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- DAZ 32/2009
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DAZ aktuell
Unmengen an Paracetamol
Der Fall eines Patienten, der durch die Einnahme von zu großen Mengen an Paracetamol eine Vergiftung erlitt und daher stationär behandelt werden musste, stand am Anfang des Beitrags. Der Zuschauer erfuhr: Paracetamol ist kein harmloser Wirkstoff. Die Einnahme zu großer Mengen führen zu Leberschädigungen bis hin zum Tod. Jährlich müssen rund 4000 Paracetamol-Vergiftungen behandelt werden. Der Gesetzgeber hat diese Gefahren erkannt. Es dürfen daher in Apotheken nur noch Einzelpackungen mit maximal 10 g Paracetamol verkauft werden, heißt es im Film. Der Beitrag zeigte aber auf, dass der Wirkstoff in vielen Kombipräparaten enthalten ist. Die Gefahr, dass ein Patient verschiedene Kombis einnimmt und dadurch sehr schnell die Höchstdosis erreicht, ist so leicht gegeben.
Die Tests
Machen Apotheken darauf aufmerksam? Um diese Frage zu klären, führte das Fernsehteam Apothekeneinkäufe in drei Apotheken Hamburgs durch.
Apotheke 1:Die Kundin verlangte eine 30er Packung Paracetamol Tabletten. Die Apothekenmitarbeiterin erläuterte, dass diese nur auf Rezept erhältlich sei. Daraufhin verlangte die Kundin eine 20er und eine 10er Packung – die Apothekenmitarbeiterin verkaufte dies anstandslos. Dazu verlangte die Kundin noch Grippostad C in Kapseln und als Heißgetränk – die Apothekenmitarbeiterin gab alles ab, ohne jede Beratung, ohne Nachfrage, ohne Hinweise. Der vom NDR als Berater hinzugezogene klinische Pharmakologe Professor Frölich, der unlängst schon einmal in einer Sendung Apotheken schlechte Beratungsqualität attestierte, kommentierte, dass hier deutlich zu hohe Mengen an Paracetamol abgegeben wurden. Würde man die erworbenen Präparate nach Vorschrift einnehmen, wäre hier eine Tagesdosis von 7600 mg Paracetamol erreicht. Die Höchstdosis liegt bei 4000 mg.
Apotheke 2:Hier kaufte die Kundin die paracetamolhaltigen Präparate Doregrippin, Grippostad C, Wick Daymed, vivimed und Contac Erkältungstrunk – auch in dieser Apotheke kein Hinweis auf die Gefährdung, keine Nachfrage. Man scheint nicht erkannt zu haben, dass die Kundin Paracetamol in Mengen erworben hat, die bei einer Einnahme in den vorgegebenen Dosierungen (insgesamt 13.000 mg am Tag!) zu einer ernsthaften Gefährdung (Leberentzündung) führen können.
Apotheke 3:In der dritten vom NDR-Team besuchten Apotheke erwarb die Kundin sogar noch mehr paracetamolhaltige Präparate, ingesamt für über 40 Euro. Einziger Kommentar der Apothekenmitarbeiterin: Oh Mann, Sie hat es aber erwischt". Die Einnahme aller Schmerz- und Erkältungsmittel hätte laut Professor Frölich tödlich ausgehen können, bestenfalls wäre eine Krankenhauseinweisung notwendig gewesen.
Fazit des Senders: Das Geschäft ist offensichtlich wichtiger als die Gesundheit des Patienten. Mit den drei Fällen konfrontierte der NDR die Apothekerkammer Hamburg. Dr. Reinhard Hanpft, Geschäftsführer der Kammer, zeigte seine Bestürzung darüber und räumte ein, eine Abgabe dieser Präparate ohne jede Beratung nicht gut heißen zu können. Er merkte aber auch an, es sei unwahrscheinlich, dass man alles parallel einnehme.
Fazit
In der Tat, es scheint vom NRD-Team überzogen zu sein, eine Testkundin in die Apotheke zu schicken, um Unmengen an paracetamolhaltigen Schmerz- und Erkältungsmitteln zu erwerben. Andererseits kann es nicht angehen, dass in einer Apotheke bei einem solchen Einkauf nicht die Alarmsignale angehen. Selbst bei der Abgabe kleiner Packungen paracetamolhaltiger Präparate sollten Hinweise erfolgen. Es stimmt traurig zu sehen, wie ignorant manche Apotheken die Beratung handhaben. Bleibt die Hoffnung, dass der Sender drei seltene Exemplare an Apotheken aufgesucht hat.
In diesem Zusammenhang: Es ist auch unverständlich, dass Apotheken Aufsteller mit Paracetamol Tabletten auf dem HV-Tisch haben, mit denen diese Präparate zu Sonderpreisen (10er Packung zu 99 Cent) angeboten werden.
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