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Arzneimittel und Therapie
Bisphosphonate gegen Knochenmetastasen
In den Knochen streuen vor allem das Mammakarzinom sowie andere Tumore des weiblichen Genitals. Ebenso führen Prostata-, Bronchial- und Nierenkarzinom zu Knochenmetastasen. Besonders aggressiv ist das multiple Myelom. Dieser Knochenmarkkrebs besiedelt nahezu immer den Knochen und führt dann zu Perforationen. Flache Knochen wie Schädel, Schulterblatt und Becken werden regelrecht durchlöchert.
Beschleunigter Knochenabbau
Wenn ein Primärtumor metastasiert, gelangen die zirkulierenden Tumorzellen in den gesamten Organismus. Bei einigen Krebsarten siedeln sie sich bevorzugt in den Hohlräumen des Knochenmark-Sinussystems an. Hier gibt es zahlreiche Zytokine und Wachstumsfaktoren, die nicht nur das Wachstum der Zellen des blutbildenden Systems, sondern auch das Wachstum der Krebszellen fördern.
Ossäre Absiedlungen finden sich vor allem im Achsenskelett, das einen hohen Anteil an trabekulärem Knochen und eine hohe Umbaurate aufweist. Metastasen in den langen Röhrenknochen sind selten. Wenn die metastatischen Krebszellen aktiviert werden, dringen sie mithilfe von proteolytischen Enzymen in das umliegende Gewebe ein und breiten sich dort aus. Sie siedeln sich auf der Oberfläche der Knochentrabekel an und bilden dort Mikrometastasen, die ab einer Größe von 3 mm im Kernspintomogramm nachweisbar sind. Die wachsenden Metastasen bilden rasch eine eigene Gefäßversorgung aus, und der Knochenkrebs wird szintigrafisch und radiologisch sichtbar.
Osteolytische und osteoblastische Metastasen
Die Tumorzellen stören das Gleichgewicht von Osteoblasten und Osteoklasten. Dadurch wird der Knochenumbau gestört und der Knochen in seiner Struktur beeinträchtigt.
Osteolytische Metastasen bilden ein dem Parathormon ähnliches Peptid, das die Genese und Aktivität der Osteoklasten stimuliert, wodurch der Knochenabbau beschleunigt wird. Beim Knochenabbau werden Wachstumsfaktoren aus der Knochenmatrix freigesetzt, die das Wachstum der Tumorzellen weiter verstärken, und der Knochenabbau beschleunigt sich weiter in einem Circulus vitiosus. Osteolytische Metastasen kommen vor allem beim multiplen Myelom und beim Mammakarzinom vor.
Bei osteoblastischen Metastasen bilden die Tumorzellen verstärkt Wachstumsfaktoren, welche die Aktivität der Osteoblasten steigern. Die Folge ist ein gesteigerter Umbau der Skelettstruktur und eine starke Neubildung minderwertiger Knochensubstanz mit mangelhafter Stabilität. Auch hier werden aus der Knochenmatrix Wachstumsfaktoren freigesetzt, die das Wachstum der Tumorzellen weiter verstärken.
Wenn die Tumorzellen anfangen, Knochenmaterial abzubauen, wird Hydroxylapatit frei, und im Serum erhöht sich die Calciumkonzentration. Die Folge einer Hypercalcämie sind eine Gewichtsabnahme und Nierenschäden. In schweren Fällen kommt es zu Herzrhythmusstörungen, Koma und Tod.
Bisphosphonate stoppen den Knochenabbau
Aminobisphosphonate verhindern diese Folgen der Metastasierung, indem sie zum einen das Calcium im Blut binden. Die Wirkstoffe können jedoch noch weit mehr: Sie lagern sich an der Knochenoberfläche an und "imprägnieren" den Knochen. Ihre Wirkung kann bis zu zehn Jahre nach der Applikation anhalten. An der Knochenoberfläche werden sie von den Osteoklasten während der Knochenresorption aufgenommen, hemmen diese durch Eingriff in deren Mevalonat-Stoffwechsel und verhindern dadurch eine weitere Calciumfreisetzung. Entsprechend ihrer Wirkpotenz hemmen alle Bisphosphonate die Reifung und Differenzierung der Osteoklasten und induzieren deren frühzeitige Apoptose.
Zoledronat ist am wirksamsten
Bisphosphonate werden in der Tumortherapie vor allem intravenös eingesetzt, um skelettbezogene Komplikationen zu behandeln. Dazu gehören pathologische Frakturen, unter anderem die sehr schmerzhaften Brüche von Wirbelkörpern. Bisphosphonate verzögern vor allem die Knochenbrüche, einen Einfluss auf das Überleben haben sie bei Tumorerkrankungen nicht.
Weltweit wird bei Krebserkrankungen Zoledronat am häufigsten verwendet, da es am wirksamsten ist. Zoledronat ist zur Behandlung von Hypercalcämien und skelettbezogenen Komplikationen bei der Tumortherapie zugelassen und wird in einer Dosierung von 4 mg alle drei bis vier Wochen innerhalb von 15 Minuten infundiert, wodurch es gut zu handhaben ist.
Kreatininwert kontrollieren
Die Nebenwirkungen der Bisphosphonate sind grippeähnliche Wirkungen, die mit nichtsteroidalen Antiphlogistika gut behandelt werden können. Eine Ösophagitis tritt nur nach peroraler Applikation auf.
Schwerwiegender sind bei der intravenösen Anwendung Nierenschädigungen. Zur Vorbeugung sollte vor jeder Infusion der Kreatininwert kontrolliert werden. Liegt er über 10%, darf nicht infundiert werden. Als Vorsichtsmaßnahme sollte das Infusionsvolumen hoch genug sein, und der Patient oder die Patientin sollte am Tag der Infusion zusätzlich ein bis zwei Liter Wasser trinken. Orale Bisphosphonate sind nicht nephrotoxisch, da hier deutlich geringere Spitzenkonzentrationen erreicht werden.
Als Nebenwirkung der intravenösen Aminobisphosphonate in der Krebstherapie können sehr selten Kiefernekrosen auftreten, besonders bei alten Patienten und Patientinnen. Die Patienten sollten auf eine gute Mundhygiene achten und den Mund täglich mit Chlorhexidin ausspülen. Bei der oralen Anwendung von Aminobisphosphonaten tritt diese Nebenwirkung normalerweise nicht auf.
Quelle
Prof. Dr. Dr. Walter Schunack, Berlin: "Arzneistoffe im Vergleich: Update Bisphosphonate in der Tumortherapie", Pharmacon Meran, 10. Juni 2009.
hel
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