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Präventionsgesetz kommt wieder ins Gespräch
Im November 2005 hatten Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Prävention mithilfe eines Gesetzes zu einer eigenständigen Säule der gesundheitlichen Versorgung auszubauen. Doch das bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode angelegte Projekt droht zu scheitern. Umstritten sind vor allem Finanzierung und Organisation – dies zeigte sich auch bei der Anhörung zu den Anträgen der Oppositionsfraktionen, die zwar das gemeinsame Ziel eines Gesetzes haben, sich die Ausgestaltung aber recht unterschiedlich vorstellen.
So ist die Prävention aus Sicht der Liberalen als aktive Gesundheitsvorsorge primär eine individuelle Herausforderung: jeder Einzelne sei dafür verantwortlich, durch eine gesundheitsbewusste Lebensweise der Entstehung von Gesundheitsrisiken vorzubeugen. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei es aber, die Bedeutung der Prävention und Gesundheitsförderung zu verdeutlichen. Die Finanzierung dürfe deshalb nicht allein auf die Kranken- bzw. Sozialversicherung zentriert werden. Die FDP spricht sich dafür aus, die Zuständigkeit und Finanzverantwortlichkeit für die einzelnen Präventionsbereiche klar zu definieren und bereits vorhandene Einrichtungen auf allen Ebenen zu nutzen und weiterzuentwickeln. Die Grünen fordern, die Prävention zu einer "eigenständigen Säule im Gesundheitswesen" auszubauen. Sie sei derzeit unterfinanziert und beschränke sich auf Einzelregelungen, so die Kritik der Fraktion. Nötig sei, ein Entscheidungsgremium auf Bundesebene zu errichten, das nationale Präventionsziele und entsprechende Strategien entwickelt. An der Finanzierung und der Qualitätsentwicklung müssten sich Bund, Länder und Kommunen sowie alle Sozialversicherungszweige und die private Kranken- und Pflegeversicherung beteiligen – für die Startphase des Präventionsgesetzes rechnen die Grünen mit jährlich 500 Millionen Euro. Die Linksfraktion will Gesundheitsförderung und Prävention zur "ersten Säule der Gesundheitssicherung" ausbauen. Auch sie fordert, eine Koordinierungs- und Entscheidungsstelle auf Bundesebene zu schaffen. Diese müsse organisatorisch an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung angebunden werden und über eigene finanzielle Mittel im Rahmen eines Fonds verfügen. Zum Start sei aus dem Bundeshaushalt in den nächsten vier Jahren jeweils eine Milliarde Euro an den Fonds zu überweisen.
Bei der Anhörung der geladenen Experten – der Sachverstand der Apotheker war bei den vornehmlich organisatorischen Fragen übrigens nicht vertreten – zeigte sich, dass auch diese überwiegend dafür plädieren, die Prävention auf eine breitere Finanzierungsbasis zu stellen. Insbesondere die Kassen sind daran interessiert, dass sich an der Finanzierung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe auch die öffentliche Hand beteiligt. Auch die Arbeitgebervertreter sprechen sich grundsätzlich für eine Finanzierung aus Steuermitteln aus. Der Deutsche Gewerkschaftsbund will sämtliche Sozialversicherungsträger einbeziehen – davon will wiederum die Bundesanstalt für Arbeit nichts wissen. Auch bei der Frage der Organisation zeigten sich die Sachverständigen uneins. So wandten sich die GKV-Spitzenverbände gegen den Aufbau neuer Strukturen, etwa der diskutierten Präventionsräte auf Bundes- und Landesebene. Eine bessere Koordination erfordere kein völlig neues System und keine neue Bürokratie – vielmehr sollte auf Vorhandenes gesetzt werden. Dagegen betonte etwa der Einzelsachverständige Raimund Geene, Professor für Kindergesundheit an der Hochschule Magdeburg/Stendal, dass die bisherige Koordination "allen Beschwichtigungsversuchen zum Trotz absolut unzulänglich" sei. Im korporatistisch organisierten deutschen Sozialsystem bedürfe es zwingend eines zentral legitimierten und operierenden Akteurs, um diesem Steuerungsdefizit zu begegnen.
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