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Rabattarzneimittel ohne Kassenabschlag?
Ein Ende des Ärgers über die Rabattverträge ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, es wurden sogar wieder Ausschreibungen für neue, diesmal hoffentlich rechtssichere Wirkstoffverträge bekannt gegeben. Die jüngste BGH-Entscheidung zum Thema hat auch nicht die erhoffte Klärung in der Frage der Rechtswege gebracht – und die von den Apothekern favorisierte Alternative der Zielpreisvereinbarungen erscheint angesichts des zunehmenden Widerstands aus der Industrie politisch immer weniger durchsetzbar.
Damit werden die Apotheken und der pharmazeutische Großhandel weiterhin hohe Kosten durch zusätzliche Lagerhaltung, ineffektive Nachlieferungen und mühsame Überzeugungsarbeit bei den Patienten haben. In der Wirtschaftswissenschaft werden solche Belastungen, die als Nebeneffekt einer Handlung bei primär Unbeteiligten entstehen, externe Kosten genannt. Sie sind ein typischer Fall von Ineffizienz und gelten als großes Problem bei der Suche nach sinnvollen Vertragsgestaltungen. Bei der Konzeption der Rabattverträge wurde dies offenbar übersehen.
Darum soll hier ein einfaches Konzept vorgeschlagen werden, mit dem die externen Kosten der Rabattverträge internalisiert werden könnten, um bessere Anreize für effiziente Vertragslösungen zu finden: Der Krankenkassenabschlag von 2,30 Euro pro Arzneimittel, den die Apotheken gewähren, könnte für Rabattarzneimittel abgeschafft oder zumindest deutlich reduziert werden.
Vordergründig ließe sich dazu anführen, dass Rabattarzneimittel von der Industrie rabattiert werden und daher nicht auch noch zusätzlich von der Apotheke rabattiert werden sollten. Kaufmännisch recht und billig wäre diese Lösung zudem als Ausgleich für die objektiv vorhandenen Mühen bei der praktischen Umsetzung der Rabattverträge. Der tiefere ökonomische Sinn der Idee ist aber die verbesserte Anreizstruktur, die eher zu effizienten Vertragslösungen führen würde. Denn wenn der Krankenkassenabschlag bei Rabattvertragsarzneimitteln vermindert wäre oder ganz entfiele, würde es sich nicht mehr lohnen, Rabattverträge für Billig-Generika abzuschließen, deren Apotheken-Einkaufspreise nur wenige Euro betragen und deren Rabatte demnach nur im Centbereich liegen können. Damit bliebe Patienten und Apotheken die unwürdige Situation erspart, wegen solcher lächerlichen Einsparungen Nachlieferungen zu organisieren, die viel Zeit und meist auch noch Benzin kosten. Rabattverträge würden sich für die Krankenkassen nur noch lohnen, wenn es um nennenswerte Beträge ginge, die der Mühe wert sind. Das würde auch die Zahl der betroffenen Produkte deutlich vermindern. So würde die Internalisierung der externen Kosten wie im ökonomischen Lehrbuch eine Lösung schaffen, die für alle Beteiligten und nicht nur für die Krankenkassen effizient ist.
Puristische Verfechter eines einheitlichen Abgabehonorars könnten dem entgegenhalten, dass das Apothekerhonorar damit wieder von der Arzneimittelauswahl abhinge. Das wäre aber eine sehr enge Betrachtungsweise, denn die Abgabe von Rabattarzneimitteln verursacht Kosten. Deren Ausgleich wäre nicht anders zu verstehen als beispielsweise die BtM-Gebühr.
Allerdings gäbe es auch noch einen ganz anderen Ansatz, die externen Kosten der Rabattverträge zu vermindern: Bei einer marktwirtschaftlichen Lösung könnten die Patienten auf die Verträge reagieren. Wenn die Patienten die Differenzen zwischen den Produkten aus eigener Tasche bezahlen dürften, würden sie dies sicher tun, um sich ungewünschte Präparatewechsel und unsinnige Wege zu ersparen. Patienten sind mittlerweile kuriose Zuzahlungsregelungen gewohnt. Wahrscheinlich würde eine solche Lösung besser ankommen als die mitunter kaum noch nachvollziehbaren Ergebnisse der Rabattverträge. So bleibt unverständlich, warum sich die Krankenkassen weiterhin gegen eine so einfache Lösung sperren.
Thomas Müller-Bohn
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