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Frauen sind die Verliererinnen
Für die Hans-Böckler-Stiftung hat das Duisburger Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) untersucht, wie sich die Reallöhne von Geringverdienern und Gutverdienern im Zeitraum von 1995 bis 2006 entwickelt haben. Während die Gutverdiener in diesem Zeitraum ein Plus von 3,5 Prozent verzeichneten, sank das Realeinkommen bei den Geringverdienern um 14 Prozent! Von diesem traurigen Rückgang sind ein Viertel aller Arbeitnehmer betroffen. Ihre Gruppe ist von 15 Prozent im Jahr 1995 auf 22 Prozent im Jahr 2006 gestiegen.
Die Niedriglohngrenzen wurden vom IAQ auf 9,61 Euro Stundenlohn im Westen und 6,81 Euro im Osten festgesetzt. Den Geringverdienern hat auch der konjunkturelle Aufschwung der letzten Jahre nichts gebracht, so das IAQ. Im Osten seien die Niedriglöhne sogar um über zehn Prozent gesunken.
Abstand im Osten geringer
Das Statistische Bundesamt (Destatis) ermittelte für 2006 einen Abstand von 24 Prozent bei den Verdiensten von Frauen gegenüber Männern, im internationalen Sprachgebrauch "Gender Pay Gap" genannt. Während der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Männern bei 18,38 Euro lag, verdienten Frauen im Schnitt nur 14,05 Euro brutto pro Stunde, d. h. 4,33 Euro weniger. Mit einem Gefälle von 25% liegt das Gesundheitswesen dabei knapp über dem Branchendurchschnitt.
Der Verdienstabstand ist umso größer, je älter die betrachteten Verdienstgruppen sind: 4% bei den bis 24-Jährigen, 31 Prozent bei den 60-Jährigen und darüber.
In den östlichen Bundesländern beträgt der Unterschied nur 6%. Das liegt daran, dass Männer im Westen im Durchschnitt deutlich höhere Bruttostundenlöhne bekommen (+ 49%) als Männer im Osten, während der Ost-West-Unterschied bei Frauen wesentlich geringer ist.
Abstand in ländlichen Gebieten größer
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat in seiner Studie die Bruttostundenverdienste von Angestellten in den Jahren 2005 und 2006 untersucht und nach Ballungsräumen und dünn besiedelten Gebieten unterschieden. Das Fazit der DIW-Experten: In Großstädten können Frauen im Vergleich zu Männern langsam aufholen, während auf dem Land die Schere noch deutlich weiter klafft. Weibliche Angestellte kommen in Ballungsräumen auf 88 Prozent der Männereinkommen, in ländlichen Gegenden nur auf 67 Prozent. Elke Holst vom DIW führt das auf ein höheres Bildungsniveau und eine "stärker egalitär ausgerichtete urbane Kultur" zurück. Hohe Arbeitslosigkeit führe besonders bei Frauen zu starken Abschlägen beim Verdienst. Gute Kinderbetreuungsangebote seien dagegen ein wichtiger Faktor für bessere Verdienstchancen von Frauen.
Apotheken sind keine Ausnahme
Als typische Frauenbranche bilden die Apotheken keine Ausnahme bei diesen Trends. Die Reallohnverluste sind hier besonders stark ausgeprägt, da aufgrund der zahlreichen Gesundheitsreformen die Gehaltstariferhöhungen seit Jahren magerer als in anderen Branchen ausgefallen sind. Auch der letzte Konjunkturaufschwung hat die Apothekenangestellten nicht erreicht.
Christina Klenner, Referatsleiterin für Frauen- und Geschlechterforschung am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung, rät allen betroffenen Frauen, sie sollten für mehr Gehalt auf allen Ebenen aktiv werden. Harmoniebedürfnis sei schädlich für das berufliche Weiterkommen. Zu wenige Frauen würden vor der Tür des Chefs aufstampfen und sagen: "Ich will mehr Geld, sonst bin ich weg."
Dr. Sigrid Joachimsthaler
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