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"Frauen sollten mehr über den Tellerrand schauen"
Dunin von Przychowski: Allem vorweg, ich stamme nicht aus einer Apothekerfamilie. Mein Vater ist Journalist, eine Tätigkeit, die mich auch gereizt hätte. Durch Bekannte und Freunde bin ich schließlich mit dem Apothekerberuf in Berührung gekommen und habe mich für die Pharmazie entschieden. Das lag durchaus nicht fern, denn allgemeines Interesse an Naturwissenschaften hatte ich schon immer, und wo ist man interdisziplinär besser aufgehoben als in der Pharmazie. Studiert habe ich an der Freien Universität Berlin. 1992 bekam ich die Approbation.
DAZ Sie blicken nun schon auf 17 Jahre Berufstätigkeit zurück. Waren Sie in dieser Zeit immer in der Offizin tätig und immer in Berlin?Dunin von Przychowski: Nein, nach dem Staatsexamen habe ich eineinhalb Jahre auf Borkum gearbeitet, in einer Krankenhausversorgenden Apotheke. Das war eine sehr interessante Erfahrung, aber schließlich hat es mich doch wieder in die Hauptstadt gezogen. Dort habe ich neben der Tätigkeit als Angestellte in verschiedenen Apotheken im Übrigen auch mal kurz in die Öffentlichkeitsarbeit bei der Apothekerkammer Berlin "reingeschnuppert". Derzeit bin ich Filialleiterin einer kleinen Apotheke in Berlin-Neukölln, die wirtschaftlich nicht gut dastand und jetzt wieder aufgebaut werden soll.
DAZ Sie sind gerade in der Berliner "Apotheker-Szene" keine Unbekannte. Können Sie uns noch etwas über Ihr dortiges Engagement erzählen?Dunin von Przychowski: Um die Jahrtausendwende war ich vier Jahre lang Vizepräsidentin der Apothekerkammer Berlin. Heute bin ich zwar noch Delegierte, aber kein Vorstandsmitglied mehr. Daneben bin ich stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsausschusses der Apothekerversorgung Berlin und prüfe im 3. Staatsexamen pharmazeutische Praxis und Betriebswirtschaft.
DAZ Wie sind Sie zum Deutschen Pharmazeutinnen Verband gekommen, und welche Ziele und Vorstellungen haben Sie für Ihre Tätigkeit als DPV-Vorsitzende?Dunin von Przychowski: dpv-Mitglied bin ich seit 2003 und seit 2008 Vorstandsmitglied des dpv. Ich sehe immer wieder, dass es Frauen auch heute noch schwer fällt, sich für ein öffentliches Amt oder das Amt in einer berufsständischen Organisation zur Verfügung zu stellen. Ich möchte, dass sich möglichst viele Apothekerinnen für den Berufsstand engagieren und mehr Selbstbewusstsein entwickeln, so dass sie auch bei etwaigen anfänglichen Rückschlägen am Ball bleiben. Das stärkt bei einem mehrheitlich weiblichen Berufsstand die gesamte Verbandsarbeit innerhalb Deutschlands und macht sie nach außen glaubwürdiger. Ein Ziel ist, den dpv so attraktiv in seinem Angebot zu machen, dass wir möglichst viele neue Mitglieder für unseren Verband bekommen. Je mehr Mitglieder wir sind, umso besser können wir uns für die Interessen der Apothekerinnen einsetzen.
DAZ Es ist also Ihr besonderes Anliegen, Pharmazeutinnen über den normalen Berufsalltag hinaus für den Berufsstand zu aktivieren.Dunin von Przychowski: Ja, außerdem würde ich mir wünschen, dass Frauen insgesamt mehr über den Tellerrand schauen und ihren Horizont erweitern. Ein erster Schritt wäre z. B. die Mitarbeit in einem der Ausschüsse in den Kammern, ein zweiter Schritt, sich als Delegierte für die Kammerversammlung zur Verfügung zu stellen. In allen ehrenamtlichen Ämtern hat man die Chance, zeitlich früher wichtige Informationen zu erhalten und die Weiterentwicklung des Berufsstandes eventuell sogar mitzugestalten. Wer Interesse hat, sich bei der Kammerarbeit zu engagieren, kann sich bei uns melden, wir leiten das gerne an die entsprechenden Ansprechpartner der Kammern weiter (pharmazeutinnen@web.de).
DAZ Wo sehen Sie hier das Haupt-Problem für die Frauen?Dunin von Przychowski: Die Herangehensweise in der Berufspolitik kann und muss erlernt werden. Für Frauen stehen meistens die Sachfragen im Vordergrund, für die erfolgreiche Umsetzung von Lösungen sind Ämter mit der dazugehörigen Hierarchie hilfreich. Bei Männern scheint es häufiger so, dass Amt und die Hierarchie im Vordergrund stehen und erst dann die Sachfragen behandelt werden. So gibt es immer wieder Kommunikationsprobleme. Außerdem neigen Frauen dazu, ihren Standpunkt sehr offensiv zu vertreten. Dabei sollten sie durchaus motivieren, aber nicht übermotiviert sein, denn das wirkt sich oft nachteilig aus, wenn man langfristig etwas erreichen möchte. "Professionalisierung der eigenen Persönlichkeit", so würde ich meine Maxime beschreiben. Im Übrigen ist es wichtig, immer die Realität im Auge zu behalten. Die Erfahrung vor Ort in der Offizin oder wo auch immer Frauen tätig sind, ist die Grundlage, wenn nicht das A und O für eine nach innen und außen erfolgreiche Berufspolitik und damit auch für das eigene Weiterkommen.
DAZ Bitte sagen Sie noch etwas zu dem neuen Newsletter des dpv, den Sie initiiert haben.Dunin von Przychowski: Dieser steht ebenfalls in dem Kontext "Erweiterung des Horizontes". Seit etwa einem halben Jahr stelle ich in dem monatlich erscheinenden kostenlosen dpv-Newsletter aktuelle Nachrichten zu medizinischen, pharmazeutischen, sozialen und allgemein frauenpolitischen Themen zusammen. Er soll die Öffentlichkeitsarbeit des dpv verstärken und wird sehr gut angenommen. Interessierte Kolleginnen und auch Kollegen können ihn ganz einfach durch eine kurze Mail an info@pharmazeutinnen.de abonnieren.
DAZ Der dpv hat sich in den letzten Jahren gerade um die Kontakte mit den Kolleginnen im Ausland große Verdienste erworben. Wie wichtig ist Ihnen die internationale Arbeit des dpv?Dunin von Przychowski: Sehr wichtig. Die Europäischen Treffen, die alljährlich im Herbst stattfinden, sind bereits eine feste Einrichtung und haben schon viele Freundschaften über ganz Europa hinweg geschmiedet. Vom 4. bis 6. September findet das 5. Europäische Pharmazeutinnen Treffen in Leipzig statt, für das das Organisationskomitee bereits hervorragende Arbeit geleistet hat. Ich lade alle Kolleginnen herzlich ein, nach Leipzig zu kommen.
DAZ Frau Dunin von Przychowski, vielen Dank für dieses Gespräch!
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