Arzneimittel und Therapie

Hormonersatztherapie

Mehr Ovarialkarzinome nach Hormonsubstitution

Eine längerfristige Hormonersatztherapie erhöht nicht nur das Risiko für Mamma- und Endometriumkarzinome sondern auch für Ovarialkarzinome. Zu diesem Schluss kam eine epidemiologische Untersuchung, die sich auf die Daten der One Million Study stützt.

Der Nutzen einer längerfristigen Hormonersatztherapie wird immer mehr in Frage gestellt, seit in Langzeituntersuchungen wie der One Million Women Study oder der Women`s Health Initiative erhöhte Raten für bestimmte Tumorarten festgestellt wurde. So führt eine längere Hormonersatztherapie zu einem erhöhten Brustkrebsrisiko und bei einer Estrogen- oder Tibolon-Einnahme auch zu einer Zunahme maligner Veränderungen am Endometrium. Wie sich die Hormonsubstitution auf die Häufigkeit von Ovarialkarzinomen auswirkt, wurde in einer epidemiologischen Studie der Universität Oxford untersucht. Die erforderlichen Daten dazu wurden der One Million Women Study entnommen. Dazu wurde von knapp 950.000 postmenopausalen Frauen in einem Zeitraum von 5,3 Jahren die Inzidenz für ein Ovarialkarzinom und in einer Zeitspanne von 6,9 Jahren die Mortalitätsrate für Ovarialkrebs ermittelt und nach Korrektur relevanter Faktoren (Alter, Body-Mass-Index, sozioökonomischer Status, Alkoholkonsum, erfolgte Hysterektomie, Rauchverhalten, körperliche Betätigung, Einnahme von Kontrazeptiva, Schwangerschaften, Wohnort etc.) mit der Hormonersatztherapie in Beziehung gesetzt.

Rund die Hälfte aller Frauen hatte eine Hormonsubstitution durchgeführt. 30% oder 287.143 Frauen nahmen zum Zeitpunkt der Datenerhebung Hormone ein, 20% oder 186.751 Frauen hatten sie bereits abgesetzt. Im Beobachtungszeitraum waren 2273 neue Ovarialkarzinome diagnostiziert worden und 1591 Frauen waren an der Erkrankung gestorben. Setzt man diese Zahlen mit der Hormonsubstitution in Beziehung, können folgende Aussagen getroffen werden:

Frauen unter einer bestehenden Hormonsubstitution entwickeln signifikant häufiger ein Ovarialkarzinom und sterben häufiger an der Erkrankung als Frauen, die keine Hormone einnehmen. Das relative Risiko, an Ovarialkrebs zu erkranken, betrug bei ihnen 1,2 (95% Konfidenzintervall 1,09 bis 1,32; p = 0,0002) bzw. 1,23 (95% Konfidenzintervall 1,09 bis 1,38; p = 0,0006) für den Tod aufgrund der Tumorerkrankung.

Das Krebsrisiko steigt mit der Dauer der Einnahme, ist aber unabhängig von der Art der Hormonsubstitution.

Das erhöhte Krebsrisiko unter der Hormonersatztherapie ist nicht für alle histologischen Unterarten des Ovarialkarzinoms gleich groß und ist am höchsten für seröse Tumoren.

Frauen, die die Hormonsubstitution bereits abgeschlossen hatten, wiesen kein erhöhtes Risiko für einen Ovarialtumor auf. Dasselbe gilt für eine kürzere Hormonersatztherapie (weniger als fünf Jahre).

Die standardisierten 5-Jahres-Inzidenzraten betrugen für gegenwärtige Anwenderinnen einer Hormonersatztherapie 2,6 auf 1000 Frauen und 2,2 für Frauen, die keine Hormone eingenommen hatten. Das heißt, bei 2500 Anwenderinnen einer Hormonsubstitution trat ein zusätzlicher Ovarialtumor auf. Die standardisierten 5-Jahres-Mortalitätsraten lagen bei 1,6 bzw. bei 1,3. Somit führt eine Hormonsubstitution bei 3300 Frauen zu einem Todesfall aufgrund eines Ovarialkarzinoms.

Auf die britische Bevölkerung übertragen bedeutet dies, dass zwischen 1991 und 2005 durch eine Hormonersatztherapie zusätzlich 1300 Frauen an einem Ovarialkarzinom erkrankten und 1000 Frauen aufgrund dieser Krebserkrankung starben. Berücksichtigt man auch das erhöhte Auftreten von Brust- und Endometriumkrebs nach einer längeren postmenopausalen Hormonsubstitution – die Gesamtinzidenz von Brust-, Endometrium- und Eierstockkrebs bei gegenwärtigen Anwenderinnen einer Hormontherapie ist deutlich höher als bei Frauen, die postmenopausal keine Hormone einnehmen (s. Abbildung) – , muss der Benefit einer Hormonersatztherapie einmal mehr in Frage gestellt werden.

Quelle

Beral V., et al: Ovarian cancer and hormone replacement therapy in the Million Women Study. Lancet 369, 1703 – 1710 (2007).

Narod S.: Ovarian cancer and HET in the Million Women Study. Lancet 369, 1667 – 1668 (2007).

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
Gegenwärtige Einschätzung der Hormonersatztherapie
Nutzen
Risiken
Linderung von Hitzewallungen
erhöhtes Thromboserisiko
Reduktion des Osteoporoserisikos
erhöhtes Insultrisiko
Linderung urogenitaler
Beschwerden
erhöhte Inzidenz für Mamma-, Endometrium- und Ovarialkarzinome
möglicherweise präventive Wirkung im Hinblick auf kolorektale Tumore
erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (vor allem bei älteren Frauen)
möglicherweise präventive
Wirkung im Hinblick auf eine Alzheimer-Erkrankung
Symptome eines Ovarialkarzinoms
Ovarialkarzinome sind lange asymptomatisch und werden meist erst in fortgeschrittenem Stadium entdeckt, was die hohen Mortalitätsraten erklärt. Symptome der lokalen und fortgeschrittenen Erkrankung sind:
  • abdominelle Schmerzen, Druckgefühl
  • Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Leistungsminderung
  • Aszites, Pleuraerguss, Dyspnoe
  • genitale Blutungen, Störungen der Regelblutung vor der Menopause
  • Subileus, Ileus, Miktionsstörungen, Pollakisurie
[Quelle: Berger, D. P.; Engelhardt R.; Mertelsmann R. (Hrsg.): Das rote Buch. Hämatologische und internistische Onkologie. 3. Aufl. Verlag ecomed Landsberg 2006].
Die 5-Jahresinzidenz von Brust-, Ovarial- und Endometriumkarzinom (auf 1000 Frauen) ist bei Anwenderinnen einer Hormontherapie deutlich höher als bei Frauen, die postmenopausal keine Hormone einnehmen.

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