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DAZ aktuell
"Bachblüten sind Lebensmittel, Vertrieb über Apotheken"
DAZ: Die Einstufung von Bachblüten beschäftigt seit geraumer Zeit die Gerichte. So hat das OLG Hamburg Bachblüten und -essenzen nicht mit überwiegender Sicherheit als Arzneimittel angesehen und die Lebensmittel-Einstufung bestätigt. Wie zu erfahren war, erwägen nun mehrere Landesbehörden die Untersagung des Inverkehrbringens von Bachblüten und -essenzen als Lebensmittel. Entgegen dem Urteil des OLG Hamburg gehen sie weiter davon aus, dass Bachblüten und -essenzen Arzneimittel sind. Wie bringt die Firma Nelsons GmbH Bachblüten derzeit in Verkehr und auf welcher Grundlage?
Petersenn: Wir begrüßen es ausdrücklich, dass sowohl durch die Entscheidung des Hamburger Oberlandesgerichts als auch des Hamburger Landgerichts nunmehr klargestellt wurde, dass Bachblüten-Produkte rechtlich nicht als Arzneimittel, sondern als Lebensmittel zu bewerten sind. Eine verbindliche und eindeutige gerichtliche Entscheidung zu dieser Frage war in Anbetracht der wachsenden Unsicherheit bei den Apothekern längst überfällig. Immerhin besteht jetzt Sicherheit für alle Hersteller, denn bis zur OLG-Entscheidung gab es die kuriose Situation, dass zahlreiche Hersteller, seit Jahren unbeanstandet, ihre Produkte sozusagen per Selbsteinstufung in der Lebensmittelkategorie vertrieben und nur die Firma Nelsons sich an den Paragraphen 73.3. AMG hielt. Dies war ein klarer, nicht zu rechtfertigender Wettbewerbsnachteil. Jetzt sind endlich für alle Hersteller die gleichen regulatorischen Voraussetzungen geschaffen. Die Firma Nelsons GmbH legt großen Wert darauf, auch weiterhin ihre Produkte ausschließlich über Apotheken zu vertreiben. Der Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom Februar 2008 hat sich im Übrigen kürzlich auch das LG Bonn in einem anderen Verfahren angeschlossen.
DAZ:
Könnte aber nicht schon die Aufmachung der Produkte darauf hinweisen, dass es sich hier um ein Arzneimittel und nicht um ein Lebensmittel handelt?Petersenn: Auffällig ist, wie ausführlich die Gerichte sich gerade mit der Frage nach der Einstufung auseinandergesetzt haben und wie eindeutig das Urteil in dieser Hinsicht formuliert ist. Im Ergebnis wurde ganz klar festgestellt, dass es sich bei Bachblüten-Produkten nicht um Arznei-, sondern um Lebensmittel handelt. Die Gerichte haben sich hierbei insbesondere mit der Frage auseinandergesetzt, ob Bachblüten-Produkte möglicherweise schon aufgrund ihrer Aufmachung als Arzneimittel einzustufen sind, wenn die Verbraucher sie als solche wahrnehmen (sog. Präsentationsarzneimittel). Dies ist nach dem Hanseatischen Oberlandesgericht gerade nicht der Fall. Weder die Verwendung eines Pipettenverschlusses, noch beispielsweise eine Benennung als "Notfall-Tropfen" oder etwa der Hinweis auf den Begründer der Bachblüten-Therapie Dr. Bach sind nach den Gerichten dazu geeignet, beim Verbraucher die Vorstellung hervorzurufen, es mit einem Arzneimittel zu tun zu haben. In dem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts heißt es hierzu u. a.: "Aus der konkreten Aufmachung des Produkts ergibt sich mithin nicht, dass der angesprochene Verkehr die ‚Notfall Tropfen‘ der Antragsgegner als Arzneimittel ansieht." Trotz der Entscheidungen der Hamburger Gerichte vertritt die Hamburger Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz noch immer den alten Standpunkt, dass Bachblütenprodukte wie Arzneimittel zu behandeln seien und wendet sich damit gegen die aktuelle Rechtsprechung. Wir befinden uns derzeit mit der Behörde im Dialog, um zu einer einheitlichen und an der Rechtsprechung orientierten Einstufung zu gelangen. Die rechtliche Bewertung von Bachblüten Produkten als Lebensmittel wird übrigens durch viele andere Länderbehörden in der Praxis bereits seit Jahren "gelebt". Zahlreiche Wettbewerber unserer Mandantin vertreiben und bewerben nämlich schon seit Jahren Bachblüten-Produkte unbeanstandet als Lebensmittel, dies sogar außerhalb von Apotheken (Drogerien, Internet etc.). Diese sind in den Bundesländern Hessen und Niedersachsen ansässig, wo die Aufsichtsbehörden der Einstufung der Produkte als Lebensmittel folgen. Schließlich wurde das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts auch kürzlich durch eine Verkehrsbefragung bestätigt. Unsere Sozietät hat beim renommierten und unabhängigen Marktforschungsinstitut IPSOS eine repräsentative Verbraucherbefragung in Auftrag gegeben. Im Rahmen der Umfrage wurden 1000 Personen befragt, wie sie die Bachblüten-Produkte der Firma Nelsons GmbH wahrnehmen. Die aktuelle Studie, abgeschlossen im Juli 2008, liefert das eindeutige Ergebnis, dass die Aufmachung der Rescue® -Produktfamilie und der Einzelessenzen der Nelsons GmbH bei den Verbrauchern nicht zu der Vorstellung führt, es mit einem Arzneimittel zu tun zu haben. Spätestens seit mit dem Hamburger Oberlandesgericht das höchste Hamburger Gericht entschieden hat, dass es sich bei Bachblüten-Produkten rechtlich nicht um Arzneimittel, sondern um Lebensmittel handelt, und dieses Ergebnis nun auch noch einmal durch eine repräsentative Verkehrsbefragung bestätigt wurde, verfügt der freie Vertrieb in der Lebensmittelkategorie aus unserer Sicht über eine gesicherte rechtliche Grundlage.
DAZ:
Aber auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat sich, wie zu vernehmen war, der Einschätzung der Landesbehörden angeschlossen und geht davon aus, dass Bachblüten und -essenzen als Arzneimittel einzustufen sind. Deutet dies nicht auch in die Richtung, dass Bachblüten und -essenzen in Deutschland einer Zulassung bedürfen, wenn sie weiter verkehrsfähig sein sollen?Petersenn: Wir sind davon überzeugt, dass dies nicht der Fall ist. Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Verwaltungspraxis der Länder, nämlich den freien Vertrieb von Bachblüten-Produkten ohne Beanstandungen zuzulassen, zunehmend durch ausdrückliche Stellungnahmen bestätigt wird, wie das im Fall von Niedersachsen und Hessen bereits geschehen ist. Nicht zuletzt die beiden Hamburger Urteile zur Einstufung von Bachblüten-Produkten verdeutlichen diese Entwicklung. Im Übrigen gilt es zu bedenken, dass die letztverbindliche Entscheidung über die Frage nach der Einstufung den Gerichten obliegt. Bei der von Ihnen angesprochenen Äußerung aus dem Umfeld des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) handelt es sich lediglich um eine abstrakte Einschätzung einer Sachbearbeiterin, die in ihrer Stellungnahme mehrfach darauf hingewiesen hat, dass sie keine Kenntnis von den betroffenen Produkten habe und jegliche Einstufung immer eine Einzelfallentscheidung sei. Im Übrigen war diese Stellungnahme nicht mit der zuständigen Leitungsebene abgestimmt. Das BfArM befasst sich derzeit gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium auf Leitungsebene mit dieser Frage, und wir gehen davon aus, dass bereits in Kürze eine eindeutige und klare Stellungnahme von dieser Seite erfolgen wird in dem Sinne, der Rechtsprechung der Hamburger Gerichte zu folgen und Bachblüten-Produkte als Lebensmittel einzustufen.
DAZ:
Mit welcher rechtlichen Sicherheit kann heute eine Apotheke Bachblüten und -essenzen in Verkehr bringen?Petersenn: Im Hinblick auf die geschilderte Entwicklung und insbesondere mit Blick auf das Urteil des OLG Hamburg muss man sagen, dass in letzter Zeit ein erhebliches Maß an zusätzlicher Rechtssicherheit geschaffen wurde. Das ist auch der Grund, weshalb die Nelsons GmbH nach diesen Urteilen dazu übergegangen ist, ihre Produkte entsprechend den deutschen Lebensmittelvorschriften zu kennzeichnen und zu vertreiben. Die Nelsons GmbH hat mit diesem Schritt die Entscheidung des OLG abgewartet, um ihren Kunden mit der gerichtlichen Bestätigung der Einstufung als Lebensmittel Rechtssicherheit zu bieten.
DAZ:
Bachblüten und -essenzen als Lebensmittel. Das bedeutet, dass der Hersteller für seine Produkte auch das Lebensmittelrecht anwenden muss. Wird dies bereits konsequent umgesetzt?Petersenn: Die Firma Nelsons stuft ihre Original RescueTM Bachblüten-Produkte und ihre Einzelessenzen, der OLG-Entscheidung folgend, rechtlich als Lebensmittel ein. Demgemäß ist es auch richtig, wenn sich der Vertrieb dieser Produkte nach den Vorschriften des Lebensmittelrechts richtet. Die Produkte, die nicht zum Verzehr bestimmt sind wie z. B. Cremes, sind rechtlich weder als Arznei-, noch als Lebensmittel einzustufen, sondern als Kosmetika. Auch diese Produkte hat die Firma Nelsons GmbH entsprechend den Vorgaben der Kosmetikverordnung gekennzeichnet, so dass auch diese ohne Weiteres verkehrsfähig sind. Auch die strategische Entscheidung der Firma Nelsons, ihre Produkte weiterhin ausschließlich über Apotheken zu vertreiben, ändert an dieser rechtlichen Bewertung nichts. Die Produkte bleiben Lebensmittel bzw. Kosmetika.
DAZ: Vielen Dank für dieses Gespräch.
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