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Gesundheitsreform: Kassen warnen vor Gesundheitsfonds

BERLIN (ks). Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen machen weiterhin mobil gegen die geplante Gesundheitsreform. Trotz der Warnungen aus dem Bundesgesundheitsministerium betreiben sie verstärkt "Aufklärungsarbeit". Auf einem Presseseminar am 11. August in Berlin betonten Kassenvertreter, dass der Gesundheitsfonds die Finanzprobleme der GKV nicht lösen werde. Statt dessen belaste er die Versicherten und führe zu wesentlich mehr Bürokratie.

Die Vorstandsvorsitzende der Ersatzkassenverbände VdAK/AEV Doris Pfeiffer prognostiziert eine Finanzierungslücke der Kassen von 13,1 Mrd. Euro bis zum Jahr 2009. In der Rechnung berücksichtigt sind die erhöhte Mehrwertsteuer, die Steuerzuschüsse des Bundes sowie die Auswirkungen des AVWG. Hinzu kommen Pfeiffer zufolge Schulden in Höhe von (unsaldiert) 3,7 Mrd. Euro. Um diese Finanzlücke zu schultern, müssten die Kassenbeiträge von derzeit 14,5 auf 15,7 Prozent im Jahr 2009 steigen. Schon im kommenden Jahr werde eine Anhebung der Beiträge um durchschnittlich 0,5 Prozentpunkte, wie in den Reform-Eckpunkten vorgesehen, nicht ausreichen. Für realistischer hält Pfeiffer eine Steigerung um mindestens 0,7 Prozentpunkte. Würde der Beitragssatz bis zur geplanten Einführung des Fonds im Jahr 2008 derart nach oben klettern, müsste der Gesetzgeber den Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil entsprechend hoch festsetzen. Soll dies aus politischen Gründen vermieden werden, würden die Versicherten die Lasten tragen: Entweder über hohe Zusatzprämien oder Leistungsausgrenzungen. Pfeiffer rechnet damit, dass die Kassen die Prämien "sehr schnell sehr deutlich anheben müssen, um ihre Ausgaben finanzieren zu können".

AOK für Arzneimittel-Positivlisten Hans Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes verwies auf Berechnungen der Kassen, wonach sich durch den Fonds allein die Verwaltungskosten von jetzt 1,3 Mrd. auf dann 2,5 Mrd. Euro fast verdoppeln werden. Zudem kritisierte er das Vorhaben der Großen Koalition, den Einfluss des Gesundheitsministeriums auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) zu verstärken. Damit werde das staatsferne Gremium in eine staatliche Regulierungsbehörde verwandelt, durch die der Staat direkten Einfluss auf den Leistungskatalog der Krankenkassen nehmen könnte. Auch eine Stärkung des Wettbewerbs kann Ahrens in der geplanten Reform nicht erkennen. Bei den großen Ausgabenblöcken (stationäre Versorgung, ambulante ärztliche und zahnärztliche Behandlung und Arzneimittel) werde das Leistungsgeschehen ohnehin weitgehend staatlich vorgegeben. Die Möglichkeiten des Wettbewerbs seien somit "nur marginal" – er werde daher letztlich nur über die Prämien und nicht über eine vernünftige Versorgung von Kranken laufen. Statt mehr staatlicher Einflussnahme fordert Ahrens einen größeren Spielraum für Wettbewerb und Innovationen. Beispielsweise könne man im Arzneimittelbereich schnell in einen echten Vertragswettbewerb einsteigen, wenn die Krankenkassen nicht mehr jedes vom Arzt verschriebene Präparat erstatten müssten. Stattdessen sollten sie kassenindividuelle Positivlisten aufstellen können und nur noch mindestens ein Arzneimittel eines bestimmten Wirkstoffes bezahlen müssen.

Dialog mit dem BMG wird fortgesetzt Am 16. August sollte im Bundesgesundheitsministerium erneut ein Treffen mit Kassenvertretern stattfinden. Dabei sollte über den Schuldenabbau der Kassen gesprochen werden. Voraussetzung für die Einführung des Gesundheitsfonds ist eine Schuldenfreiheit der Kassen. Ahrens hat bereits angekündigt, dass ein Teil der AOKs dies bis 2008 nicht schaffen wird. Unions-Fraktionschef Volker Kauder betonte indessen, dass man am 1. Januar 2008 als Starttermin für den Gesundheitsfonds festhalte.

Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen machen weiterhin mobil gegen die geplante Gesundheitsreform. Trotz der Warnungen aus dem Gesundheitsministerium betreiben sie verstärkt "Aufklärungs–arbeit". Auf einem Presseseminar betonten Kassenvertreter, dass der Fonds die Finanzprobleme der GKV nicht lösen werde.

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