Arzneimittel und Therapie

Genetische Ausstattungbeeinflusst Clopidogrelwirkung

Der Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel ist ein Prodrug, das erst nach einer Metabolisierung am Cytochrom P450-2C19 in seiner eigentlichen Wirkform als Thiolderivat vorliegt. Seit Längerem wurde beobachtet, dass individuelle Probleme im Zusammenhang mit Clopidogrel auftreten: Es wirkt nicht bei allen Patienten gleich gut. Jetzt wurde in einer Studie eine weit verbreitete Genvariante im P450-Enzymsystem mit einem erhöhten Komplikationsrisiko nach perkutaner koronarer Intervention assoziiert.
Inhibition von CYP-Enzymen Das Enzym CYP 2C19 unterliegt einem ausgeprägten genetischen Polymorphismus. Als Folge entsprechender Mutationen kann es entweder weniger oder verstärkt gebildet werden, es werden unter anderem Poor Metabolizer von Extensive Metabolizern und Ultra rapid Metabolizern unterschieden. Durch die Bestimmung des Genotyps könnte vor einer Therapie über den sinnvollen Einsatz von Clopidogrel entschieden werden.
Foto: Bayer AG

Die Studie wurde an 429 gesunden Probanden aus dem Old Amish Order durchgeführt. Diese Glaubensgemeinschaft aus den USA lebt seit Jahrhunderten abgeschieden und gilt als genetisch sehr homogen. Die Teilnehmer erhielten über sieben Tage Clopidogrel (einmal 300 mg Clopidogrel, dann an sechs Tagen 75 mg täglich). Es wurden aus dem Blut die charakteristischen Gerinnungsparameter sowie der Genotyp des Leberenzyms CYP2C19 bestimmt. Dabei wurde festgestellt, dass die Variation im CYP2C19-Gen erblich ist. 12% der Unterschiede in der Metabolisierung und damit in der Wirkung von Clopidogrel konnten auf diese einzelne GenVariante zurückgeführt werden. Es handelt sich um eine Loss-of-function-Mutation, die die Metabolisierung und damit die Aktivierung von Clopidogrel in der Leber vermindert.

In einem zweiten Teil der Studie wurden 227 Patienten aus der amerikanischen Normalbevölkerung untersucht, die nach einer perkutanen koronaren Intervention (Stent-Operation, PCI) am Herzen mit Clopidogrel behandelt wurden. Diese Patienten erhielten nach der Herzkatheterbehandlung eine duale Antithrombozytentherapie (ASS plus Clopidogrel), die einen thrombotischen Verschluss des Stents verhindern soll. Die Studie zeigte, dass Träger der Variation im CYP2C19-Gen zweieinhalbfach häufiger im ersten Jahr nach der PCI ein erneutes ischämisches Ereignis erleiden oder sterben. Diese Variante im CYP2C19-Gen besitzt damit durchaus eine therapeutische Relevanz. Zudem ist sie auch häufig: Weiße sollen sie zu 25%, Ostasiaten zu 50% tragen. In einem Kommentar zu dieser Untersuchung wird darauf hingewiesen, dass es zwar möglich sei, mit einem Test den Genotyp des Cytochrom-Enzyms zu bestimmen, der Wert eines solchen Gentests aber zunächst in randomisierten klinischen Studien untersucht werden muss. Der Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel bleibt aus therapeutischer Sicht ein schwieriger Wirkstoff, da das Cytochrom-P450-System auch andere Arzneistoffe oder durch die aufgenommene Nahrung beeinflusst werden kann. Aktuelles Beispiel ist die kombinierte Anwendung eines Protonenpumpenhemmers mit Clopidogrel. Protonenpumpeninhibitoren wie Omeprazol, Lansoprazol oder Rabeprazol gelten als potente Inhibitoren von CYP2C19, so dass auch durch sie eine Hemmung der metabolischen Aktivierung von Clopidogrel in unterschiedlichem Ausmaß möglich ist. Für eine abschließende Bewertung ist die Datenlage aber noch nicht ausreichend. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft empfiehlt, auf die routinemäßige Therapie mit einem Protonenpumpeninhibitor bei Patienten mit Clopidogreltherapie zu verzichten.

 

Quelle

Shuldiner, A.R.; et al.: Genetic Variation Associated With Poorer Response, Cardiovascular Outcomes With Use of Clopidogrel. J Am Med Assoc. (2009) 302[8]: 849 – 857.

Bhatt, D.L.; et al.: Tailoring Antiplatelet Therapy Based on Pharmacogenomics. J Am Med Assoc. (2009) 302[8]: 896 – 898.

Stellungnahme der AMK und der DPhG: Klinisch relevante Interaktion zwischen Clopidogrel und Protonenpumpeninhibitoren. DAZ (2009) 16: 49 – 51.

Zündorf, I.; Dingermann, T.: Ein aktuelles Problem für Regulatoren: Clopidogrel und die Pharmakokinetik. Pharm. Unserer Zeit (2009) 4: 360 – 367.

 

ck

Das könnte Sie auch interessieren

Individuelle Unterschiede erfordern eine individuelle Dosisfindung

Es steckt in den Genen

Die Pharmakogenetik ebnet den Weg für erfolgreiche individualisierte Interventionen

Maßgeschneidert

Tamoxifen nur nach Gentest?

Patient ≠ Patient

Routinemäßige Untersuchung kann Komplikationen nach Stent-Implantation verringern

Gentest vor Clopidogrel-Einsatz?

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.