Arzneimittel und Therapie

Arzneimittel in der Entwicklung

Ranolazin bei akutem Koronarsyndrom untersucht

Ranolazin (vorgesehener Handelsname Ranexa®), ein Antianginosum mit neuem Wirkungsmechanismus, ist bisher bei chronischer Angina pectoris untersucht worden. Für diese Indikation ist es seit 2006 in den USA auch zugelassen. Nun wurde die Substanz in einer Studie auch beim akuten Koronarsyndrom untersucht. Die Ergebnisse unterstützen eine Anwendung bei dieser Indikation allerdings nicht.

Ranolazin ist ein antianginöses Mittel mit einem völlig neuen Mechanismus: Die Wirkung von Ranolazin beruht auf der partiellen Hemmung der Fettsäureoxidation (pFOX-Inhibitor). Ursache eines Angina-pectoris-Anfalls ist das Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und -angebot. Unter ischämischen Bedingungen zieht der Herzmuskel eher Fettsäuren als Glucose zur Energiegewinnung heran. Dieser Weg ist in Bezug auf die Sauerstoffeffizienz sehr wenig effizient. Mit Hilfe eines Äquivalents Sauerstoff werden bei der Verbrennung von Glucose 6,3 Äquivalente ATP gewonnen, bei der Oxidation von Fettsäuren hingegen nur 5,5 Äquivalente ATP. Der pFOX-Inhibitor Ranolazin greift in den myokardialen Metabolismus ein und ökonomisiert die Sauerstoffnutzung, so dass der Herzmuskel wieder pro Sauerstoffeinheit mehr Energie nützen kann. Dadurch kann einem Angina-pectoris-Anfall vorgebeugt werden.

Akute koronare Syndrome sind Situationen, in denen plötzlich eine Minderdurchblutung des Herzmuskels, die sogenannte myokardiale Ischämie, auftritt. Dies führt meist zu den typischen Brustschmerzen. Durch die Ischämie kommt es zur intrazellulären Überladung mit Calcium- und Natrium-Ionen. Ranolazin wirkt dieser Überladung entgegen, indem es den späten Natriumeinstrom hemmt.

Bisher wurde Ranolazin nur bei chronischer, aber stabiler Angina pectoris untersucht und im Jahr 2006 in den USA in dieser Indikation auch zugelassen. Nun wurden auch Hoffnungen an den Einsatz bei akutem Koronarsyndrom geknüpft.

An einer randomisierten placebokontrollierten multinationalen klinischen Doppelblindstudie nahmen 6560 Patienten mit akutem Koronarsyndrom ohne ST-Streckenhebung teil. Die ischämischen Symptome wurden innerhalb von 48 Stunden zusätzlich zur Standardtherapie mit Ranolazin (zu Beginn intravenös, gefolgt von oralem Ranolazin mit verzögerter Wirkstofffreisetzung 1000 mg zweimal täglich, n = 3281) oder dem entsprechenden Placebo behandelt. Die Patienten wurden mindestens ein Jahr beobachtet.

Der kombinierte primäre Endpunkt für die Wirksamkeit war aus den Faktoren Tod aufgrund kardiovaskulärer Ursache, Myokardinfarkt oder rezidivierende Ischämie zusammengesetzt. Dieser trat in der Ranolazin-Gruppe bei 21,8% und in der Placebo-Gruppe bei 23,5% der Patienten auf. Eine signifikante Verbesserung der Therapieergebnisse ist demnach durch Ranolazin zusätzlich zur Standardtherapie bei akutem Koronarsyndrom nicht erkennbar.

... aber auch kein erhöhtes Risiko

Ranolazin hatte auch keinen nachteiligen Einfluss auf das Risiko für Todesfälle oder symptomatische Arrythmien, was als Daten zur Unterstützung für die Sicherheit und Wirksamkeit von Ranolazin als antianginöse Therapie bei chronischen Formen gewertet werden kann. Eine QTc-Verlängerung, die eine Reduzierung der i.v.-Dosis notwendig machte, trat in der Studie bei 31 Patienten der Ranolazin-Gruppe und bei zehn Patienten der Placebo-Gruppe auf.

Sicherheitsbedenken wegen einer QTc-Verlängerung waren in jüngster Zeit auch Thema bei der Anwendung bei chronischer Angina pectoris. Laut Fachinformation sollte Ranolazin für Patienten reserviert sein, die auf antianginöse Standardtherapien (wie Nitrate und Betablocker) nicht ausreichend ansprechen. <

Quelle

Morrow DA, et al. Effects of ranolazine on recurent cardiovascular events in patients with non-ST-elevation acute coronary syndromes. JAMA 297, 1775- 1783 (2006).

Newby KL. Does ranolazine have a place in the treatment of acute coronary syndromes? JAMA 297, 1823-1824 (2006).

Apothekerin Bettina Martini
Akutes Koronarsyndrom
Bei länger anhaltenden infarkttypischen Brustschmerzen (Angina pectoris) wird zunächst von einem akuten Koronarsyndrom gesprochen, was die Möglichkeit eines Herzinfarktes einschließt. Es kann sich aber auch "nur" um instabile Angina pectoris handeln. Wenn das Elektrokardiogramm (EKG) Hebungen der ST-Strecke aufweist, handelt es sich um einen ST-Hebungsinfarkt (STEMI für ST-elevation myocardial infarction). Zeigt sich keine ST-Hebung im EKG, kann erst nach drei bis vier Stunden anhand von Laboruntersuchungen zwischen Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI für Non-ST-elevation myocardial infarction) und instabiler Angina pectoris unterschieden werden.
Partielle Fettsäuren-Oxidations-Inhibitoren wie Ranolazin führen in den Mitochondrien der Kardiomyozyten zu einer vermehrten Verbrennung von Glucose anstelle von freien Fettsäuren. Dadurch benötigen die Zellen zur Energiegewinnung weniger Sauerstoff.
Grafik: C. Bühler
Ranolazin

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