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Aus für ein Versandhandelsverbot

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 2. April einen Gesetzesantrag der Freistaaten Bayern und Sachsen abgelehnt. Er hatte zum Ziel, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Obwohl kurz zuvor noch der Gesundheitsausschuss der Länderkammer mit großer Mehrheit dem Bundesrat empfohlen hatte, den Arzneimittelversand "auf das europarechtlich gebotene Maß zurückzuführen" (also den Versand für Rx zu verbieten und nur für OTC zuzulassen) – im Bundesrat war man sich wohl nicht mehr sicher, ob so ein Vorhaben auch im Bundestag Erfolg haben werde. Das ist das Aus für dieses Vorhaben. Damit sind die Bemühungen, den Versandhandel für Rx-Arzneimittel in Deutschland wieder zu verbieten, erst einmal vom Tisch.

Über zwei Jahre lang beschäftigte die Hoffnung, den Versandhandel für verschreibungspflichtige Arzneimittel zu verbieten, Berufs- und Gesundheitspolitiker, Juristen und Fachmedien. Wie hat man in den letzten zwei Jahren darum gerungen!

Vor gut zwei Jahren fing alles so hoffnungsvoll an. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann machte Anfang 2007 auf einem Neujahrsempfang der Kammer Nordrhein den Apothekern Hoffnung: Er wolle die Bemühungen gerne unterstützen, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Allerdings müssten die Apotheker etwas dafür tun: mehr Beratung und vor allem mehr diskrete Beratung. Den Vorwurf Laumanns, auf der Post könne man eine Briefmarke diskreter kaufen als eine Hämorrhoidensalbe in der Apotheke, wollten Deutschlands Apotheken nicht auf sich sitzen lassen. Eine Welle der Neugestaltungs- und Umbaumaßmahmen ging durch Deutschlands Offizinen. Angefangen vom gelben Klebeband auf dem Fußboden über Schilder auf dem HV bis hin zu neuen Offizineinrichtungen: die Apotheken rüsteten "beratungstechnisch" auf. Ist zwar positiv fürs Image und für die diskrete Beratung der Kunden, doch dem ursprünglichen Anliegen, den Rx-Versandhandel wegzubekommen, half es, wie die jüngste Abstimmung zeigt, nicht. Zwar hatte sich Laumann redlich bemüht, doch er konnte keine Mehrheiten für sein Vorhaben gewinnen.

Unterstützung kam dann vom Freistaat Bayern. Er hatte ein Einsehen mit den Apothekern und zimmerte kurzerhand selbst einen Gesetzesantrag zurecht, mit dem der Versandhandel mit Arzneimitteln auf das europarechtlich gebotene Maß zurückgeführt werden sollte. Der Freistaat Sachsen schloss sich dieser Initiative an. Der gemeinsame Gesetzesantrag der beiden Freistaaten hatte allerdings wenig Glück. Er wurde zwischen Fachausschüssen hin- und hergeschoben. Hoffnung war aufgekeimt, als man vor der politischen Sommerpause 2008 aus dem bayerischen Staatsministerium hörte, dass sieben der 16 Landesgesundheitsministerien sich vorstellen könnten, dem Antrag zuzustimmen. Hoffnung auch bei der ABDA: Noch auf dem letztjährigen Apothekertag gab man sich optimistisch, dass die ins Stocken geratene Bundesratsinitiative zu einem erfolgreichen Ende geführt werden könnte. Verband man doch damit die Strategie, mit einem Rx-Versandverbot weitgehend die hässlichen Pick-up-Stellen in Drogeriemärkten erschlagen zu können.

Doch wie schwer sich die Länder hinter den Kulissen mit einem Versandverbot taten, war kurz vor Weihnachten zu sehen, als dieser Antrag kurzfristig von der Tagesordnung einer Bundesratssitzung genommen worden war.

Obwohl auch aus dem Apothekerhaus medienwirksame Kampagnen gefahren wurden, wie groß die Gefahr von Arzneifälschungen im Versandhandel sei – bei Politikern wollte dies nicht ankommen. Aus dem Gesundheitsministerium war deutlich zu hören, man wolle kein Versandhandelsverbot für Rx. Unverblümt erklärte der Parlamentarische Staatssekretär Rolf Schwanitz auf der Interpharm in Hamburg Ende März 2009, man denke gar nicht daran, den Versandhandel wieder verbieten zu wollen. Man habe ihn 2004 bewusst zugelassen, um älteren und kranken Menschen diese Bezugsquelle von Arzneimitteln zu öffnen. Dass jede Apotheke um die Ecke diese Aufgabe weit besser, schneller und sicherer erledigen kann, wollten und wollen die Politiker bis heute nicht akzeptieren.

Am 2. April 2009 kam nun das Aus für den bayerisch-sächsischen Antrag: keine Mehrheit hierfür im Bundesrat. Freude bei den Versandapotheken, ein Rückschlag für die ABDA-Politik, vor allem im Hinblick auf die Pick-up-Stellen. Mit einem Versandverbot für Rx hätte man sie ein Stück weit austrocknen können. Stattdessen diskutiert die Politik bereits darüber, Vorschriften und Regelungen für diese "Apotheken light" einzuführen.

Auch wenn man als Optimist geboren wird: viel Hoffnung bleibt nicht mehr, wir werden mit Versandhandel und wahrscheinlich sogar mit Pick-ups leben müssen. Nur noch ein Wunder könnte helfen.



Peter Ditzel

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