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Die Seite 3
... aber wer nicht kämpft, hat schon verloren" – dieses Zitat von Bert Brecht, dessen 50. Todestag am 14. August gedacht wurde, passt, so finde ich, zur jetzigen Lage der deutschen Apotheker. Natürlich waren auch wir schockiert, ja deprimiert, als wir erfuhren, dass das Landgericht Saarbrücken den Antrag auf Schließung der DocMorris-Apotheke in der vergangenen Woche abgewiesen hatte. Für einen Bürger, für uns Apotheker ist dies zunächst nicht nachvollziehbar. Da gibt es ein Apothekengesetz, das schwarz auf weiß besagt, dass nur einem approbierten Apotheker die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke erteilt werden darf, und ein Landesminister setzt sich keck darüber hinweg und gewährt einem ausländischen Konzern die Eröffnung einer Apotheke in Deutschland. Er beruft sich dabei auf ein Gutachten, das letztlich zu dem Schluss kommt, dass das deutsche Fremdbesitzverbot gegen Europarecht verstoße.
Man kann mit juristischen Ableitungen zu dieser Ansicht kommen, aber trotzdem wäre der korrekte rechtsstaatliche Weg ein anderer gewesen: Ablehnung des DocMorris-Antrags, DocMorris klagt – und dann entscheiden die Gerichte. Nicht so im Saarland, wo Josef Hecken (CDU) als Justiz-, Gesundheits- und Sozialminister regiert. Er hat in einer selbstherrlichen, anarchistischen Tat der DocMorris-Kapitalgesellschaft die Erlaubnis erteilt, weil er glaubt, dass der Zwang europäischen Rechts schwerer wiege als deutsches Recht. Er wollte sich von Europa nicht verklagen lassen und ging daher den anderen Weg. Jetzt wird er vom Deutschen Apothekerverband, der Apothekerkammer des Landes Saarland und Apothekern verklagt, wovon er sich sichtlich weniger bedroht fühlt als von Europa.
Hecken, den die Frankfurter Sonntags Zeitung (FAS) in ihrer letzten Ausgabe als "Apothekerschreck" bezeichnet, scheint sich in seiner Rolle recht wohl zu fühlen. Auf der Pressekonferenz zur Vorstellung des von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens Mitte vergangener Woche machte er keinen Hehl daraus, dass er mit seinem Rechtsbruch mehr im Sinn hat. Er möchte Fakten schaffen im Apothekenwesen: weg mit den alten Zöpfen und Pfründen der Apotheker, endlich mehr Marktwirtschaft durch mehr Wettbewerb, durch Fremdbesitz und Vielbesitz von Apotheken. Und alles wird danach besser und billiger – glaubt zumindest Herr Hecken. Und so nebenbei – so wittert er insgeheim – kann er sich, der einstige Metro-Mann, Blüm-Adlatus und kleine CDU-Minister im Saarland, mit dieser Tat womöglich noch ein Denkmal setzen und möglicherweise irgendwann aufsteigen.
Die Medien fuhren voll auf das Gespann Hecken-Däinghaus ab. Sie gehen schon davon aus, dass, so die FAS, "der Umbruch in der Branche nicht mehr aufzuhalten ist". Ohne über die möglichen nachteiligen Konsequenzen nachzudenken, wenn das Fremd- und Mehrbesitzverbot fallen würde, werden nahezu euphorisch vermeintliche Vorteile beschworen: niedrigere Arzneimittelpreise und Einsparungen für unser Gesundheitswesen.
Der SPD-Politiker Lauterbach sieht sogar eine bessere Versorgung der Patienten, wenn das Fremd- und Mehrbesitzverbot fällt. Eine richtige Rechnung und Erklärung, wie die Ersparnisse und bessere Versorgung tatsächlich zustanden kommen sollen, habe ich nirgendwo gefunden. Das Medienspektakel gleicht einer riesigen Stimmungsmache gegen die Apotheke als Einzelunternehmen, gegen das etablierte System. Motto: Es soll anders werden – ob es besser wird, weiß niemand.
Darüber nachzudenken, was wir als Apothekerinnen und Apotheker in der Vergangenheit falsch gemacht haben, ist müßig. Dass etwas falsch gelaufen ist, zeigt die Stimmung. Aber schon jetzt aufzugeben, ist nicht angebracht. Ich bin überzeugt, dass unser heutiges Apothekensystem mit der Individualapotheke das Beste ist, das Deutschland jemals hatte.
Sicher, es gibt einige Schwachstellen, die ausgemerzt werden können. Was uns aber nicht abhalten sollte, für unser System einzutreten und zu kämpfen - ganz im Sinne von Brecht. Denn es gibt sie, die Chancen auf Erfolg: Die Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken war weniger als ein Etappensieg, wie Hecken ihn nannte. Die richtige Entscheidung steht erst noch aus – vor dem Verwaltungsgericht Saarlouis, das mit Ruhe und großer Sorgfalt den Sachverhalt zu prüfen hat. Erst dann wird es spannend. Sollte auch dieses Gericht wider Erwarten gegen unser heutiges System entscheiden, ist die letzte Hürde der Europäische Gerichtshof - und hier stehen die Chancen immerhin 50:50. Also, es lohnt sich zu kämpfen, denn erst dann kann man gewinnen.
Peter Ditzel
"Wer kämpft, kann verlieren, ...
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