Arzneimittel und Therapie

Neue Erkenntnisse zum molekularen Mechanismus

Im Tierversuch konnte nachgewiesen werden, dass der Ginkgo-biloba-Extrakt EGb761® (Tebonin®) zu einem Dopaminanstieg im präfrontalen Kortex führt und Lernleistung sowie Lerngeschwindigkeit fördert. Möglicherweise können so auch die klinisch beobachteten verbesserten kognitiven Leistungen unter einer Therapie mit Ginkgo biloba erklärt werden.
Ginkgo fördert Lernleistung Im Tierversuch konnte gezeigt werden, dass die Langzeitgabe eines Ginkgo-biloba-Extraktes zu einer signifikanten Erhöhung des Dopaminspiegels im präfrontalen Kortex führt. Möglicherweise können so auch die verbesserte Merk- und Lernfähigkeit unter einer Therapie mit Ginkgo biloba erklärt werden.
Foto: Dr. Willmar Schwabe Arzneimittel

Im präfrontalen Bereich der Großhirnrinde werden Erinnerungsvermögen, Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Denken, Sprache und Bewusstsein koordiniert. An der Regulierung der komplexen Vorgänge sind Neurotransmitter wie etwa Noradrenalin, Serotonin und Dopamin beteiligt. Derzeit werden neuronale Mechanismen untersucht, durch welche die Informationsverarbeitung moduliert werden kann. Dabei zeigte sich, dass eine Beziehung zwischen einer Dopamindysfunktion und kognitiven Defiziten besteht und dass durch Dopamin die Gedächtniskonsolidierung verbessert werden kann. Die Schlussfolgerung, durch eine Steigerung der Dopaminausschüttung Informationsverarbeitung und Gedächtnis zu verbessern, liegt nahe. Ein weiterer Forschungsgegenstand ist die Messung neurochemischer Korrelate, die durch ein gedächtnisaktivierendes Agens ausgelöst werden kann.

Mit diesem Thema befasst sich derzeit eine schwedische Arbeitsgruppe, die die Wirkungen von Ginkgo biloba näher untersucht. Denn trotz zahlreicher Studien ist der genaue Wirkmechanismus von Ginkgo-biloba-Zubereitungen noch nicht in allen Einzelheiten bekannt. Daher wurde eine Studie initiiert, um festzustellen, ob die Gabe eines Ginkgo-biloba-Extraktes die Neurotransmitterkonzentration beeinflusst. Eingesetzt wurde dabei EGb 761® (Tebonin®).

Dosisabhängige Erhöhung der Dopaminkonzentration

Zu diesem Zweck wurde die Wirkung einer einmaligen und einer vierzehntägigen Einnahme von EGb761® auf die extrazellulären Werte von Dopamin, Noradrenalin und Serotonin mithilfe der Mikrodialyse (s. Kasten) im präfrontalen Kortex wacher Ratten aufgezeichnet. Dabei zeigte sich, dass die Langzeitgabe zu einer signifikanten, dosisabhängigen Erhöhung des Dopaminspiegels im präfrontalen Kortex führte. Der extrazelluläre Noradrenalinspiegel stieg lediglich marginal und die Konzentrationen von Serotonin nicht an. Zusätzlich wurde untersucht, ob die Langzeitbehandlung mit EGb761® eine Auswirkung auf die dopaminerge Übertragung in das Striatum der Ratten hat, dem Hirnbereich, der an der Regulierung der lokomotorischen Aktivität beteiligt ist. Bei diesem Versuch wurde kein signifikanter Effekt festgestellt, was sich mit der klinischen Beobachtung deckt, dass die Langzeitbehandlung mit Ginkgo biloba die Motorik nicht beeinflusst.

Mikrodialyse zur Messung von Neurotransmittern

Beziehungen zwischen bestimmten Verhaltensweisen und der Neurotransmitteraktivität einzelner Hirnstrukturen können mithilfe der In-vivo-Mikrodialyse bestimmt werden. Diese seit 1996 bekannte Methode erlaubt die Klärung neurochemischer Vorgänge am lebenden Tier. Das Wirkprinzip der Mikrodialyse basiert auf der Diffusion von Molekülen entlang eines Konzentrationsgradienten zwischen zwei Kompartimenten, die durch eine semipermeable Membran getrennt sind. Dem Versuchstier wird in einer bestimmten Gehirnregion ein Mikrodialysekatheter implantiert, der über eine Membran in Kontakt mit dem zu untersuchenden Gewebe steht. Im Innern wird dieser Katheter mit einer sterilen isotonen Lösung perfundiert. Die niedermolekularen Substanzen des Extrazellulärraums diffundieren über die Membran in den Katheter und werden kontinuierlich mit der Perfusionslösung in ein Sammelgefäß überführt und auf bestimmte Neurotransmitter hin analysiert.

Ergebnisse der experimentellen Lernforschung

Bei einem Versuch der experimentellen Lernforschung erhielt eine Gruppe mongolischer Wüstenmäuse EGb761® oder ein Placebo verabreicht. Ein Teil der Verum-Gruppe bekam bereits 14 Tage vor dem Test den Ginkgo-biloba-Extrakt, der andere erst am Tag vor dem Experiment. Zur Beurteilung der Leistung sollten die Tiere aller Versuchsgruppen lernen, akustische Signale zu unterscheiden. Die sowohl akut als auch langfristig mit EGb761® behandelten Tiere wiesen eine bessere Lernleistung und Lerngeschwindigkeit auf als die Tiere der Vergleichsgruppe. Bei der Lerngeschwindigkeit zeigte sich die Wirkung des Extraktes bei schwierigen Lernaufgaben. Ob diese Ergebnisse auf menschliche Lernleistungen übertragbar sind, müssen weitere Untersuchungen zeigen.

 

Quelle

Prof. Dr. Emrah Düzel, Magdeburg; Dr. Jan Kehr, Stockholm; Prof. Dr. Henning Scheich, Magdeburg: "Aus Hypothesen werden Fakten. Leichter lernen und mehr leisten mit Ginkgo", Stockholm, 9. August 2008, veranstaltet von Dr. Willmar Schwabe Arzneimittel, Karlsruhe.

 

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

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