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Aus Kammern und Verbänden
Klare Worte zur Berufspolitik
Auch die pharmazeutische Versorgung sieht Graue vor großen Weichenstellungen. Bei der Entscheidung zum Fremdbesitzverbot gehe es nicht nur um Apotheken in Deutschland und Italien, sondern um zwei Drittel aller Apotheken in der Europäischen Union und letztlich um alle freien Berufe als Element der europäischen Kultur und der wirtschaftlichen Stabilität. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes sei zudem weiter darum zu bangen, was die deutsche Politik daraus machen wird. Doch gab sich Graue noch optimistisch, denn das deutsche Gesundheitssystem sei eines der besten der Welt, und "es wäre eine beispiellose ordnungspolitische Sünde, dieses nicht bewahren zu wollen."
Europäische Sichtweise
Prof. Dr. Hilko Meyer, Frankfurt am Main, machte in seinem Vortrag über den "Einfluss Europas auf die Apotheken" deutlich, dass die europäische Politik schon seit Jahrzehnten für das Gesundheitswesen relevant ist. Doch werde der Bereich Gesundheit im europäischen Zusammenhang stets als Ausnahme von den Grundfreiheiten thematisiert. Das Gesundheitswesen befinde sich damit immer in einer Rechtfertigungsposition. Zur Diskussion über Pick-up-Stellen konstatierte Meyer, dass derzeit juristische und wirtschaftliche Fakten geschaffen werden. Daher sollte jede sich bietende Möglichkeit genutzt werden, um diese Entwicklung zu beeinflussen.
Geringere Erträge – höhere Leistungsanforderungen
Zur wirtschaftlichen Entwicklung der Apotheken erklärte Graue in seinem Bericht: "Die Wertschöpfung der Apotheken aus der GKV-Versorgung stagniert seit mehreren Jahren." Das AVWG mit seinen Rabattbeschränkungen mindere die Wertschöpfung um jährlich 190 Millionen Euro und die Erhöhung des Apothekenabschlages auf 2,30 Euro um nochmals 140 Millionen Euro. Zudem müssten die Apotheken den "abstrusen Wirrwarr" aus Rabattverträgen, Zuzahlungen und anderen Regelungen tragen und ertragen. Daraus folgerte Graue: "Die Senkung des gesetzlichen Abschlages ist mehr als recht und billig."
Graue bedankte sich bei den Mitgliedern für ihre Mühe bei der Umsetzung der Rabattverträge, die ein politischer Kompromiss seien, und forderte zugleich eine gerechte Entlohnung für die Mehrleistungen: "Weiter zurückgehende Erträge bei ausgeweiteten Leistungsanforderungen wollen und können wir nicht länger verkraften." Damit bezog Graue eine deutliche Position für die anstehenden Schiedsverhandlungen zur Höhe des gesetzlichen Abschlages und erklärte, künftig werde in jedem Herbst über den Kassenabschlag verhandelt: "Dies ist sicher eine Gefahr, aber auch eine Chance für uns."
Langwieriger Prozess
Zur Versandhandelsdiskussion erklärte Graue, sogar wenn keine politischen Mehrheiten für die bisher angedachten Neuregelungen zustande kämen, gäbe es genügend Argumente, um ein Verbot der Pick-up-Stellen zu begründen – von der Arzneimittelsicherheit bis zur verfassungswidrigen Ungleichbehandlung mit den Präsenzapotheken.
Hinsichtlich der Rabattverträge beklagte Graue besonders die "durch nichts zu rechtfertigenden Vollabsetzungen". Der dagegen angestrebte Musterprozess werde allerdings Jahre dauern. Daher sollten die fraglichen Beträge zwischenzeitlich auf ein Notar-Ander-Konto fließen.
Verhandlungen mit Krankenkassen erfolgreich
Speziell für Hamburg berichtete Vereinsgeschäftsführer Peter Brinkmann jedoch über einen erfolgreichen und partnerschaftlichen Umgang mit den Krankenkassen. Der Hamburger Primärkassenvertrag könne nicht einseitig geändert werden. Die Hamburger Primärkassen würden keine "auf Null" gerichteten Retaxationen wegen der Rabattverträge vornehmen, denn man rede miteinander. Die Primärkassen würden Vernunft und Einsicht zeigen, und auch die Apotheker würden sich dem "Vigo-card"-Vertrag mit der AOK Rheinland/Hamburg nicht verweigern (siehe Bericht in AZ 36).
In Gesprächen mit Vertretern der Ersatzkassen seien immerhin einige sehr große Retaxationen abgewendet worden, doch im Regelfall könne der Verein hier nicht helfen, weil die Kassenmitarbeiter sich vom "Damoklesschwert" der Entscheidungen des Bundessozialgerichts bedroht fühlten. Denn das Zivilrecht komme hier leider nicht zur Anwendung.
tmb
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