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- DAZ 51/2008
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Ernährung aktuell
Orangen und Mandarinen versüßen den Advent
Ursprünglich entstammen beide Vertreter der Familie der Rautengewächse (Rutaceae) aus tausendjährigen chinesischen Kulturen. Während Orangen bereits im 15. Jahrhundert mit portugiesischen Seefahrern ihren Weg nach Europa fanden, kamen Mandarinen erst um 1800 nach England und wurden nach einigen Jahren dann im Mittelmeerraum kultiviert. Aus botanischer Sicht sind die Früchte der immergrünen Bäume als eine besondere Form von Beeren zu betrachten. (Hesperidien).
Orange – der chinesische Apfel
Die Süßorange (Citrus sinensis), in einigen Landstrichen auch als Apfelsine bezeichnet (von der früheren Bezeichnung Chinas = Sina) ist vermutlich aus einer Kreuzung von Mandarinen mit Pampelmusen entstanden. Jahrhundertelang ein Symbol für Reichtum und Wohlstand, avanciert sie heute zu der am häufigsten angebauten Zitrusfrucht der Welt. Ihr wichtigstes Handelsprodukt, der Orangensaft, stammt vorrangig aus brasilianischen Früchten und wird weltweit als Konzentrat gehandelt. Orangen zum Frischverzehr gelangen aus dem Mittelmeerraum auf die Märkte und werden dort je nach Sorte von Oktober bis August geerntet.
Süße Saftbomben
Das in 8 bis 13 Segmente unterteilte, gelblich-orangefarbene Fruchtfleisch der Orangen wird von einer nahezu glatten Schale umschlossen. Da die einzelnen Segmente sowohl untereinander als auch mit der Schale fest verbunden sind, lässt sich das Obst im Vergleich zu anderen Zitrusfrüchten relativ schwer schälen oder teilen. Bei den süßen Apfelsinensorten wird zwischen Blondorangen, Navelorangen, pigmentierten und säurefreien Orangen unterschieden.
Blondorangen sind trotz vieler Kerne aufgrund ihrer saftigen und süßen Früchte am weitesten verbreitet. Vertreter wie "Valencia", "Jaffa", "Hamlin" und "Pineapple" gelten als ertragreiche Saftlieferanten, wobei vor allem ein hoher Zuckergehalt, das angenehme Aroma und die Reifezeit eine wichtige Rolle spielen.
Nicht ganz so saftreich, jedoch angenehm süß sind die großen, frühreifenden Navelorangen (Navels). Die kernlosen Früchte lassen sich leicht schälen und filetieren, sind jedoch zur Saftverarbeitung nicht geeignet, da beim Pressen das extrem bittere Limonin freigesetzt wird. Die an einem Ende befindliche kleine Tochterfrucht ("Nabel") gibt der Orangensorte ihren Namen.
Durch einen besonders hohen Gehalt an Anthocyanen zeigen pigmentierte Orangen oder Blutorangen eine teilweise bis vollständig tiefrote Färbung des Fruchtfleisches, je nach Sorte auch der Schale. Die Pigmentapfelsinen entstehen in trockenen Anbaugebieten mit tiefen Nachttemperaturen. Durch ihr herb-würziges Aroma erinnern Blutorangen häufig an den Geschmack von Beeren und sind daher ein Hauptbestandteil der "Malteser-Sauce". Sehr verbreitet ist die Sorte "Moro".
Fast säurefreie Orangen sind hierzulande weniger bekannt, erfreuen sich jedoch in Ägypten, Brasilien und Indien großer Beliebtheit. Die Früchte sind zwar süß, ihnen fehlt allerdings das charakteristische Orangenaroma.
Vitaminspeicher ...
Orangen enthalten reichlich Betacarotin, Folsäure und B-Vitamine und sind als hervorragende Vitamin-C-Quelle bekannt. Im Fruchtfleisch vorhandene Flavonoide wirken antioxidativ und schützen unter anderem die Ascorbinsäure, so dass der Verzehr frischer Früchte samt Fruchtfleisch bevorzugt werden sollte. Die Orangenschalen weisen Pektine, Vitamin E und viel Hesperidin auf. Das Hauptflavonoid der Apfelsinen ist nahezu geschmacksneutral und wird aufgrund seiner antiödematösen Wirkung auch bei Venenleiden eingesetzt.
... mit spritzig frischem Geschmack
Als Schlüsselverbindungen des unvergleichlichen Orangenaromas gelten die Sesquiterpenaldehyde Alpha- und Beta-Sinensal in Kombination mit Hexanal, Hexenal und Octanal, sowie dem charakteristischen Citral und kümmelartigem Carvon. Bei gepressten Säften sind Ethylbutanoate für die fruchtige, und Acetaldehyd für die frische grüne Note verantwortlich. Die meisten Apfelsinen schmecken nicht nur pur, sondern bereichern auch Obstsalate, Konfitüren, Kuchen und herzhafte Speisen. So wird in Frankreich eine Ente gern in Orangensauce gereicht; während Mexikaner ihre Huhngerichte ähnlich zubereiten.
Duftende ÖleIn den Schalen von Orangen und Mandarinen finden sich üppige Mengen an ätherischen Ölen, die den unverwechselbaren Duft der beiden Zitrusfrüchte ausmachen. Sie finden Anwendung in Süß- und Feinbackwaren, geben Likören und Erfrischungsgetränken ihr typisches Aroma, korrigieren den Geschmack pharmazeutischer Zubereitungen (z. B. Lebertrantropfen) und sind ein unverzichtbarer Bestandteil von Parfüm (z. B. Kölnisch Wasser) und Kosmetika.
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Die Bittervariante
Pomeranzen (Citrus aurantium), auch Bitter- oder Sauerorangen genannt, gelten als Vorläufer der Süßorangen und waren bis Anfang des 19. Jahrhunderts eine Delikatesse. Ihr bitterer Geschmack lässt sich auf Neohesperidinglykoside zurückführen, mit Naringin als Hauptbitterstoffkomponente. Die Früchte eignen sich nicht zum direkten Verzehr, sind jedoch ein unentbehrlicher Bestandteil von Orangenmarmelade und ein hochgeschätzter Geschmacksträger in Süßwaren und Likören. In der Pharmazie finden Tinkturen aus getrockneten Bitterorangenschalen Anwendung bei Appetitlosigkeit, dyspeptischen Beschwerden und als Geschmackskorrigens. Zubereitungen von Pomeranzenblüten wurden volkstümlich als mild wirkende Beruhigungsmittel bei Nervosität und Schlafstörungen eingesetzt.
Mandarine – frisch, fruchtig, süß
Was Fruchtform, Größe und Geschmack betrifft, sind Mandarinen (Citrus reticulata) die variantenreichste Gruppe unter den Zitrusfrüchten. Wesentlich kleiner als Orangen, schmecken sie jedoch süßer und intensiver. Ihre dünne, weiche Schale lässt sich leicht entfernen und die einzelnen Fruchtsegmente ohne großen Flüssigkeitsverlust zerteilen. Mandarinen werden hauptsächlich im Herbst geerntet und haben als Frischobst in hiesigen Läden von Oktober bis Januar Saison.
Vielfalt im Kleinformat
Allen Mandarinensorten gemeinsam ist die hohe Frostresistenz der Bäume. Die Früchte selber sind allerdings sehr kälteempfindlich und werden, im Gegensatz zu Orangen, nach Minusgraden schnell ungenießbar.
Als wohl populärste Mandarinenart gilt die aus der Kreuzung von Mandarine mit Pomeranze entstandene Clementine, eine kernlose bis kernarme Frucht mit viel Zucker und wenig Säure. Sie hält sich bis zu zwei Monate und wird vor allem in Marokko und Spanien angebaut.
Satsumas stammen ursprünglich aus Japan und kommen als früheste Mandarinensorte in den Handel. Ihr orangefarbenes Fruchtfleisch zeigt ein säurearmes Aroma, ist saftig und enthält ebenfalls keine Kerne.
Aus den im 19. Jahrhundert nach England gebrachten chinesischen Mandarinensorten entwickelte sich die Mittelmeer-Mandarine (Citrus deliciosa). Die mittelgroße abgeflachte Frucht mit dem gelben-hellorange gefärbten Fruchtfleisch wird Ende November bis Anfang Januar geerntet und galt lange Zeit als traditionelle Weihnachts-Mandarine, bevor sie von der Clementine abgelöst wurde.
Tab. 1: Energiegehalt und ausgesuchte Inhaltsstoffe von Orangen und Mandarinen (pro 100 g essbarem Anteil) | ||
Orange |
Mandarine |
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Energiegehalt |
180 kJ/42 kcal |
195 kJ/46 kcal |
Wasser |
85,7 g |
86,5 g |
Eiweiß |
1,0 g |
0,7 g |
Fett |
0,2 g |
0,3 g |
Kohlenhydrate |
8,3 g |
10,1 g |
Kalium |
165 mg |
150 mg |
Calcium |
40 mg |
35 mg |
Eisen |
186 µg |
300 µg |
Betacarotin |
50 µg |
105 µg |
Vitamin B1
|
80 µg |
60 µg |
Vitamin B2
|
40 µg |
30 µg |
Vitamin B6
|
105 µg |
25 µg |
Vitamin E |
320 µg |
320 µg |
Vitamin C |
50 mg |
30 mg |
Folsäure |
30 µg |
7 µg |
Glucose |
2270 mg |
1700 mg |
Fructose |
2580 mg |
1300 mg |
Saccharose |
3410 mg |
7100 mg |
Apfelsäure |
90 mg |
– |
Zitronensäure |
1040 mg |
– |
Salizylsäure |
2400 µg |
560 µg |
Hesperidin |
16,7 mg |
720 mg/Liter Saft |
Quelle: Lebensmitteltabelle für die Praxis, Der kleine Souci, Fachmann, Kraut, 3. Auflage, WVG Stuttgart; Ternes, Teufel, Tunger, Zobel, "Lexikon der Lebensmittel und der Lebensmittelchemie", WVG Stuttgart, 2007 |
Stärkt die Abwehr ...
In Bezug auf den Energiewert ist die Mandarine nur wenig nahrhafter als die Orange. Ihr höherer Zuckergehalt (vorrangig Saccharose) und der geringe Anteil an Säuren erklärt die auffallende Süße. Sie enthalten reichlich Kalium, Eisen, Zink, Vitamine der B-Gruppe und Vitamin E. Mit bis zu dreimal mehr Betacarotin, dafür etwas weniger Vitamin C als in Apfelsinen und dem höchsten Selengehalt aller Zitrusfrüchte, verfügen Mandarinen über ein beachtliches antioxidatives Potenzial. Ergänzt wird der gesundheitsfördernde Effekt durch die Wirkung sekundärer Pflanzenstoffe mit Hesperidin als Hauptflavonoid.
... mit reichlich Geschmack
Das intensive Aroma von Mandarinen wird in erster Linie durch die Inhaltsstoffe der ätherischen Öle Thymol, N-Methylantranilsäuremethylester, Gamma-Terpinen und Alpha-Pinen hervorgerufen. Aufgrund des unvergleichlichen Geschmacks werden Extrakte der kleinen Früchte häufig Erfrischungsgetränken zugesetzt. Mandarinen sind beliebt als Dessert oder in quarkhaltigen Kuchen. Kernlose geschälte und gezuckerte Früchte können das ganze Jahr über als Dosenware konsumiert werden.
Literatur Ternes, Teufel, Tunger, Zobel, "Lexikon der Lebensmittel und der Lebensmittelchemie", WVG Stuttgart, 2007 Der kleine Souci, Fachmann, Kraut, "Lebensmitteltabelle für die Praxis", WVG Stuttgart, 3. Auflage, 2004 Lucien Trüb, "Früchte und Nüsse aus aller Welt", S. Hirzel Verlag Stuttgart, 1999 Hahn, Ströhle, Wolters, "Ernährung, Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie", WVG Stuttgart, 2. Auflage, 2006 Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 9. Auflage, Walter de Gruyter GmbH, 2004 Anne Willan, "Die große Schule des Kochens", Christian Verlag, München, 3. Auflage, 1994
Autorin Apothekerin Franziska Wartenberg
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