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" ... es schadet nicht, wenn man sich noch impfen lässt!"

Welche Gefahr geht von dem neuen Influenzavirus aus, das in Mexiko schon viele Menschen hat sterben lassen? Wie sinnvoll sind Impfungen mit den zurzeit zur Verfügung stehenden Influenzaimfstoffen? Wann wird ein maßgeschneiderter Impfstoff zur Verfügung stehen? Darüber haben wir mit Prof. Dr. Theo Dingermann und Dr. Ilse Zündorf vom Institut für Pharmazeutische Biologie der Universität Frankfurt gesprochen.

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Bei dem Erreger der "Schweinegrippe" scheint es sich ja nicht um einen neuen Influenzasubtyp zu handeln. Wie groß schätzen Sie die Gefahr ein, die von diesem Virus ausgeht. Besteht Pandemie-Gefahr?

 

Dingermann:

Obwohl es sich wohl nicht um einen neuen Virussubtyp zu handeln scheint, ist es doch ein neues Virus, das sich ganz "untypisch" verhält. Betroffen sind junge Patienten und die Krankheit verläuft ziemlich heftig – bis hin zum Tod der Betroffenen. Das war im Übrigen vor Zwei Jahren auch bei der Vogelgrippe der Fall. Der große Unterschied zwischen damals und heute ist die Übertragbarkeit des Virus von Mensch zu Mensch. Man wird sehen, wie das Virus genau aussieht, wenn es detailliert molekular charakterisiert ist. Die Tatsache, dass dieses Virus von Mensch zu Mensch übertragen werden kann und die Tatsache, dass offensichtlich heftige klinische Symptome auftreten, birgt natürlich das Risiko, dass sich eine Pandemie entwickeln könnte.

 

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Diskutiert wird, dass möglicherweise eine Influenzaimpfung der letzten Saison schwere Verlaufsformen verhindern kann. In Mexiko wird die Bevölkerung mit noch vorhandenen Beständen geimpft. Wie sinnvoll ist das? Sollten Ungeimpfte sich noch impfen lassen?

 

Zündorf:

Auf keinen Fall schadet es, wenn man sich hat impfen lassen. Es schadet auch nicht, wenn man sich jetzt noch impfen lässt. Ob eine solch späte Impfung noch nützen kann, weiß man nicht. Die Tatsache, dass es sich prinzipiell um ein H1N1-Virus handelt, lässt hoffen. Wer sich aber jetzt erstmalig impfen lässt, der ist deutlich weniger geschützt, als derjenige, der sich über Jahre hat impfen lassen. Es ist ein besonderes Merkmal der Influenzaimpfung, dass sie nach der ersten Impfung noch relativ ineffektiv schützt und der Impfschutz von Impfung zu Impfung besser wird.

 

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Wie lange wird es dauern, bis ein maßgeschneiderter Impfstoff gegen den aktuellen Erreger der Schweinegrippe zur Verfügung stehen wird?

 

Dingermann:

Man schätzt, dass ein neuer, an das Virus angepasster Impfstoff in frühestens in etwa drei Monaten entwickelt sein könnte. Dann muss allerdings alles sehr optimal verlaufen. Und sicherlich steht zu dem Zeitpunkt auch noch nicht soviel Impfstoff zur Verfügung, um die ganze Bevölkerung durchzuimpfen.

 

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Wie bewerten Sie die Berichterstattung und Diskussion? Handelt es sich um Panikmache?

 

Zündorf:

Im Moment wird wenig aufgeregt und sachlich berichtet. Von Panikmache kann nicht die Rede sein. Das bedeutet jedoch nicht, dass nicht der eine oder andere selbst bei dieser sachlichen Berichterstattung panisch reagiert. Zudem scheinen die wichtigen Institutionen unaufgeregt, aber nach (Pandemie)-Plan die notwendigen Vorkehrungen für eine Verschärfung der Situation zu treffen. Die erste Reaktion war die Hochstufung der Pandemie-Risikostufe von Phase 3 auf Phase 4 (Pandemische Warnperiode) durch die WHO.

 

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Herr Professor Dingermann, Frau Doktor Zündorf, wir danken Ihnen für das Gespräch!

 

 

Dr. Ilse Zündorf, Frankfurt

Prof. Dr. Theo Dingermann, Frankfurt

 

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