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- DAZ 13/2008
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Seite 3
Wann hat der Irrsinn ein Ende?
Im April des vergangenen Jahres begann der Irrsinn der Rabattverträge. Jetzt, rund ein Jahr später, geht das Rabatt-Hickhack in seine zweite Runde in Form von Retaxierungen. So lange es die gesetzlichen Krankenkassen gibt, so lange gibt es Meinungsverschiedenheiten, Streit und Ärger zwischen Apothekern und Krankenkassen. Das war früher schon so, als immer wieder um die Höhe der Zwangsrabatte und um die pünktliche Begleichung von Rechnungen an die Apotheken gestritten wurde. Und das ist auch heute immer wieder mal der Fall. Doch die nun einsetzenden Retaxierungen und Diffamierungen durch die Kassen sind wieder ein negativer Höhepunkt in den Beziehungen zwischen Krankenkassen und Apothekern.
Was haben die Apotheken doch an Geld, Zeit und vor allem Nerven investiert, um die zum Teil von manchen Kassen übereilt abgeschlossenen Rabattverträge zum Laufen zu bringen. Unzählige Telefonate zwischen Großhandlungen und Apotheken waren nötig, um die Lieferfähigkeit von Präparaten kleinerer Hersteller zu erfragen. Ständige Softwareaktualisierungen mussten von den Softwarehäusern entwickelt und den Apotheken immer rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden, damit die Rabattverträge überhaupt in der Apotheke erfüllbar waren. Die Kosten dafür tragen die Apotheken. Jeder Abgabevorgang in der Apotheke benötigt zur Erfüllung der Rabattverträge mehr Zeit in der Apotheke. Vor allem: endlose und frustrierende Diskussionen mit den Patienten, die nicht verstehen wollen (und können), dass sie erneut mit dem Präparat eines anderen Herstellers vorlieb nehmen müssen, weil es ihre Kasse so will. Was spielten sich hier schon für Szenen in Apotheken ab!
Hinzu kommt die Ignoranz der Kassen in Sachen Austauschbarkeit von Präparaten mit gleichen Wirkstoffen. Hier setzen sich Kassenfunktionäre, also Laien ohne den geringsten pharmazeutischen Sachverstand, über nachgewiesenes, anerkanntes pharmazeutisches und technologisches Wissen hinweg. Hier werden kurzerhand Arzneimittel für austauschbar erklärt, die es nicht sind. Die Folgen dieser Ignoranz haben Patienten am eigenen Leib spüren müssen: entgleiste Blutdruckwerte, veränderte Schilddrüsenhormonwerte, schlechtere Blutzuckerwerte, außerdem Lactoseunverträglichkeiten, schlechter wirkende Darreichungsformen und vieles mehr. Man sollte die Kosten für den Aufwand an Folgeuntersuchungen, an Neueinstellungen der Patienten, die Kosten für die Noncompliance und Verzögerung der Genesung gegen die Einsparungen aufrechnen! Der Hessische Apothekerverband hat beispielsweise die Folgen der Zwangsumstellungen zusammengetragen. Die Ignoranten bei den Krankenkassen werden sich mit diesen Folgen befassen müssen – es geht um die Gesundheit ihrer Versicherten.
Wenn jetzt auch noch manche Kassenverbände (der Verband der Angestellten-Krankenkassen und der Arbeiter-Ersatzkassenverband, ebenso einige Kassenfunktionäre z. B. bei der Deutschen BKK) die Apotheker öffentlich beschuldigen, sie hätten die Rabattverträge boykottiert, dann ist dies eine Unverschämtheit erster Güte. Solche Vorwürfe sind an den Haaren herbeigezogen. Fakt ist: Erst die Apotheker haben die schnelle und effiziente Umsetzung der Rabattverträge mit den Versicherten der Kassen vorangetrieben und mit Leben erfüllt.
Es mag zwar eine geringe Zahl an Apotheken geben, die sich über die Rabattverträge hinweggesetzt haben, die sich nicht an die abgemachten Verträge hielten. Aber vereinzelte Schwarze Schafe rechtfertigen nicht, die Mehrzahl der Apotheken, die die Verträge mit großem Aufwand erfüllt haben, zu diffamieren. Eine Entschuldigung der Kassen wäre hier angebracht.
Die Unverschämtheit der Kassen erreicht nun ihren Höhepunkt mit der angekündigten Retaxationswelle, und zwar eine Retaxation auf Null. Abgezogen wird also nicht die Differenz zu einem abgegebenen teureren Präparat – es wird überhaupt nichts bezahlt. Die Apotheke hat ihr ausgehändigtes Arzneimittel dem Patienten, der Kasse quasi "geschenkt". Ob eine Retaxation auf Null rechtens ist, ist in letzter Konsequenz noch nicht geklärt. Vermutlich könnte es hier einen Musterprozess geben.
Hinzu kommt, dass offenbar auch Arzneimittellieferungen retaxiert werden, für die der Gemeinsame Bundesausschuss keine Hinweise gegeben hat und für die damit nach dem zurzeit geltenden Rahmenvertrag keine Verpflichtung zum Austausch und zur Abgabe rabattbegünstigter Arzneimittel bestanden hat. Wie aus Rundschreiben von Apothekerverbänden hervorgeht, sollen die Rechnungsprüfstellen auch Indikationen, Lieferfähigkeiten von Rabattartikeln und die Aut-idem-Regelung nicht berücksichtigen.
Für die Apotheken bedeuten diese Schlampereien der Prüfstellen erneut Mehrarbeit. Sie müssen sich mit den ungerechtfertigten Vorwürfen auseinandersetzen und gegebenenfalls fristgerecht Einspruch einlegen. Auch hier ist Ärger vorprogrammiert. Unser aller Wunsch: Schluss mit den Rabattverträgen in dieser Form. Es gibt Alternativen!
Peter Ditzel
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