DAZ aktuell

Was hat sich zum 1. Januar 2009 geändert?

BERLIN (ks). Zum 1. Januar 2009 sind eine Reihe gesetzlicher Neuregelungen in Kraft getreten. Insbesondere ist der mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz 2007 beschlossene Gesundheitsfonds an den Start gegangen. Was sich sonst noch im Bereich der Gesundheitspolitik geändert hat, zeigt die folgende Übersicht.

Gesundheitsfonds

Mit dem Gesundheitsfonds werden die Finanzierungsströme in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) neu organisiert. Die Bundesregierung verspricht sich dadurch mehr Transparenz, Gerechtigkeit und Fairness. Im Fonds werden ab sofort die Beitragszahlungen der Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Rentner sowie der Selbstständigen und aller sonstigen Beitragszahler eingesammelt. Zusammen mit dem Bundeszuschuss (steigt ab 2009 jährlich um 1,5 Mrd. Euro an) werden diese durch den neuen Risikostrukturausgleich an die Krankenkassen verteilt. Zuständig für die Verwaltung des Fonds sind rund 20 Mitarbeiter beim Bundesversicherungsamt in Bonn.

Einheitlicher Beitragssatz

Mit dem Gesundheitsfonds einher geht der einheitliche GKV-Beitragssatz. Der paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bzw. Rentenversicherungsträgern und Rentnern finanzierte Beitragssatz beträgt nunmehr bei allen Kassen 14,6 Prozent. Der ermäßigte Beitragssatz, gültig für Personen ohne Krankengeldanspruch, liegt bei 14 Prozent. Die Versicherten zahlen zusätzlich einen Beitrag von 0,9 Prozent, so dass der Beitragssatz aus ihrer Sicht bei 15,5 Prozent liegt. Der Beitragssatz wurde zum Start des Gesundheitsfonds so festgelegt, dass die voraussichtlichen Ausgaben der Krankenkassen im Jahr 2009 (unter Berücksichtigung des Bundeszuschusses von vier Mrd. Euro) zu 100 Prozent gedeckt sind. Seine Höhe ist auf Grundlage einer Empfehlung des neu eingerichteten Schätzerkreises erfolgt und durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung festgelegt worden.

Morbi-RSA

Der neue morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (kurz: Morbi-RSA) regelt, wie viel Geld die Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds zur Deckung der Leistungsausgaben ihrer Versicherten erhalten. Anders als bisher wird dabei auch die Krankheitslast der Versicherten berücksichtigt. Für Versicherte mit schwerwiegenden und chronischen Krankheiten mit hohem Versorgungsbedarf erhalten die Kassen jetzt mehr Geld als für gesunde Versicherte. So soll die ungleiche Versichertenstruktur in den mehr als 200 Kassen ausgeglichen werden.

Versicherungsschutz für alle

Zum 1. Januar 2009 werden alle Menschen in Deutschland versicherungspflichtig, wenn sie im Krankheitsfall keinen anderweitigen Anspruch auf Übernahme der Behandlungskosten haben. In der GKV gilt die Versicherungspflicht bereits seit dem 1. April 2007. Nun werden auch alle Personen versicherungspflichtig, die der privaten Krankenversicherung zuzuordnen sind. Ob jemand dem gesetzlichen oder dem privaten Versicherungssystem zugeordnet wird, hängt insbesondere davon ab, wie er zuletzt versichert war. Entsprechend dem Grundsatz "Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung" besteht damit auch Versicherungsschutz für alle Menschen in der Pflegeversicherung.

PKV: Einführung des Basistarifs

Eingeführt ist nun auch der neue Basistarif, den alle privaten Krankenversicherungsunternehmen anbieten müssen. Er löst den bisherigen modifizierten Standardtarif ab. Versicherte dürfen in diesem Tarif nicht abgewiesen werden (Kontrahierungszwang). Es dürfen auch keine Zuschläge wegen erhöhten gesundheitlichen Risikos erhoben und keine Leistungsausschlüsse vereinbart werden. Die Leistungen im Basistarif müssen in Umfang, Art und Höhe mit dem Leistungskatalog der GKV vergleichbar sein. Die Versicherungsprämie darf den jeweiligen GKV-Höchstbeitrag (2009 rund 570 Euro) nicht überschreiten. Für Beamte gelten anteilige Höchstbeträge je nach Höhe des Anteils, den die Beihilfe abdeckt. Ist das für die Versicherten zu teuer, weil sie durch die Zahlung des Beitrages hilfebedürftig im Sinne der Gesetze zur Grundsicherung würden, wird der Beitrag im Basistarif um die Hälfte reduziert. Wer auch dafür nicht genug Geld aufbringen kann, bekommt einen Zuschuss zu seiner Versicherungsprämie vom Sozialamt oder Grundsicherungsträger.

Wechsel in den Basistarif

Diejenigen, die bereits privat krankenversichert sind, können vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2009 in den Basistarif einer anderen Versicherung ihrer Wahl wechseln. Wer 55 Jahre und älter ist oder eine Rente beziehungsweise eine Beamtenpension bezieht, kann darüber hinaus jederzeit in den Basistarif innerhalb seines Versicherungsunternehmens wechseln. Gleiches gilt für Versicherte, die nachweislich die Versicherungsprämie nicht mehr aufbringen können. Wer nach dem 1. Januar 2009 einen privaten Krankenversicherungsvertrag neu abschließt, kann sofort den Basistarif wählen oder erhält ein uneingeschränktes Wechselrecht unter Mitnahme der neu aufgebauten Alterungsrückstellungen in den Basistarif jedes beliebigen Unternehmens der privaten Krankenversicherung.

Mitnahme von Alterungsrückstellungen

Die Alterungsrückstellungen, die Privatversicherte mit ihren Prämien zahlen, konnten bislang bei einem Versicherungswechsel nicht mitgenommen werden. Ab diesem Jahr ändert sich dies: PKV-Versicherte, die innerhalb ihrer Versicherung in den Basistarif wechseln, nehmen die Alterungsrückstellungen in vollem Umfang mit. Bei Privatversicherten, die im ersten Halbjahr 2009 in den Basistarif eines anderen Unternehmens wechseln, werden die Alterungsrückstellungen im Umfang des Basistarifs übertragen. Für Versicherte, die nach dem 1. Januar 2009 einen neuen Vertrag schließen, gilt diese Regelung unbefristet. Das gleiche Prinzip gilt in der privaten Pflegeversicherung.

Leistungen der GKV

Hausarztzentrierte Versorgung

Den Krankenkassen wird eine Frist bis zum 30. Juni 2009 gesetzt, Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung zu schließen. Diese Verträge müssen vorrangig mit Gemeinschaften geschlossen werden, die die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte vertreten. Durch diese Änderung soll die hausarztzentrierte Versorgung neuen Schwung bekommen und das eigenständige Verhandlungsmandat von Hausärzten gestärkt werden.

Hilfsmittelversorgung

Die Vorschriften zur Hilfsmittelversorgung sind weiterentwickelt worden. Die Übergangsfrist für die nach altem Recht zugelassenen Anbieter von Hilfsmitteln wird verlängert; diese Anbieter dürfen bis Ende 2009 die Versorgung der Versicherten übernehmen. Es sei denn, die Krankenkasse hat eine Ausschreibung durchgeführt und damit bereits bestimmte Anbieter gewählt. Das Ausschreibungsgebot wird in eine "Kann-Vorschrift" umgewandelt. Das heißt, eine Ausschreibung muss nicht in jedem Fall erfolgen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Spitzenorganisationen der Hilfsmittelanbieter geben Empfehlungen ab, wann eine Ausschreibung zweckmäßig ist. Verträgen, die nicht ausgeschrieben, sondern auf Verhandlungswege abgeschlossen wurden, können weitere Leistungserbringer zu gleichen Konditionen beitreten.

Verbesserungen des Kinderuntersuchungsprogramms

Ab 1. Januar 2009 wird im Kinderuntersuchungsprogramm eine Früherkennungsuntersuchung auf Hörstörungen bei Neugeborenen als GKV-Leistung aufgenommen. Ziel ist es, angeborene Hörstörungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, um z. B. Verzögerungen bei der Sprachentwicklung entgegenzuwirken. Um die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder weiter zu erhöhen, wurde eine Verpflichtung der Krankenkassen zur Kooperation mit den Ländern gesetzlich verankert. Konkret werden die Krankenkassen verpflichtet, mit den für den Kindesschutz zuständigen Landesbehörden auf eine bessere Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern hinzuwirken und hierzu mit den Ländern Rahmenvereinbarungen zu schließen.

Krankengeld-Wahltarife für Selbstständige

Für alle freiwillig versicherten Selbstständigen gilt ab 2009 der einheitliche ermäßigte Beitragssatz in Höhe von 14 Prozent, dazu kommt wie bisher ein weiterer Anteil von 0,9 Beitragssatzpunkten. Der Versicherungsschutz umfasst zunächst keinen Krankengeldanspruch. Wer bisher schon ohne Krankengeldanspruch versichert ist und diesen auch weiterhin nicht wünscht, für den ändert sich nichts. War der Krankengeldanspruch mitversichert, besteht auch jetzt die Möglichkeit, sich gegen den Verdienstausfall bei Erkrankung abzusichern. Dazu muss zusätzlich ein Krankengeld-Wahltarif abgeschlossen werden. Diesen Wahltarif muss ab sofort jede Kasse anbieten. Außerdem sind die Kassen verpflichtet, ihre Versicherten darüber zu informieren. Die Höhe der Prämien kann von Kasse zu Kasse unterschiedlich sein.

Arznei-Rabattverträge

Ab sofort gilt für Einzelverträge der gesetzlichen Krankenkassen das materielle Vergaberecht. Je nach Ausgestaltung sind die Krankenkassen verpflichtet, die Verträge europaweit auszuschreiben. Die vergaberechtliche Nachprüfung erfolgt vor den Vergabekammern, die gerichtliche Überprüfung vor den Landessozialgerichten. Durch diese Regelungen werden Unklarheiten beseitigt, die den Abschluss von Verträgen (z. B. Arzneimittel-Rabattverträge) bisher behindert haben, die eine wirtschaftliche Versorgung der Versicherten verbessern.

Ärztliche Vergütung und Versorgung

Ab 1. Januar 2009 werden die Leistungen der niedergelassenen Ärzte mit festen Preisen einer Euro-Gebührenordnung vergütet. Damit erhöht sich die Kalkulierbarkeit des ärztlichen Einkommens. Die bisherigen Budgets werden abgelöst. Vereinbart wurde, dass die Ärzte ab dem Jahr 2009 mehr Leistungen zu höheren Preisen abrechnen können. Die Krankenkassen müssen deshalb im Jahr 2009 voraussichtlich 2,75 Mrd. Euro mehr Honorar für die Ärzte bereitstellen.

Pflegeversicherung

Recht auf Pflegeberatung

Im Zuge der Pflegereform wurde das Recht auf Pflegeberatung ab dem 1. Januar 2009 gesetzlich verankert. Die Pflegekassen sind verpflichtet, für ihre pflegebedürftigen Versicherten eine individuelle Pflegeberatung (Fallmanagement) anzubieten. Die neuen Pflegeberater verfügen über ein detailliertes Wissen aus den Bereichen des Sozialrechts, der Pflege und der Sozialarbeit. Auf Wunsch des Versicherten muss die Pflegeberatung bei ihm zu Hause stattfinden. Dort, wo in den Ländern Pflegestützpunkte eingerichtet sind, arbeiten die Pflegeberater auch im Stützpunkt.

Bewertungssystem für Heime

Stationäre Pflegeeinrichtungen müssen die Ergebnisse von Qualitätsprüfungen ab sofort an einer gut sichtbaren Stelle veröffentlichen. Damit sollen die Heime besser verglichen werden können. GKV-Spitzenverband, Pflegekassen und die Verbände der Leistungserbringer (Heimträger) haben hierzu gemeinsame Maßstäbe entwickelt. Die Bewertung der Heime wird über Schulnoten erfolgen. In die Endnote von "sehr gut" bis "mangelhaft" fließen 82 Einzelbewertungen ein, wobei die pflegerische Versorgung das größte Gewicht hat. Bis Ende 2010 müssen alle Einrichtungen einmal geprüft werden, anschließend ist eine jährliche Kontrolle vorgesehen.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.