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Wo bleibt die Wertschätzung?

Noch nie gab es so viele Apotheken in Deutschland wie im vergangenen Jahr: insgesamt 21.602, davon 2851 Filialen. Beide Zahlen sind Rekord. Grund für diese Zunahme ist nicht eine große Welle von Existenzgründungen unter den Apothekern. Vielmehr geht die Zunahme – wie bereits in den letzten Jahren zu sehen war – auf die seit 2004 bestehende Möglichkeit zurück, Filialapotheken zu eröffnen. Unter den gegründeten Filialen finden sich nicht selten auch Apotheken wieder, die früher noch geschlossen worden wären, heute aber als Filiale mitlaufen. Wenn dabei Steuerberater die Zahlen solcher Filialen ansehen, stellen sie fest, dass sich so manche streng betriebswirtschaftlich gesehen nicht rechnet. Aber als mitlaufende Filiale, die zwar keinen oder kaum Gewinn macht, die zudem hilft, eine Konkurrenzgründung abzuwehren, und die Arbeitsplätze bietet, ist sie für viele so in Ordnung.

Mehr Apotheken bedeuten auch mehr Arbeitsplätze in Apotheken. 2008 waren rund 2000 Personen mehr in Apotheken beschäftigt als noch ein Jahr zuvor. Das kann sich sehen lassen, das ist nicht zu unterschätzen, besonders in Zeiten der Krise. Ob sich diese Zahlen in diesem Jahr halten lassen? Ein Mangel an Apothekerinnen und Apothekern, wie er sich langsam bei Ärzten abzeichnet, droht noch nicht, aber vereinzelt besteht heute bereits Bedarf. Nicht in allen Regionen Deutschlands findet sich leicht ein Mitarbeiter.

Dabei ist genug Arbeit in Apotheken vorhanden. 4 Millionen Kunden werden täglich bedient, 20.000 Patienten jede Nacht im Notdienst versorgt, 16 Millionen individuelle Rezepturen werden pro Jahr angefertigt. Allein die enorme Mehrbelastung durch die Rabattverträge bindet viele personelle und zeitliche Kapazitäten: Bei den insgesamt 260 Millionen Rabattarzneimitteln, die 2008 in der Apotheke an die Patienten ausgehändigt wurden, kam es selten zu einem normalen Bedien- und Beratungsvorgang. In der Regel erforderten sie einen Mehraufwand bei der Beschaffung, bei der Bevorratung und vor allem bei der Abgabe, wo Apotheker oft die Verärgerung vieler Patienten aushalten mussten, die nicht verstehen wollten oder konnten, dass sie ihr gewohntes Präparat nicht mehr erhielten.

Und der Gesamtumsatz? Er ist auch im vergangenen Jahr gestiegen um 1,2 Mrd. Euro auf 37,9 Mrd. Euro. Verantwortlich dafür ist vor allem der Umsatz mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Gründe dafür sind die u. a. oft verordneten neuen und hochpreisigen Arzneimittel und die Altersstruktur der Bevölkerung (immer mehr Ältere, die mehr Arzneimittel benötigen). Ein Umsatzrückgang machte sich dagegen bei den rezeptfreien Arzneimitteln bemerkbar. Dafür dürfte die Tatsache verantwortlich sein, dass Rezeptfreie nicht mehr verordnet werden dürfen, aber auch der Versandhandel und die Pick-up-Stellen werden dazu beigetragen haben, dass OTCs weniger in der Apotheke verkauft werden. Damit ist die Bedeutung von Rx für die Apotheke mittlerweile von 75,9% im Jahr 2006 auf 77,8% in 2008 gestiegen. Da zeichnet sich ein langsamer Prozess ab, der noch nicht sein Ende erreicht haben dürfte.

Festzuhalten ist: die Apotheken leisten mehr, die Rabattverträge verlangen eine ungeheure Mehrarbeit, die Apotheken haben mehr Arbeitsplätze geschaffen – aber die Apotheken erfahren kein Mehr an Wertschätzung durch Politik und Krankenkassen. Vor diesem Hintergrund wäre eine Anerkennung des Mehraufwandes für die Umsetzung von Rabattverträgen und die Anerkennung des erzielten Verhandlungsergebnisses über einen Apothekenabschlag von 1,70 Euro durch den GKV-Spitzenverband angebracht, heißt es im Wirtschaftsbericht, den der Geschäftsführer Wirtschaft und Soziales der ABDA, Karl-Heinz Resch, auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands am 7. Mai in Berlin präsentiert. Sie finden ihn in dieser Ausgabe.

Über die wirtschaftlichen Zahlen zum Unternehmen Apotheke werden wir in der nächsten DAZ-Ausgabe berichten. Von einer eigenen Informationsveranstaltung für die sozial- und wirtschaftspolitischen Journalisten der Wirtschafts- und Tagespresse hatte die ABDA in diesem Jahr abgesehen. Ein Grund mag sein: Man fühlte sich von diesen Journalisten nicht selten missverstanden oder die Zahlen wurden missinterpretiert und den Apothekern um die Ohren gehauen. Einerseits: es muss nicht öffentlich breitgetreten werden, welchen Umsatz und Ertrag eine Apotheke erzielt (selbst wenn er immer geringer wird), zumal die Journalisten nicht nachvollziehen können oder wollen, welche Leistungen der Apotheke sich dahinter wirklich verbergen. Andererseits: ob die wirtschaftlichen Zahlen einer Apotheke dadurch nicht oder nur weniger in die Presse gelangen, ist auch fraglich. Vielleicht wäre eine offensive Strategie doch die bessere Alternative? Unsere Zahlen dürften schon lange keine Neidgefühle mehr erwecken und unter die Reichensteuer werden sie auch nicht gestellt.

 

Peter Ditzel

 

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