Arzneimittel und Therapie

Helfen Probiotika bei Morbus Crohn?

Patienten mit Morbus Crohn leiden unter einer schmerzhaften chronischen Entzündung vor allem des unteren Dünndarmbereiches, die zu Durchfall und Gewichtsverlust führt. Französische Wissenschaftler haben jetzt nachgewiesen, dass der Darmflora dieser Patienten bestimmte Bakterien fehlen, die entzündungshemmende Substanzen ausscheiden. Es wird vermutet, dass dadurch die Erkrankung gefördert wird. In Studien soll jetzt überprüft werden, ob entsprechende Probiotika, die die Bakterien enthalten, einen positiven Effekt haben.
Morbus Crohn Eine fehlerhafte Zusammensetzung der Bakterienflora im Darm könnte chronisch entzündliche Erkrankungen wie den M. Crohn fördern: Ein Einsatz von Bakterien wie F. prausnitzii als Probiotikum gilt als vielversprechender Therapieansatz.
Foto: Koloskopie.info

Charakteristisch für die nach dem amerikanischen Arzt Burrill Bernard Crohn (1884 – 1983) benannte chronisch-entzündliche Darmerkrankung Morbus Crohn sind die sogenannten skip lesions, die einen segmentalen Befall einzelner Abschnitte der Darmschleimhaut beschreiben. So treten neben gesunden Bereichen immer wieder erkrankte auf. Als Komplikation kann es zu einem Darmverschluss kommen, und der erkrankte Darmabschnitt muss operativ entfernt werden.

Die Darmflora von Morbus-Crohn-Patienten

Schon in früheren Studien war beobachtet worden, dass sich die Darmflora von an Morbus Crohn Erkrankten von der Darmflora Gesunder unterschied. Dabei war ganz allgemein eine Abnahme der Gesamtkeimzahl von Darmbakterien der Abteilung Firmicutes, aber auch der Vielfalt von Arten aus dieser Gruppe beschrieben worden. In der jetzt vorgelegten Untersuchung von französischen Wissenschaftlern wird nachgewiesen, dass die Unterschiede ganz wesentlich die Art Faecalibacterium prausnitzii betreffen. So waren nach einer Darmoperation Morbus-Crohn-Patienten immer dann besonders rückfallgefährdet, wenn F. prausnitzii im Darm unterrepräsentiert war. In verschiedenen Modellstudien konnten für diese Bakterien entzündungshemmende Effekte, die offensichtlich zumindest teilweise auf ausgeschiedene Metabolite zurückzuführen sind, bestätigt werden. In einem Mausmodell war die Schwere einer chemisch induzierten Colitis bei Versuchstieren, die F. prausnitzii erhalten hatten, gegenüber Vergleichstieren ohne Bakteriengabe deutlich reduziert. Die Wissenschaftler folgern, dass eine Dysbiose, also eine fehlerhafte Zusammensetzung der Bakterienflora des Darmes, Entzündungen fördert und ein Einsatz von F. prausnitzii als Probiotikum eine vielversprechende Strategie bei der Therapie von Morbus Crohn sein könnte. Derzeit wird der Einsatz der Darmkeime an Tieren überprüft.


Quelle

Sokol, H; et al.: Faecalibacterium prausnitzii is an anti-inflammatory commensal bacterium identified by gut microbiota analysis of Crohn disease patients. Proc Nat Acad Sci 2008; 105(43):16731-16736.


Dr. Hans-Peter Hanssen

Faecalibacterium

Faecalibacterium prausnitzii wurde 1922 als Bacillus mucosus anaerobius und 1937 als Bacteroides prausnitzii beschrieben. Diesen Namen behielt das grampositive, anaerobe Darmbakterium bis zum Jahre 2002. Seit etwa 30 Jahren werden grampositive Bakterien in den Abteilungen Actinobacteria und Firmicutes zusammengefasst. Zu den Firmicutes gehören die Klassen Bacilli mit überwiegend aeroben Arten, die vielfach anaeroben Clostridia und Mollicutes, zellwandlose Parasiten. Faecalibacterium gehört danach zu den Clostridia und hier wiederum zur Familie der Ruminococcaceae.

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