Arzneimittel und Therapie

Plerixafor mobilisiert hämatopoetische Stammzellen

Plerixafor (Mozobil®) soll in Kombination mit dem Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktor (G-CSF) die Mobilisierung von hämatopoetischen Stammzellen in das periphere Blut verbessern, damit diese entnommen und anschließend autolog transplantiert werden können, wenn Patienten mit Lymphom und multiplem Myelom nicht ausreichend Stammzellen mobilisieren.

Der neue Wirkstoff wurde zu Beginn der 1990-iger Jahre entdeckt. Zunächst wurde ein Einsatz in der HIV-Therapie angestrebt, denn Plerixafor zeigte in klinischen Studien eine Wirksamkeit gegen X4-trope HIV-1-Stämme. Da der Arzneistoff parenteral angewendet werden muss und nicht oral bioverfügbar ist, wurde jedoch der angestrebte Einsatz als HIV-Therapeutikum wegen der geringen Marktchancen verworfen.

Antagonist am Chemokinrezeptor CXCR4

Das Bicyclam Plerixafor wirkt als Antagonist am Chemokinrezeptor CXCR4 und blockiert die Bindung des Liganden CXCL12. Dieser Chemokinrezeptor sorgt dafür, dass die hämatopoetischen Stammzellen und die Lymphozyten im Knochenmark festgehalten werden. Durch die Rezeptorblockade gelangen mehr Stammzellen ins Blut. Ebenso wirkt Plerixafor bei der HIV-Infektion über die Blockade des Rezeptors CXCR4. Das HI-Virus benötigt ihn als Korezeptor, um in die Zelle eindringen zu können.

Stammzellen aus dem Knochenmark ins Blut

Jetzt kommt Plerixafor in Kombination mit dem Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktor (G-CSF) zur Vorbehandlung von Patienten mit Lymphom und multiplem Myelom auf den Markt, wenn diese eine autologe Stammzelltransplantation benötigen und nicht ausreichend Stammzellen mobilisieren. Hier sorgt Plerixafor dafür, dass vermehrt Stammzellen aus dem Knochenmark in die Peripherie freigesetzt werden. Sobald diese im Blut zirkulieren, können sie gewonnen, außerhalb des Körpers vermehrt und später den Krebspatienten transplantiert werden (autologe Stammzelltransplantation).

Subkutane Injektion vor der Apherese

Die empfohlene Dosis Plerixafor ist 0,24 mg/kg Körpergewicht täglich und sollte nicht mehr als 40 mg/Tag betragen. Plerixafor sollte durch subkutane Injektion sechs bis elf Stunden vor Einleitung der Apherese im Anschluss an eine viertägige Vorbehandlung mit dem Granolocyte-Colony Stimulating Factor (G-CSF) gegeben werden. In klinischen Studien wurde Plerixafor häufig an zwei bis vier (und bis zu sieben) aufeinander folgenden Tagen angewendet.

Plerixafor wird nach subkutaner Injektion rasch absorbiert. Spitzenkonzentrationen werden in 30 bis 60 Minuten erreicht. Plerixafor ist mit bis zu 58% mäßig an humane Plasmaproteine gebunden. Plerixafor wird nicht über die Leber verstoffwechselt und hemmt oder induziert Enzyme des Cytochrom-P450-Systems nicht. Plerixafor wird hauptsächlich (rund 70%) unverändert mit dem Urin ausgeschieden. Die Ausscheidungshalbwertszeit (t1/2) im Plasma beträgt drei bis fünf Stunden.

Verbesserte Mobilisierung

In den Zulassungsstudien verbesserte Plerixafor in Kombination mit G-CSF diese Mobilisation der Stammzellen deutlich: So konnten mehr Patienten in weniger Apherese-Sitzungen ausreichend hohe Mengen an Stammzellen mobilisieren.

Die häufigsten Nebenwirkungen von Plerixafor waren mit einer Häufigkeit von über 10% Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Kopf- und Gelenkschmerzen sowie Reaktionen an der Injektionsstelle. Darüber hinaus sind Blutbildveränderungen mit einem Anstieg der Leukozytenzahl und einer Verringerung der Thrombozytenzahl zu erwarten. Da Plerixafor auch die Freisetzung von leukämischen Zellen fördern kann, sollte es nicht bei Patienten mit einer Leukämie eingesetzt werden.

Im Tierexperiment ist Plerixafor teratogen und fetotoxisch. Daher sollte eine Schwangerschaft vor der Anwendung von Plerixafor ausgeschlossen werden.

 

Quelle

Fachinformation Mozobil 20 mg/ml Injektionslösung, Stand der Information Juli 2009. 

 

hel

Steckbrief: Plerixafor

Handelsname: Mozobil
Hersteller: Genzyme GmbH, Neu-Isenburg
Einführungsdatum: 1. September 2009
Zusammensetzung: 1 ml Lösung enthält 20 mg Plerixafor. Jede Durchstechflasche enthält 24 mg Plerixafor in 1,2 ml Lösung. Sonstige Bestandteile: Natriumchlorid, Salzsäure 36% (pH-Einstellung), Natriumhydroxid (pH-Einstellung), Wasser für Injektionszwecke.
Packungsgrößen, Preise und PZN: Eine Durchstechflasche mit 1,2 ml, 6934,84 Euro, PZN 5379530.
Stoffklasse: Immunstimulanzien. ATC-Code: L03AX16.
Indikation: In Kombination mit G-CSF um die Mobilisierung von hämatopoetischen Stammzellen in das periphere Blut zur Entnahme und anschließenden autologen Transplantation bei Patienten mit Lymphom und multiplem Myelom zu verbessern, die nicht ausreichend Stammzellen mobilisieren.
Dosierung: 0,24 mg/kg Körpergewicht und Tag als subkutane Injektion sechs bis elf Stunden vor Einleitung der Apherese im Anschluss an eine viertägige Vorbehandlung mit dem Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Factor (G-CSF). Wegen der zunehmenden Exposition bei steigendem Körpergewicht sollte die Dosis nicht mehr als 40 mg/Tag betragen.
Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile.
Nebenwirkungen: Sehr häufig: Durchfall, Übelkeit; Reaktionen am Injektions- und Infusionsort. Häufig: Schlaflosigkeit; Benommenheit, Kopfschmerzen; Erbrechen, Bauchschmerzen, Magenbeschwerden, Dyspepsie, Bauchblähung, Verstopfung, Flatulenz, Hypoästhesie oral, Mundtrockenheit; Hyperhidrose, Erythem; Arthralgie, Muskelskelettschmerzen; Müdigkeit, Unwohlsein.
Wechselwirkungen: Es wurden keine Wechselwirkungsstudien durchgeführt.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Plerixafor wird nicht empfohlen für die Mobilisierung und Gewinnung von hämatopoetischen Stammzellen bei Patienten mit Leukämie. Während der Anwendung von Plerixafor und der Apherese sollten die Leukozyten- und Thrombozytenzahlen überwacht werden. Nach subkutanen Injektionen können vasovagale Reaktionen, orthostatische Hypotonie und/oder Synkope auftreten, deshalb sollten entsprechende Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Bei Personen, die Plerixafor in Verbindung mit G-CSF erhalten und über Schmerzen im linken Oberbauch und/oder im Schulterblatt oder in der Schulter klagen, sollte die Integrität der Milz untersucht werden.

Plerixafor

Stammzellen aus dem menschlichen Knochenmark unter dem Mikroskop. Plerixafor ist ein selektiver reaktiver Antagonist des CXCR4-Chemokinrezeptors. Durch die Rezeptorblockade werden mehr hämatopoetische Stammzellen aus dem Knochenmark in die Peripherie freigesetzt. So sollen mehr reife und pluripotente Zellen im systemischen Kreislauf zur Verfügung stehen. Werden diese entnommen und außerhalb des Körpers vermehrt, so können sie später Krebspatienten transplantiert werden.
Foto: Universitätsklinik Heidelberg

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