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Aus der Hochschule
Pharmazie in Bonn: Aus Tradition innovativ
Der Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät Prof. Dr. A. B. Cremers, lobte in seinem Grußwort die hohe wissenschaftliche Qualität der Bonner Pharmazie, die vor allem im vergangenen Jahrzehnt vielfach eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung innovativer Ansätze in der Forschung und Lehre eingenommen hat (siehe Kasten). In ähnlicher Weise äußerte sich der Präsident der Apothekerkammer Nordrhein L. Engelen. Auch er glaubt an das gewaltige Potential der Fachgruppe, das aus seiner Sicht bislang immer dann zum Tragen gekommen ist, wenn es um die Weiterentwicklung und Zukunftssicherung der Pharmazie insgesamt ging. Ebenso setzt der Geschäftsführer des ebenfalls in Bonn ansässigen Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) Dr. Bernd Eberwein auf die Hochschule als Keimzelle nicht nur für die Grundlagen-, sondern auch für die angewandte Forschung. Gerade jetzt, da die Belastung des Mittelstandes durch die Gesundheitsreform voraussichtlich immer mehr zunimmt und mit einer weiteren Einschränkung der Industrieforschung zu rechnen ist, plädiert Eberwein für einen unverkrampften Umgang zwischen Hochschule und Industrie.
Mohr und die Bonner Pharmazie Das Leben und Werk Carl Friedrich Mohrs (1806 1879), der Quellen zufolge das Leben in dem schönen Bonn sehr angenehm fand, beleuchteten Prof. Dr. Ch. Friedrich vom Institut für Geschichte der Pharmazie der Universität Marburg und Prof. Dr. W. Alt, Interdisziplinäre Gruppe Theoretische Biologie am Institut für zelluläre und molekulare Botanik der Universität Bonn. Carl Friedrich Mohr war von 1867 bis zu seinem Tod 1879 Professor für Pharmazie in Bonn. Er studierte in Bonn und Berlin Pharmazie und absolvierte eine Lehre in der Apotheke seines Vaters in Koblenz. Die Promotion erwarb Mohr in Heidelberg bei Gmelin und kehrte danach nach Koblenz zurück, wo er im Jahr 1840 zunächst die väterliche Mohren-Apotheke übernahm. Recht bald sehnte er sich jedoch wieder nach der rein wissenschaftlichen Forschung. Nachdem der erste Versuch, sich an der Universität Bonn zu habilitieren, misslang, weil er dort nicht promoviert hatte, verkaufte er seine Apotheke, um sich 1859 in Berlin und schließlich 1864 nochmals in Bonn zu habilitieren. Am 1. Oktober 1867 ernannte man ihn schließlich zum Extraordinarius für Pharmazie und übergab ihm gleichzeitig den Pharmazeutischen Apparat zur Verwaltung, dem er bis zu seinem Tode am 28. September 1879 vorstand.
Vielseitiger Wissenschaftler Als Mohrs größte wissenschaftliche Leistungen sind die Entwicklung der Maßanalyse (Bestimmung von Chlorid nach Mohr, Mohrsche Waage, Mohrsches Salz u. a.) und seine praktischen Beiträge zur Entwicklung der Laboratoriumstechnik zu nennen. Außerdem schrieb er ein Dutzend Bücher, daneben Kommentare zur preußischen Pharmakopöe. Getragen von dem Grundsatz: Das Erkennen der Natur ist die erhabenste Aufgabe des menschlichen Geistes war Carl Friedrich Mohr außerordentlich vielseitig interessiert und aktiv, was allerlei Anekdoten zufolge bei den Vertretern benachbarter Disziplinen nicht immer auf Gegenliebe stieß und ihm mancherlei kollegiale Konflikte eintrug. Neben seiner naturwissenschaftlichen Umtriebigkeit beschäftigte er sich auf seinem Landgut bei Metternich außerdem mit Problemen der Landwirtschaft und des Weinbaus.
Geschichte der Bonner Institute Einen Streifzug durch die jüngere Geschichte der Bonner Pharmazie, vor allem der Baulichkei–ten, vollzog Prof. Dr. G. Rücker, der das Pharmazeutische Institut in Poppelsdorf lange Jahre geleitet hat. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich der damalige Direktor des Chemischen Instituts Paul Pfeiffer erfolgreich für die Wiedereinrichtung der Pharmazie in Bonn eingesetzt. Im Jahr 1949 erhielt Karl Winterfeld aus Freiburg den Ruf als Direktor des Pharmazeutischen Instituts. Er erwirkte einen für die damalige Zeit großzügigen Neubau am Kreuzbergweg 26 in Poppelsdorf. Dieser wurde 1956 eingeweiht, musste schon 1961 erweitert werden und platzte wegen des großen Andrangs an Pharmaziestudierenden in den späten 60er Jahren erneut aus allen Nähten. So wurde im Jahr 1971 ein großer Verfügungsbau in Endenich (AVZ II) bezogen, der auch die Pharmazeutische Technologie aufnahm. Leiter der Pharmazeutischen Chemie in Endenich wurde Prof. Dr. H. J. Roth, am Kreuzbergweg verblieb Prof. Dr. F. –Zymalkowski. Das Institut in Endenich wurde 1994 erstmals renoviert. Da das Institut am Kreuzbergweg in Poppelsdorf in technischer Hinsicht nicht mehr den Erfordernissen und Vorschriften entsprach, wurde nach langer und mühevoller Planung im Jahre 2000 ein Anbau an das Endenicher Institut begonnen, der ursprünglich die Pharmazeutische Chemie Poppelsdorf aufnehmen sollte. 1996 wurde die Planung jedoch dahingehend geändert, dass die Pharmazeutische Technologie sowie die Pharmakologie und Toxikologie dort untergebracht wurden. Für die Pharmazeutische Chemie sollte der Altbau in Endenich erneut renoviert werden. Wegen verschiedener Schwierigkeiten musste dieses Vorhaben jedoch immer weiter verschoben werden, so dass die endgültige Wiedervereinigung des Pharmazeutischen Instituts schließlich erst im August 2006 vollzogen werden konnte. '
Highlights der Pharmazie in Bonn 1997 Erstmalige Einführung einer Diplomprüfungsordnung für Pharma–zeuten in den alten Bundesländern 1999 Erste C3-Professur für Klinische Pharmazie in Deutschland 2001 Einrichtung des Graduiertenkollegs 677 Struktur und molekulare Interaktion als Basis der Arzneimittelwirkung innerhalb der Fachgruppe Pharmazie 2004 Einrichtung des ersten Lehrstuhls für Drug Regulatory Affairs in Europa Beteilung der Pharmazeutischen Chemie an dem interdisziplinären Graduiertenkolleg 804 Analyse von Zellfunktionen durch kombinatorische Chemie und Biochemie sowie an dem Sonderforschungsbereich 645 Regulation und Manipulation von biologischer Informationsübertragung in dynamischen Protein- und Lipidumgebungen .
Carl-Friedrich-Mohr-Preise Erstmals wurden bei der akademischen Feier an herausragende Absolventen des Pharmazie-Studiums (Notendurchschnitt 1,0) die Carl-Friedrich-Mohr-Preise, gestiftet von der Fa. Krewel-Meuselbach, Eitorf, verliehen. Eine Urkunde zusammen mit dem Preisgeld in Höhe von jeweils 100 Euro erhielten aus der Hand von Prof. Dr. C. E. Müller: Thomas Lentz, Alexander Müller, Lena Vogel und Joanna Waglewski.
Ich bin eine Endenicherin
{te}Der Vorsitzende der Fachgruppe Pharmazie Prof. Dr. U. Jaehde umschrieb die Herausforderung der Bonner Pharmazeuten vor diesem Hintergrund wie folgt: Nach 35 Jahren kann nun wieder zusammenwachsen, was zusammen gehört. Wenn auch Reibungsverluste zwangsläufig nicht ausbleiben, so werden diese durch die neue Situation doch bei weitem aufgewogen, meint Prof. Dr. C. E. Müller vom Pharmazeutischen Institut der Universität Bonn. Sie hofft nun, auch die noch aushäusige Pharmazeutische Biologie recht bald an den gemeinsamen Standort nachholen zu können. Pläne hierzu gibt es bereits. Und obwohl selbst über das Poppelsdorfer Institut in die Bonner Pharmazie eingestiegen, ging Müller das abschließende Bekenntnis Ich bin eine Endenicherin schon recht überzeugend über die Lippen.
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