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Krebskongress
Onkologie – Zielgerichtete Therapien im Blickpunkt
Keine Zauberkugeln
Das Zellwachstum wird entscheidend durch Signalfaktoren bestimmt. Durch die Interaktion zwischen Signalfaktoren und Rezeptoren werden intrazelluläre Signaltransduktionswege reguliert und Zellproliferation, Apoptose, Differenzierung und Adhäsion beeinflusst. Mithilfe zielgerichteter Therapien (targeted therapies) soll die Signaltransduktion selektiv gestört werden, um so das unkontrollierte Wachstum maligner Zellen zu unterbinden. Dieser Ansatz klingt vielversprechend, da man sich durch dieses Vorgehen einen selektiven Angriff auf die Tumorzelle bei gleichzeitiger Schonung gesunder Zellen erhofft ("magic bullets", Zauberkugeln).
Wie Jürgen Barth, Gießen, erläuterte, führt der Einsatz sogenannter zielgerichteter Therapien aber keineswegs zu den erhofften spezifischen Wirkungen, da die Komplexität der Signalübertragungen eine hoch selektive Wirkung nicht zulässt. Wird eine bestimmte Signalübertragung gehemmt, so verfügt die Tumorzelle über zahlreiche weitere Proliferationsmechanismen, oder sie entwickelt Möglichkeiten, dem zielgerichteten Angriff auszuweichen. Dies erklärt auch, warum mithilfe der targeted therapies keine Heilungen möglich sind und ihre Wirksamkeit häufig nur von begrenzter Dauer ist. Ferner wird klar, dass zielgerichtete Therapien auch mit teilweise gravierenden Nebenwirkungen einhergehen und nicht als untoxische Varianten klassischer Zytostatika betrachtet werden dürfen. Als Beispiel für die unspezifische und toxische Wirkung eines Tyrosinkinase-Inhibitors führte Barth die Kardiotoxizität von Imatinib an. Imatinib (Glivec®) wird bei der chronisch myeloischen Leukämie eingesetzt und hemmt die krankheitsbedingte verstärkte Synthese der Tyrosinkinase BCR-ABL. Diese Tyrosinkinase fördert die Proliferation von Tumorzellen, ist aber auch für das Überleben von (gesunden) Kardiomyozyten erforderlich, denn ihre Hemmung führt dort zu Schäden an den Mitochondrien.
Das ernüchternde Fazit von Barth lautete: Bei den targeted therapies handelt es sich um neue Zytostatika mit neuen Toxizitäten und kanzerogenen, mutagenen und reproduktionsschädigenden Eigenschaften (cmr-Stoffe).
Aufgaben der onkologischen Pharmazie
Klaus Meier, Soltau |
Hemmung des EGF-Rezeptors
Krebszellen verfügen über unterschiedliche Mechanismen, die ihnen ein unkontrolliertes Wachstum ermöglichen. Dazu gehört die vermehrte Bildung sowohl von Wachstumsfaktoren als auch von Wachstumsfaktor-Rezeptoren. Beide Wege initiieren intrazelluläre Signale, die zu einer verstärkten Zellproliferation, zur Angiogenese und zur Metastasierung führen. Da bei der Mehrzahl epithelialer Tumoren die Aktivierung von Wachstumsfaktoren und ihrer Rezeptoren eine Rolle spielt, bietet sich eine Blockade der entsprechenden Rezeptoren an. PD Dr. Thomas Decker, Ravensburg, erläuterte den Wirkmechanismus und den klinischen Einsatz der gegenwärtig eingesetzten EGFR-Antagonisten.
Der Wachstumsfaktor-Rezeptor EGFR (= epidermal growth factor receptor; weitere gebräuchliche Bezeichnungen sind HER1-Rezeptor oder ErbB1) ist ein transmembranständiges Protein mit einer Tyrosinkinase an der intrazellulären Domäne; seine natürlichen Liganden an der extrazellulären Domäne sind EGF und TGFα (transformierender Wachstumsfaktor alpha). Sobald ein Ligand an einen EGFR bindet, bildet dieser mit einem benachbarten EGFR ein Dimer, was eine Aktivierung und Autophosphorylierung der Tyrosinkinase bewirkt. Diese initiiert verschiedene Prozesse, die zu Zellproliferation, Invasion und Metastasierung, Gefäßneubildung und verringerter Apoptose führen. Um diese Vorgänge zu verhindern, werden zwei Wirkstoffgruppen therapeutisch eingesetzt:
- Monoklonale Antikörper als EGFR-Liganden,
- Small molecules zur Hemmung der EGFR-Tyrosinkinase.
Die monoklonalen Antikörper blockieren die extrazelluläre Domäne des Rezeptors. Sie binden dort an die inaktive Konfiguration und verhindern dadurch eine Bindung der Wachstumsfaktoren an das aktive Zentrum des Rezeptors. Sie werden ein- oder zweiwöchig als Infusion verabreicht. Die kleinen Moleküle hingegen dringen in die Zelle ein und binden an die EGFR-Tyrosinkinase, wodurch sie deren Autophosphorylierung und die nachgeschalteten wachstumsfördernden Vorgänge hemmen. Da sie aber auch andere Mitglieder der EGFR-Familie blockieren können, ist ihre Wirkung weniger selektiv. Tyrosinkinase-Inhibitoren werden oral gegeben.
Wer profitiert von der Therapie?
Zurzeit werden vier EGFR-Antagonisten zur Therapie fortgeschrittener Tumorerkrankungen eingesetzt: Dies sind die monoklonalen Antikörper Cetuximab (Erbitux®) und Panitumumab (Vectibix®) sowie die Tyrosinkinase-Inhibitoren Erlotinib (Tarceva®) und Gefitinib (Iressa®). Sie werden als Monotherapeutika, zusammen mit klassischen Zytostatika oder in Kombination mit einer Strahlentherapie appliziert, und zwar bei folgenden Krebsarten:
- kolorektale Tumoren (Cetuximab und Panitumumab),
- Tumoren des Kopf-Hals-Bereichs (Cetuximab),
- nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom (Gefitinib und Erlotinib) und
- Pankreaskrebs (Erlotinib).
Doch nicht jeder Patient spricht auf eine Therapie mit EGFR-Antagonisten an. Um unwirksame Therapien zu vermeiden, werden prädiktive Faktoren gesucht. Bereits in die Praxis umgesetzt ist die Bestimmung des K-ras-Status vor dem Einsatz von Panitumumab beim metastasierten kolorektalen Karzinom. Dies hat folgenden Hintergrund: Liegen bestimmte Resistenzen vor wie etwa eine aktivierende Mutation am K-ras-Gen, ist die Behandlung mit EGFR-Inhibitoren erfolglos, da in diesem Fall die Signalkaskade, die zum unkontrollierten Zellwachstum führt, unabhängig von einer Aktivierung der EGF-Rezeptoren erfolgt.
Antiangiogenese
Die Angiogenese spielt beim Erwachsenen bis auf wenige Ausnahmen (Wundheilung, Bildung neuer Gefäße nach der Menstruation) keine entscheidende Rolle. Daher ist die Hemmung der Gefäßneubildung von Tumorzellen ein interessanter therapeutischer Ansatz, der eine gewisse Selektivität – Beeinträchtigung der Tumorzellen und nicht der gesunden Zellen – verspricht. Wie Prof. Dr. Wolfgang Berdel, Münster, erläuterte, ist dieses scheinbar einfache Konzept wesentlich komplexer als vermutet. Der Tumor benötigt ab einer gewissen Größe für sein weiteres Wachstum den Anschluss an das Gefäßsystem und kann dies auf drei unterschiedlichen Wegen erreichen:
- durch die Vaskulogenese (Bildung neuer Blutgefäße aus endothelialen Vorläuferzellen, die im Knochenmark gebildet werden),
- mithilfe der Neoangiogenese (aus bereits in der Nachbarschaft existierenden Gefäßen werden neue Gefäße gebildet) oder
- durch Gefäßadaption (vessel adaption).
Die Bildung neuer Gefäße wird durch zahlreiche pro- und antiangiogene Faktoren beeinflusst. Proangiogene Faktoren sind etwa VEGF (vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor) oder bFGF (basic fibroblast growth factor); antiangiogene Faktoren sind Angiostatin und Interferone, um nur einige wenige zu nennen. Ohne Tumorwachstum ist dieses Gleichgewicht stabil, bei der Vermehrung von Krebszellen ist die Balance gestört; unter anderem wird vermehrt VEGF gebildet. Zur Hemmung der Gefäßneubildung gibt es nun mehrere Ansatzpunkte. Bereits klinisch umgesetzt ist die Hemmung von VEGF. Dies kann auf unterschiedliche Arten erfolgen:
- Antikörper gegen den Rezeptor,
- Abfangen von VEGF durch den monoklonalen Antikörper Bevacizumab (Avastin®),
- Hemmung der Bildung von VEGF,
- Blockade der entsprechenden Rezeptor-Tyrosinkinasen mithilfe von Sunitinib (Sutent®) oder Sorafenib (Nexavar® ; Hemmung mehrerer Tyrosinkinasen).
Weitere Ansätze zur Hemmung der Neubildung von Gefäßen werden derzeit intensiv untersucht. Eine Möglichkeit zur Unterbindung des Tumorwachstums ist die Zerstörung neu gebildeter Gefäße mithilfe sogenannter tumor vascular disrupting agents. Dieses Prinzip wird bereits in klinischen Studien untersucht.
Metronomische ChemotherapieBei der klassischen Chemotherapie werden mehrere zytotoxische Wirkstoffe in mehreren Zyklen, die von Therapiepausen unterbrochen sind, appliziert. Bei der metronomischen Chemotherapie werden niedrig dosierte Chemotherapeutika und antiinflammatorische Substanzen kontinuierlich ohne Therapiepausen über einen langen Zeitraum gegeben. Die eingesetzten Wirkstoffe sollen in ihrer Mischung immunregulativ wirken und die Homöostase des Tumors stören. Hierzu werden antiangiogene und antiinflammatorische Substanzen wie etwa Trofosfamid, Capecitabin, Glitazone, Interferone, Dexamethason und Coxibe eingesetzt. Die Dosis der einzelnen Komponenten ist so niedrig, dass Monoaktivitäten auszuschließen sind. Wie Prof. Dr. Albrecht Reichle, Regensburg, darlegte, konnte mit der metronomischen Chemotherapie bei unterschiedlichen Tumorentitäten eine Remission erzielt und der Allgemeinzustand der Patienten verbessert werden. Ein weiterer Vorteil dieses Vorgehens ist die moderate Toxizität und eine Abschwächung des Metastasierungspotenzials. |
In die Gefäßadaption von Tumoren greifen Integrinhemmer ein. Zu ihnen gehört das zyklische Pentapeptid Cilengitide, das bei Glioblastomen eingesetzt wird. Ein Weg zur Unterbindung der Gefäßneubildung in lymphatischen Geweben ist die Entwicklung von VEGF-C-Inhibitoren (VEGF-C-Trap). Ferner kann durch die metronomische Chemotherapie ein antiangiogener Effekt erzielt werden (s. Kasten).
Neue Arzneistoffe beim Nierenzellkarzinom
Wie Prof. Dr. Thomas Otto, Neuss, erläuterte, haben zielorientierte und individualisierte Therapien beim metastasierten Nierenzellkarzinom zu einer längeren krankheitsfreien Überlebenszeit, teilweise auch zu einer längeren Gesamtüberlebenszeit und zu einer besseren Lebensqualität geführt. Die Ausbreitung des Tumors wird unter anderem durch die Gefäßneubildung forciert. Daher kann mithilfe von Angiogenese-Inhibitoren der maligne Wachstumsprozess gehemmt werden. Eine Vernichtung des Tumors ist im fortgeschrittenen Stadium nicht mehr möglich, wohl aber eine Verlangsamung des Wachstums. Folgende neuen Substanzgruppen werden derzeit eingesetzt:
- mTOR-Inhibitoren (s. Kasten),
- Tyrosinkinasehemmer und
- Monoklonale Antikörper gegen VEGF.
Der mTOR-Inhibitor Temsirolimus blockiert eine zentrale Schaltstelle im Signaltransduktionsweg, der an der intrazellulären Kontrolle des Zellwachstums beteiligt ist. Temsirolimus ist die einzige Substanz, für die bislang nachgewiesen werden konnte, dass sie die Gesamtüberlebenszeit verlängert. Zudem ist seine Wirksamkeit bei Patienten mit schlechter Prognose belegt.
Ein neuer, oral einzunehmender mTOR-Inhibitor ist Everolimus, der in Zweitlinientherapien eingesetzt wird. Die Tyrosinkinase-Inhibitoren Sorafenib und Sunitinib werden in der Erst- und Zweitlinientherapie eingesetzt. Sorafenib verlängert die krankheitsfreie Überlebenszeit in der Zweitlinientherapie nach vorangegangener Interferongabe. Sunitinib verlängert die krankheitsfreie Überlebenszeit im First-line-Ansatz. Der monoklonale Antikörper Bevacizumab in Kombination mit Interferon verlängert die krankheitsfreie Überlebenszeit in der Erstlinientherapie.
Aspekte der PflegeStomatitis Eine sehr belastende Nebenwirkung der Chemo- und Strahlentherapie ist die Stomatitis. Die wichtigsten präventiven und kurativen Maßnahmen sind eine sorgfältige Mundpflege und kontinuierliche Mundspülungen. Rita Bodenmüller-Kroll, Essen, unterstrich, dass der Patient bereits im Vorfeld ausführlich informiert werden sollte, damit er bereits prophylaktische Maßnahmen ergreifen kann. Bei der Auswahl einer geeigneten Spüllösung sollen der Mundstatus und die Vorlieben des Betroffenen berücksichtigt werden. Zum Einsatz kommen unter anderem Kamille- und Salbei-, Chlorhexidin- und Povidon-Iod-Lösungen, Subcutin®, Glandosane® und Saliva natura. Versorgung maligner Wunden Die Auswahl der richtigen Wundauflagen und eine Lege-artis-Versorgung maligner Wunden ist ein wichtiger und häufig unterschätzter Bereich der onkologischen Pflege. Übelriechende und entstellende Tumorwunden sind für Patienten und Angehörige äußerst belastend, da zu den Wundschmerzen und der schlechten Prognose eine Stigmatisierung hinzukommt. Johanna Baur, Ravensburg, unterstrich die Bedeutung einer individuellen und symptomorientierten Wundversorgung in der palliativen Therapie. Wickel und Auflagen Traditionell angewandte rhythmische Einreibungen, Wickel und Auflagen, Waschungen und Aromapflege werden bei der ganzheitlichen Versorgung kranker Menschen vermehrt eingesetzt. Wie Anne Gruniger, Ravensburg darlegte, sollen sie die salutogenetischen Kräfte unterstützen und die häufig mit der Erkrankung einhergehende soziale Isolation unterbrechen. DosisindividualisierungZytostatika bei Niereninsuffizienz Zum Einsatz von Zytostatika bei Patienten mit Niereninsuffizienz gibt es wenig gesicherte Daten. Da Personen mit Niereninsuffizienz überdurchschnittlich häufig an malignen Tumoren erkranken, sind Richtlinien und Dosierungsempfehlungen für sie umso wichtiger. PD Dr. Rainer Nowack, Lindau, verwies in diesem Zusammenhang auf eine von dem Heidelberger Pharmakologen Prof. Dr. Walter E. Haefeli entwickelte Datenbank, die zur Berechnung der Dosis bei Niereninsuffizienz herangezogen werden kann: www.klinikum.uni-heidelberg.de/dosing DiagnostikZirkulierende Tumorzellen Bereits im Frühstadium einer Krebserkrankung können Tumorzellen in den Blutkreislauf gelangen. Diese disseminierten Tumorzellen sind wichtige prognostische Parameter für den künftigen Krankheitsverlauf. Mit steigender Anzahl verkürzen sich das progressionsfreie Intervall und die Gesamtüberlebenszeit. Ferner korrelieren zirkulierende Tumorzellen mit dem Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen. Wie Dr. Eckart Schnakenberg, Langenhagen, für das Mammakarzinom aufzeigte, geht der Nachweis zirkulierender Tumorzellen nach einer Chemotherapie mit einer schlechteren Prognose einher. Der Nachweis erfolgt molekularbiologisch und könnte in naher Zukunft zur Überwachung des Krankheitsverlaufs herangezogen werden. Hepcidin Vor rund acht Jahren wurde das lange postulierte Akut-Protein Hepcidin entdeckt. Dieses wird in der Leber synthetisiert und wirkt regulierend auf die Homöostase des Eisenstoffwechsels. Ein Mangel führt zu Hämochromatose, ein Überschuss zu Eisenmangel. Wie Dr. Hermann Dietzfelbinger, Herrsching, erläuterte, wird gegenwärtig nach den Möglichkeiten des klinischen Einsatzes von Hepcidin in Diagnose und Therapie gesucht. LebensqualitätDer Einfluss der Lebensqualität auf das Therapieergebnis ist durch zahlreiche Studien belegt. So besteht etwa bei verschiedenen Tumorentitäten eine Korrelation zwischen der Lebensqualität und Komplikationen nach einem chirurgischen Eingriff. Ferner gibt es Hinweise, dass in bestimmten Fällen die Lebensqualität einen größeren Einfluss auf die Überlebenszeit ausübt als eine therapeutische Intervention. Prof. Dr. Wolfgang Wagner, Osnabrück, zufolge sollte die Lebensqualität in klinischen Studien stärker berücksichtigt werden. Ferner ist genauer zu klären, wann eine verbesserte Lebensqualität die Überlebenszeit verlängert. |
mTOR-InhibitorenDer namengebende mTOR-Inhibitor (mTOR = mammalian Target of Rapamycin) ist das Makrolid Rapamycin, das aufgrund seiner immunsuppressiven Eigenschaften vor allem bei Organtransplantationen eingesetzt wird. Dabei wurde auch seine antitumorale Wirkung bemerkt. Das Protein mTOR ist mit der Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3K) und der Proteinkinase B (AKT) ein Bestandteil eines Signaltransduktionswegs, der den Zellzyklus beschleunigt. Ein gezielter Eingriff in den PI3K-aKT-mTOR-Weg kann die Zellproliferation – und somit das Tumorwachstum – hemmen. Ferner ist m-TOR an der Regulation angiogen wirksamer Faktoren wie etwa VEGF und an der Regulation des für Tumorwachstum und Metastasierung wichtigen Transkriptionsfaktors HIF-1α (hypoxia inducible factor-1α) beteiligt. Zwischenzeitlich wurden stabile Rapamycin-Analoga wie z. B. Temsirolimus (Torisel®) mit verbesserter Pharmakokinetik entwickelt. Temsirolimus zeigt antiproliferative und antiinvasive Eigenschaften. |
Zielgerichtete Therapien beim fortgeschrittenen Mammakarzinom
Die bislang größten Erfolge mit dem Konzept der zielgerichteten Therapie wurden durch den Einsatz von Trastuzumab (Herceptin®) beim fortgeschrittenen Mammakarzinom erzielt. Prof. Dr. Kurt Possinger, Berlin, warnte indes vor einer überzogenen Euphorie, da selbst selektive Substanzen auch in nicht-tumorspezifische Bereiche des physiologischen Geschehens eingreifen und mögliche Folgen einer langfristigen Therapie heute vielleicht noch gar nicht absehbar sind. Die zur Verfügung stehenden targeted therapies sollten mit Bedacht und unter Berücksichtigung ihrer möglichen Toxizitäten eingesetzt werden. Denn, so Possinger, "nicht alle Substanzen, die gemacht werden, werden auch gebraucht". Weitere Therapieansätze mit zielgerichteten Substanzen sind in der klinischen oder vorklinischen Entwicklung (s. Kasten).
Zielgerichtete WirkprinzipienWirkstoffe gegen Her2
Angiogenese-Inhibitoren
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Zunehmende Bedeutung prognostischer Parameter
Neben unerwünschten Wirkungen und möglichen Spätfolgen sind auch die vorliegenden Daten zu den einzelnen Arzneistoffen kritisch zu betrachten: Bei welchem Patientenkollektiv und in welchem Stadium der Tumortherapie (neoadjuvant, adjuvant, palliativ) wurden die Daten erhoben?
In der adjuvanten Krebstherapie werden viele Patientinnen übertherapiert, denn sie erhalten eine Chemotherapie, die sie nicht benötigen, und müssen deren Nebenwirkungen erleiden. Immer wichtiger wird daher die Erfassung prognostischer Faktoren, um dann eine rational begründete Therapieentscheidung zu fällen. Ein wichtiges Hilfsmittel hierfür sind Genchips wie etwa Oncotype DXTM , bei dem die Expression von 16 Tumorgenen gemessen und ausgewertet wird. Die Daten ergeben einen Rezidivscore, der die Einteilung der Patientinnen in drei Risikogruppen gestattet.
Possinger resümierte:
- Die Therapie des Mammakarzinoms muss evidenz- und leitlinienbasiert erfolgen.
- Die prognostische Einschätzung der Erkrankung ist für die Therapie ausschlaggebend.
- Jeder Mensch ist ein Individuum und muss individuell therapiert werden.
Kolorektales Karzinom (KRK)
FrühdiagnostikHaemoccult-Test
Koloskopie
Virtuelle Koloskopie
Prof. Dr. Wolfram Zoller, Stuttgart |
Gastrointestinale Tumoren
Zielgerichtete Substanzen spielen auch bei der Therapie gastrointestinaler Tumoren eine Rolle, wenngleich ihr Beitrag im Vergleich zur chirurgischen Behandlung gering ist. Wie Prof. Dr. Günther Wiedemann und Prof. Dr. Ekkehard Jehle, beide Ravensburg, hervorhoben, ist die Vernichtung eines gastrointestinalen Tumors vor allem von seiner rechtzeitigen Entdeckung und seiner vollständigen chirurgischen Entfernung abhängig. Erst danach kommen radio- und chemotherapeutische Maßnahmen in Betracht.
Bei einem Magenkarzinom wird standardmäßig eine Gastrektomie vorgenommen, der sich je nach Tumorstadium eine Chemotherapie anschließt. Bei einer Untergruppe dieser Tumoren, den gastrointestinalen Stromatumoren (GIST), ist eine zielgerichtete Therapie mit dem Tyrosinkinasehemmer Imatinib angezeigt, da Mutationen an bestimmten Tyrosinkinase-Rezeptoren (c-kit und PDGF-Rezeptor) zu deren kontinuierlicher Aktivität und folglich zu unkontrollierten Zellproliferationen führt.
Beim Rektumkarzinom zeigt sich die Relevanz chirurgischer Fähigkeiten besonders deutlich: Dank spezieller Resektionstechniken und einer Entfernung von Absiedelungen in Fettzellen konnte die Fünf-Jahres-Überlebensrate der Patienten von 50% auf etwa 80% erhöht werden. Rektumkarzinome in fortgeschrittenen Stadien werden nach Möglichkeit neoadjuvant strahlen- und chemotherapeutisch behandelt und anschließend chirurgisch entfernt. Beim metastasierten kolorektalen Karzinom steht wiederum die Chemotherapie – einschließlich der zielgerichteten Substanzen Bevacizumab und Cetuximab – im Vordergrund.
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