereits eingepreist wird, erfolgt die Weitergabe im Fall der öffentlichen Apotheken über die Rechenzentren, d. h. der Abschlag wird von der Apotheke an die Krankenkasse gewährt und dieser durch die pharmazeutischen Unternehmer rückerstattet. Dieser ohnehin komplexe Vorgang wird bei parenteralen onkologischen Zubereitungen noch weiter verkompliziert, weil der Rabatt lediglich anteilig für die in der Zubereitung eingesetzte Teilmenge eines Fertigarzneimittels anfallen soll, sofern dieses nicht komplett verwendet wird.
Datenübermittlung
Um die richtige Höhe des Abschlags für die in Rezepturen verwendeten Fertigarzneimittel überhaupt bestimmen zu können, sollen den Krankenkassen auf Anforderung bestimmte Daten, u. a. die PZN des eingesetzten Fertigarzneimittels, übermittelt werden. Die näheren Modalitäten sind noch nicht abschließend konzipiert. Wie Schmitz berichtete, laufen die Verhandlungen seit mehr als drei Monaten. Dass in jedem Fall ein erheblicher Mehraufwand auf die Apotheken zukommen dürfte, steht aus Sicht der Betroffenen bereits jetzt außer Frage.
Krankenhausapotheken nur teilweise betroffen
Für Krankenhauspotheken sind die neuen Abrechnungsmodalitäten nur tweilweise gültig. Auch hier gelten spezielle Lieferverträge für den stationären Versorgungsbereich gem. § 129a vorrangig. Da diese bereits Preisverhandlungen beinhalten, besteht die Verpflichtung zur Weitergabe von gewährten Rabatten sowie von Kostenvorteilen durch die Verwendung von Teilmengen für Krankenhausapotheken nicht. Die neuen Vorschriften über die Transparenz der Bezugsquellen und die Möglichkeit der Kassen, diese ggf. zu überprüfen, sind jedoch in gleicher Weise anzuwenden. Wie ADKA-Geschäftsführer Klaus Tönne erläuterte, bestehen hinsichtlich der Krankenhaus-Lieferverträge gegenwärtig unterschiedliche Regelungen von Land zu Land und von Klinik zu Klinik. Bislang sind seiner Mutmaßung zufolge wegen des noch ausstehenden Vertragsabschlusses für die Offizinapotheken noch keine § 129a-Verträge gekündigt worden.
Zahlreiche Schwachstellen
Auch Tönne macht in dem Abrechnungs-Szenario zahlreiche Schwachstellen aus, angefangen von der Offenlegung der Bezugsquellen und Rabatte über die Berücksichtigung nicht unmittelbar Produkt-gebundener Vorteile wie etwa Jahresboni, den abrechnungstechnischen Umgang mit Teilmengen und die komplexe Berücksichtigung des Herstellerrabatts bis hin zur unterschiedlichen Behandlung von Kassen- und Privatpatienten bzw. von stationären und ambulanten Patienten, ganz zu schweigen von den zahlreichen Problemen rund um die Datenübermittlung. Ebenfalls noch völlig ungeklärt ist die Vorgehensweise für die Bestimmung des tatsächlichen AEK im Fall, dass eine Krankenhausapotheke eine Zubereitung für eine abgebende Apotheke herstellt.
Pharmaindustrie beklagt Intransparenz beim Rabatt
Last not least sind auch die Pharmaunternehmen von den neuen Abrechnungsvorschriften betroffen, wie Dr. Susanne Götting deutlich machte. Sie erwartet nicht nur Auswirkungen auf das Geschäft der Pharmaindustrie mit den Kliniken insgesamt sowie eine kaum absehbare Intransparenz hinsichtlich der ordnungsgemäßen Abführung der Hersteller-Rabatte, sondern äußerte auch Bedenken im Sinne der Arzneimittelsicherheit, die sich aus dem wiederholten Einsatz von Teilmengen eines Fertigarzneimittels für verschiedene Zubereitungen ergeben.
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