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Recht
Berliner Versandurteil – Tragwei
Das Kammergericht hat mit seinem Urteil erheblich zur Versachlichung der stark politisierten Diskussion um den Versandhandel mit Arzneimitteln beigetragen. Das Urteil ist in dieser Zeitschrift schon von Rotta vorgestellt worden.[1] Der nachfolgende Beitrag ordnet die Regelung der Versandbefugnis für ausländische Apotheken, wie sie sich nach dem Urteil des Kammergerichts darstellt, in das vom deutschen Recht angelegte System der grenzüberschreitenden Arzneimittelversorgung und deren behördlicher Überwachung ein.
Versandbefugnis und Anforderungen
an den Versand
Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG dürfen
- Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder Registrierung unterliegen,
- in den Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verbracht werden, wenn sie
- zum Verkehr im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes zugelassen oder registriert oder von der Zulassung oder Registrierung freigestellt sind und
- im Falle des Versandes an den Endverbraucher das Arzneimittel zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt ist und
- von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, welche
- für den Versandhandel nach ihrem nationalen Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder
- nach dem deutschen Apothekengesetz befugt ist,
- entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird.
Nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG veröffentlicht das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte Übersicht über die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die anderen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums, in denen für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen.
Die – wenig übersichtlichen – Bestimmungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a und Satz 3 AMG sind Teil der Regelungen, die das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz-GMG) vom 14. November 2003[2] zur Einführung der Versanderlaubnis für Apotheken hinsichtlich apotheken- und verschreibungspflichtiger Arzneimittel in das Arzneimittelgesetz, das Apothekengesetz und die Apothekenbetriebsordnung eingefügt hat.[3] Der Inhalt des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG wird beherrschbarer, wenn man ihn nach den unterschiedlichen Arten der von ihm genannten produktbezogenen, gebietsbezogenen, empfängerbezogenen, absenderbezogenen und tätigkeitsbezogenen Voraussetzungen unterteilt.
Die Versandbefugnis betrifft primär die absender- und gebietsbezogenen Voraussetzungen sowie deren Abgrenzung zu den tätigkeitsbezogenen Voraussetzungen. Die deutsche Regelung über die Versandbefugnis von Apotheken anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist allerdings nur vor dem Hintergrund der Voraussetzungen für die Erteilung einer Versanderlaubnis nach dem deutschen Apothekengesetz verständlich.
§ 11a Apothekenbetriebsordnung Versandhandel, Erlaubnis
Die Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes ist dem Inhaber einer Erlaubnis nach § 2 auf Antrag zu erteilen, wenn er schriftlich versichert, dass er im Falle der Erteilung der Erlaubnis folgende Anforderungen erfüllen wird: 1. Der Versand wird aus einer öffentlichen Apotheke zusätzlich zu dem üblichen Apothekenbetrieb und nach den dafür geltenden Vorschriften erfolgen, soweit für den Versandhandel keine gesonderten Vorschriften bestehen.
2. Mit einem Qualitätssicherungssystem wird sichergestellt, dass a) das zu versendende Arzneimittel so verpackt, transportiert und ausgeliefert wird, dass seine Qualität und Wirksamkeit erhalten bleibt, b) das versandte Arzneimittel der Person ausgeliefert wird, die von dem Auftraggeber der Bestellung der Apotheke mitgeteilt wird. Diese Festlegung kann insbesondere die Aushändigung an eine namentlich benannte natürliche Person oder einen benannten Personenkreis beinhalten, c) die Patientin oder der Patient auf das Erfordernis hingewiesen wird, mit dem behandelnden Arzt Kontakt aufzunehmen, sofern Probleme bei der Medikation auftreten und d) die Beratung durch pharmazeutisches Personal in deutscher Sprache erfolgen wird.
3. Es wird sichergestellt, dass a) innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang der Bestellung das bestellte Arzneimittel versandt wird, soweit das Arzneimittel in dieser Zeit zur Verfügung steht, es sei denn, es wurde eine andere Absprache mit der Person getroffen, die das Arzneimittel bestellt hat; soweit erkennbar ist, dass das bestellte Arzneimittel nicht innerhalb der in Satz 1 genannten Frist versendet werden kann, ist der Besteller in geeigneter Weise davon zu unterrichten, b) alle bestellten Arzneimittel geliefert werden, soweit sie im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes in den Verkehr gebracht werden dürfen und verfügbar sind, c) für den Fall von bekannt gewordenen Risiken bei Arzneimitteln ein geeignetes System zur Meldung solcher Risiken durch Kunden, zur Information der Kunden über solche Risiken und zu innerbetrieblichen Abwehrmaßnahmen zur Verfügung steht, d) eine kostenfreie Zweitzustellung veranlasst wird, e) ein System zur Sendungsverfolgung unterhalten wird und f) eine Transportversicherung abgeschlossen wird.
Im Falle des elektronischen Handels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Apotheke auch über die dafür geeigneten Einrichtungen und Geräte verfügen wird.
Voraussetzungen
für deutsche Versandgenehmigungen
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG, die nicht durch die Vorschriften des § 44 AMG oder der nach § 45 Abs. 1 AMG erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, außer in den Fällen des § 47 AMG berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden; das Nähere regelt das Apothekengesetz.
Gemäß § 11a ApoG ist dem Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke nach § 2 ApoG die Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG auf Antrag zu erteilen, wenn er schriftlich versichert, dass er im Falle der Erteilung der Erlaubnis die in § 11a ApoG im einzelnen aufgeführten Anforderungen an die Durchführung des Versandes erfüllen wird.
Die deutsche Versandgenehmigung ist also allein aufgrund einer entsprechenden schriftlichen Versicherung des Inhabers einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke gemäß § 2 ApoG zu erteilen. Das deutsche Recht trennt somit zwischen der personenbezogenen Versandbefugnis einerseits und den tätigkeitsbezogenen Anforderungen an die Durchführung des Versandes andererseits, wie sie sich aus den §§ 11a, 11b ApoG und § 17 Abs. 2a ApoG ergeben. Beide Arten von Voraussetzungen müssen für die Rechtmäßigkeit des Versandes erfüllt sein. Allein die Einhaltung der Anforderungen an die Durchführung des Versandes ohne Versanderlaubnis genügte grundsätzlich ebenso wenig wie umgekehrt die Innehabung der Versanderlaubnis ohne Einhaltung der Anforderungen an die Durchführung des Versandes.
§ 73 Abs. 1 Nr. 1a Arzneimittelgesetz Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder zur Registrierung unterliegen, dürfen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes (...) nur verbracht werden, wenn sie zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen oder registriert oder von der Zulassung oder Registrierung freigestellt sind und 1. (...) 1a. Im Falle des Versandes an den Endverbraucher das Arzneimittel zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt ist und von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, welche für den Versandhandel nach ihrem nationalen Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder nach dem deutschen Apothekengesetz befugt ist, entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird. 2. (...) (...) Das Bundesministerium veröffentlicht in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte Übersicht über die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die anderen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums, in denen für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen.
Sicherheitsfunktion
der Versandbefugnis Anderseits sind beide Voraussetzungen inhaltlich miteinander verknüpft. In der schriftlichen Versicherung des Apothekers gemäß § 11a ApoG, auf deren Grundlage die Versanderlaubnis erteilt wird, ist jede einzelne, in § 11a ApoG aufgeführte Anforderung an den Versand aufzuführen. Mit dem Genehmigungserfordernis werden deshalb im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt. Zum einen erhalten die Behörden davon Kenntnis, dass eine Apotheke apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel nunmehr auch im Wege des Versandes an Endverbraucher abgibt.
Dadurch wird die Überwachung der Versandtätigkeit – und gegebenenfalls die zwingende Untersagung nach Rücknahme oder Widerruf der Versanderlaubnis wegen Nichteinhaltung der Anforderungen an den Versand gemäß § 11b ApoG i.V.m. § 5 ApoG – ermöglicht und erleichtert (Anzeigefunktion). Zum anderen wird sichergestellt, dass der versendenden Apotheke die besonderen Anforderungen an den Versand bekannt sind (Hinweisfunktion).
Sinn und Zweck des Erlaubniserfordernisses ist es somit, die Einhaltung der deutschen Anforderungen an den Versand zusätzlich sicherzustellen. Das Erlaubniserfordernis ist somit eine begleitende Sicherungsmaßnahme, die die Wahrscheinlichkeit für die Einhaltung der Anforderungen an den Versand zusätzlich erhöhen soll (Sicherheitsfunktion).
Absenderbezogene Anforderungen
des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG an EU-oder EWR-Apotheken Vor dem Hintergrund dieser Sicherungsfunktion sind auch die spezifischen absenderbezogenen Anforderungen zu sehen, die § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG an die Versandbefugnis von Apotheken eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum stellt. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG sieht für solche Apotheken insoweit eine Wahlmöglichkeit vor. EU- und EWR-Apotheken können die Versandbefugnis entweder – gewissermaßen automatisch – dadurch erlangen, dass ihr "nationales Recht dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht" und sie nach ihrem nationalen Recht "für den Versandhandel befugt" sind.
Sie können die Versandbefugnis aber auch "nach dem deutschen Apothekengesetz" erlangen. In beiden Fällen muss die Durchführung des Versandes selbst allerdings "entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel" erfolgen.
Versandbefugnis nach
dem deutschen Apothekengesetz Die Erlangung der Versandbefugnis nach dem deutschen Apothekengesetz durch EU- oder EWR-Apotheken ist der international-verwaltungsrechtliche Normalfall. Unternehmen, die in Deutschland öffentlich-rechtlich regulierte Tätigkeiten ausüben, unterliegen, auch wenn sie nicht über einen Sitz in Deutschland verfügen, hinsichtlich ihrer Tätigkeit in Deutschland grundsätzlich dem materiellen deutschen öffentlichen Recht. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG ist insoweit Bestandteil des deutschen Internationalen Öffentlichen Rechts, das die Anwendbarkeit materiellen deutschen öffentlichen Rechts auf ausländische Unternehmen regelt.[4]
Er ordnet an, dass auch ausländische Apotheken, soweit sie Arzneimittel im Wege des Versandes an Endverbraucher in den Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verbringen, diesen Versand "entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel" durchführen müssen. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG bestätigt damit die extraterritoriale Geltung des deutschen Rechts auch im Falle einer Tätigkeit aus dem Ausland.
Unternehmen, die in Deutschland genehmigungspflichtige und/oder behördlich überwachte Tätigkeiten ausüben, unterliegen, auch wenn sie nicht über einen Sitz in Deutschland verfügen, hinsichtlich ihrer Tätigkeit in Deutschland darüber hinaus auch der Genehmigungspflicht und/oder Überwachung durch die deutschen Behörden, soweit das deutsche Recht unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts nichts anderes bestimmt. Darüber hinaus sind nur die deutschen Behörden öffentlich-rechtlich ermächtigt, deutsche Genehmigungen zu erteilen und die Einhaltung des deutschen öffentlichen Rechts durchzusetzen.
Die Erteilung öffentlich-rechtlicher Genehmigungen und die zwangsweise Durchsetzung öffentlichen Rechts sind Ausübung hoheitlicher Gewalt. Sie sind deshalb Angelegenheit des Staates, dessen Genehmigung erteilt bzw. dessen Recht durchgesetzt werden soll. Sie sind deshalb auch Angelegenheit der Behörden dieses Staates.[5]
Im Falle des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a ApoG sind deshalb die deutschen Behörden für die Überwachung der Versandtätigkeit ausländischer Apotheken nach Deutschland nach Maßgabe der §§ 64 ff. AMG zuständig. Gemäß Art. 83 des Grundgesetzes (GG) fällt die verhaltensbezogene Überwachung in die Zuständigkeit der Länder.6 Nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen richtet sich die örtliche Zuständigkeit bei Unternehmen ohne Sitz oder Betriebsstätte in Deutschland nach dem Bezirk, in dem der Anlass für die Amtshandlung hervortritt.[7]
Beim Vertrieb von Arzneimitteln an Endverbraucher in Deutschland ist dies jeder Ort, an dem die Arzneimittel ausgehändigt werden. Beim bundesweiten Versand von Arzneimitteln an Endverbraucher durch ausländische Apotheken sind somit sämtliche sachlich für die Überwachung von Apotheken zuständigen Landesbehörden auch örtlich zuständig.[8]
Dementsprechend sind im Falle eines vorgesehenen bundesweiten Versandes auch sämtliche sachlich für die Erteilung von Erlaubnissen für Apotheken zuständigen Landesbehörden örtlich für die Erteilung einer Versanderlaubnis nach § 11a ApoG an EU- oder EWR-Apotheken zuständig. Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis ist gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG i.V.m. § 11a ApoG, dass es sich bei dem Antragsteller um den Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke innerhalb eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum handelt[9] und er im Rahmen seines Antrags auf Erteilung der Erlaubnis gemäß § 11a ApoG schriftlich versichert, dass er im Falle der Erteilung der Erlaubnis die in § 11a ApoG im einzelnen aufgeführten Anforderungen an die Durchführung des Versandes erfüllen wird. Damit sind sowohl die Anzeigefunktion wie auch die Hinweisfunktion des Erlaubniserfordernisses erfüllt.
Versandbefugnis nach nationalem Recht
Komplexer ist die Situation bei der zweiten Alternative für EU- und EWR-Apotheken, der Versandbefugnis nach nationalem Recht. Der deutsche Gesetzgeber geht hier von einer Gleichwertigkeit der Versandbefugnis nach nationalem Recht mit der Versandbefugnis nach deutschem Recht aus, sofern das nationale Recht "dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht".
Dies ist nachvollziehbar, soweit die Hinweisfunktion betroffen ist. Entsprechen die nationalen Vorschriften im Herkunftsstaat dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel und ist die betreffende Apotheke nach den nationalen Vorschriften im Herkunftsstaat zu einem solchen Versandhandel befugt, so ist es nicht unvertretbar, davon auszugehen, dass dieser Apotheke die Vorschriften zum Versandhandel bekannt sind. Allerdings setzt die Gleichwertigkeit der Hinweisfunktion in diesem Fall zumindest voraus, dass die nationalen Bestimmungen des Herkunftsstaats denjenigen des deutschen Rechts entsprechen.
Andernfalls läge in den nationalen Bestimmungen des Herkunftsstaats zum Versandhandel nicht zugleich eine Information über die deutschen Bestimmungen zum Versandhandel und nicht zugleich eine hinreichende Gewähr für die Kenntnis der besonderen (deutschen) Bestimmungen über den Arzneimittelversand. Ohne die Entsprechung der Bestimmungen zum Versandhandel führte die Hinweisfunktion des nationalen Rechts somit in Bezug auf das deutsche Recht in die Irre.
Obgleich es auf den ersten Blick als eine unzulässige Vermischung der Voraussetzungen für die Versandbefugnis einerseits und der Anforderungen an die Durchführung des Versandes andererseits erscheint, ist es bei näherer Betrachtung somit konsequent, wenn es der deutsche Gesetzgeber für die automatische Versandbefugnis von EU- oder EWR-Apotheken zur Voraussetzung macht, dass die Bestimmungen des Herkunftsstaates zum Versandhandel den deutschen Bestimmungen zum Versandhandel entsprechen. Denn nur dann ist es vertretbar, auf den gesonderten Nachweis der Kenntnis der besonderen deutschen Bestimmungen zum Versandhandel, den die schriftliche Versicherung i.S.d. § 11a ApoG letztlich darstellt, zu verzichten.[10]
Inkonsequent ist es allerdings vom deutschen Gesetzgeber, auf die Anzeigefunktion zu verzichten. Denn anders als im Falle der Erteilung einer deutschen Versanderlaubnis erhalten die deutschen Behörden bei der automatischen Versandbefugnis überhaupt keine – offizielle – Kenntnis davon, dass eine EU- oder EWR-Apotheke Arzneimittel an Endverbraucher nach Deutschland versendet. Die deutschen Behörden sind deshalb in diesem Fall schon von vornherein nicht in der Lage, die Versandtätigkeit der betreffenden EU- oder EWR-Apotheke daraufhin zu überwachen, ob sie entsprechend den deutschen Vorschriften erfolgt.
Auf die Anzeigefunktion kann auch nicht mit der Erwägung verzichtet werden, dass die Versandtätigkeit der ausländischen Apotheke durch die für deren Überwachung zuständigen nationalen Behörden überwacht wird. Eine solche Überwachung durch die Behörden des Herkunftsstaates findet nämlich nicht statt. Sie findet schon deshalb nicht statt, weil die Behörden des Herkunftsstaates jeweils nur für die Überwachung der Tätigkeit der ausländischen Apotheken in deren Herkunftsstaat zuständig sind. Sie sind demgegenüber nicht für die Überwachung der Auslandstätigkeit ihrer Apotheken zuständig.
Die nationalen Behörden des Herkunftsstaates sind deshalb auch nicht ermächtigt, Apotheken mit Sitz in ihrem Staat etwa den Versand von Arzneimitteln an Endverbraucher nach Deutschland oder Verstöße gegen die deutschen Bestimmungen zum Versandhandel per Verwaltungsakt zu untersagen. Vielmehr ist die Durchsetzung des öffentlichen Rechts des Bestimmungslandes, zu dem das Arzneimittel- und Apothekenrecht gehören, wie schon dargestellt Ausübung der Hoheitsgewalt des Bestimmungslandes und damit Angelegenheit der Behörden des Bestimmungslandes, beim Versand an Endverbraucher nach Deutschland also der deutschen Behörden.[11] Im Hinblick auf die sich andernfalls ergebenden Sicherheitslücken ist die Alternative "automatische Versandbefugnis nach nationalem Recht" gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG sehr streng auszulegen.12
Das Urteil des Kammergerichts vom 9.11.2004Bedeutung über den Einzelfall hinaus.
Das Urteil des Kammergerichts erging nicht gegen eine ausländische Versandapotheke, sondern formal in einem Wettbewerbsprozess eines Verbands gegen den ehemaligen verantwortlichen Apotheker einer Versandapotheke in den Niederlanden. Es ist deshalb nicht gegen die betreffende Versandapotheke vollstreckbar. Gleichwohl hat es für alle Apotheken in den Niederlanden, die ohne deutsche Versanderlaubnis apotheken- oder gar verschreibungspflichtige Arzneimittel an Endverbraucher in Deutschland senden, erhebliche Konsequenzen.
Es stellt nämlich in der Sache fest, dass deren Versandtätigkeit aus objektiven, von der einzelnen Apotheke unabhängigen Gründen schon kraft Gesetzes rechtswidrig ist, weil das einschlägige niederländische Recht nicht dem einschlägigen deutschen Recht entspricht. Damit ist niederländischen Apotheken, die nicht über eine deutsche Versanderlaubnis verfügen, der Versand apotheken- oder verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Endverbraucher in Deutschland generell schon kraft Gesetzes verboten.
Das Kammergericht hat entsprechend dazu verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr apothekenpflichtige Arzneimittel für den Endverbraucher in der Bundesrepublik Deutschland im Wege des Versandhandels in den Verkehr zu bringen, oder für den Bezug im Wege des Versandhandels durch den letzten Verbraucher in der Bundesrepublik zu werben, sofern es sich um verschreibungspflichtige Arzneimittel und/oder um solche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel handelt, für die eine in Deutschland gültige Arzneimittelzulassung nicht besteht.
Keine automatische Versandbefugnis nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG.
Das Kammergericht führte zur Begründung seines Urteils im wesentlichen an, dass die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG für das Inverkehrbringen von in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln im Falle gezielt agierender Versandapotheken nicht vorliegen.
Hinsichtlich der in Deutschland zugelassenen, verschreibungspflichtigen Arzneimittel begründete das Kammergericht sein Urteil mit der Erwägung, dass das Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel auch nach der DocMorris-Entscheidung des EuGH[13] gemeinschaftsrechtlich zulässig sei, die Voraussetzungen für eine automatische Versandbefugnis niederländischer Apotheken gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG aber nicht vorlägen, weil die niederländischen Anforderungen an den Versand von Arzneimitteln nicht den deutschen Anforderungen entsprächen. Dazu stellte es in zutreffend strenger Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a 1. Alt. AMG einen ins Detail gehenden Vergleich des niederländischen Arzneimittelversandrechts mit dem deutschen Arzneimittelversandrecht an.[14]
Bedeutung der Übersicht nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG.
Das Kammergericht wies in seinem Urteil auch darauf hin, dass eine Übersicht gemäß § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG noch nicht veröffentlicht worden ist. Daher seien die Voraussetzungen der Vergleichbarkeit im jeweiligen Einzelfall des gerichtlichen Verfahrens zur prüfen.
Die Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG und die Ausführungen des Kammergerichts werfen die Frage auf, welche Bedeutung eine vom BMGS, also der Exekutive, erstellte Übersicht nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG für Gerichte hat. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass die Übersicht nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG sowohl Sachverhaltselemente wie auch Elemente der rechtlichen Wertung enthält. Die abschließende rechtliche Bewertung von Einzelfällen ist jedoch in aller Regel Rechtsprechung. Nach Art. 92 GG ist die rechtsprechende Gewalt aber den Richtern anvertraut, also Sache der Judikative und nicht der Exekutive.
Schon im Hinblick auf diese verfassungsrechtliche Vorgabe kann § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG nicht dahingehend verstanden werden, dass die Gericht an die Übersicht gebunden sein sollen.
Darüber hinaus sind die Gerichte nach Art. 20 Abs. 3 GG nur an Recht und Gesetz gebunden. Die Übersicht nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG ist aber weder Recht noch Gesetz. Dies gilt um so mehr, als § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG keinerlei Anforderungen an das Zustandekommen der Übersicht stellt. Im Falle einer Bindungswirkung der Übersicht könnte der sich aus § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG ergebende Wille des Gesetzgebers durch die Exekutive deshalb bis zu den Grenzen der Willkür unterlaufen werden.
Damit würden aber auch die Anforderungen, die das Grundgesetz an den Erlass verbindlicher Rechtsverordnungen durch die Exekutive gemäß Art. 80 GG stellt, umgangen. Da die Übersicht auch nicht durch die Bundesregierung erstellt wird und es an der gemäß Art. 84 Abs. 2 GG erforderlichen Zustimmung des Bundesrates fehlt, handelt es sich nicht einmal um allgemeine Verwaltungsvorschriften. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG keine Bindung der Gerichte an die Übersicht.
Nach der Amtlichen Begründung[15] soll die Übersicht nur "dem Verbraucher zur Orientierung beim Bezug von Arzneimitteln" und somit dem Schutz deutscher Verbraucher dienen. Im Hinblick auf diese "allgemeine Orientierungsfunktion" und die fehlende Entscheidungsfunktion findet auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berücksichtigung behördlicher Genehmigungen im Wettbewerbsrecht keine Anwendung.[16] Die Übersicht ist darüber hinaus regelmäßig zu aktualisieren. Die Notwendigkeit für eine solche Aktualisierung kann sich insbesondere auch aus Gerichtsentscheidungen ergeben, die zu von der Übersicht abweichenden Ergebnissen gelangen.
Im Hinblick auf die Verquickung von rechtlichen Wertungen und tatsächlichen Feststellungen kann die Übersicht auch nicht als eine Art antezipiertes Sachverständigengutachten angesehen werden. Aus alledem ergibt sich, dass eine Übersicht nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG, wenn sie denn erstellt wird, weder im Tatsächlichen noch im Rechtlichen Bindungswirkung gegenüber Gerichten entfaltet. Vielmehr sind die Gerichte jeweils zu einer selbstständigen Prüfung verpflichtet. Im Übrigen scheidet die Aufnahme der Niederlande in die Übersicht nach der Entscheidung des Kammergerichts nunmehr von vorneherein solange aus, bis in den Niederlanden ein dem deutschen Recht entsprechendes Arzneimittelversandrecht geschaffen wurde.
Geltung auch für nur apothekenpflichtige Arzneimittel.
In Bezug auf nur apothekenpflichtige Arzneimittel hat das Kammergericht gegen den klagenden Wettbewerbsverband entschieden. Dieser hatte seine Klage ursprünglich auch auf nur apothekenpflichtige Arzneimittel erstreckt, den Klagantrag insoweit aber für erledigt erklärt, nachdem der EuGH in seinem DocMorris-Urteil das strikte Versandverbot in Bezug auf nur apothekenpflichtige Arzneimittel für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt hatte. Nach dem Kammergericht war die von dem klagenden Verband insoweit nur noch als Antrag auf Feststellung der Erledigung aufrecht erhaltene Klage unbegründet, weil sie im Hinblick auf das DocMorris-Urteil des EuGH schon im Zeitpunkt der Klageerhebung unbegründet war und es darüber hinaus an einem erledigenden Ereignis fehlte.[17]
In diesem Punkt darf das Urteil des Kammergerichts allerdings nicht missverstanden werden. Das Urteil des Kammergerichts beruht in diesem Punkt ausschließlich auf dem prozessualen Verhalten des klagenden Wettbewerbsverbandes und der verfahrensrechtlichen Behandlung von erledigenden Ereignissen, die im Laufe eines schon anhängigen Prozesses eintreten. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt aber darin, dass durch das DocMorris-Urteil des EuGH in der Tat zwar zunächst das strikte Versandverbot für nur apothekenpflichtige Arzneimittel, soweit es auch den grenzüberschreitenden Versand durch Apotheken mit Sitz innerhalb der Europäischen Union betraf, von Anfang an nichtig war.
Damit fehlte es bei nur apothekenpflichtigen Arzneimitteln zunächst an jeglicher Einschränkung für die Zulässigkeit des grenzüberschreitenden Versandes als solcher. Mit der Neuregelung des Arzneimittelversandes durch das GMG zum 01.01.2004 trat dann aber hinsichtlich nur apothekenpflichtiger Arzneimittel auch für Apotheken mit Sitz innerhalb eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union insofern wieder eine Änderung ein, als auch für den Versand nur apothekenpflichtiger Arzneimittel das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt "eingeführt" wurde.
Im Verhältnis zur Rechtslage nach dem DocMorris-Urteil des EuGH wurde mit der Einführung der Versanderlaubnis zum 1.1.2004 somit die Lage bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln liberalisiert, die Lage bei nur apothekenpflichtigen Arzneimitteln aber (wieder) verschärft.
Gegen ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt bei nur apothekenpflichtigen Arzneimitteln bestehen auch nach der DocMorris-Entscheidung des EuGH keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken. Das Urteil des EuGH bezieht sich nur auf das strenge Versandverbot, nicht aber auf die Regelung bloßer Versandmodalitäten.[18] Das Erfordernis einer Versandbefugnis stellt aber eine bloße Versandmodalität dar, zumal vom Gesetz an die Versandbefugnis als solche keine hohen Anforderungen gestellt werden.
Das Erfordernis einer Versandbefugnis ist deshalb von der Entscheidung des EuGH nicht betroffen. Es ist gerade auch bei Anwendung der vom EuGH in seiner Entscheidung angewandten Grundsätze und im Hinblick auf den gemäß Art. 30 EG und Art. 152 Abs. 5 EG den Mitgliedstaaten überantworteten Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung im Bereich des Gesundheitswesens und in Anbetracht der vom Kammergericht getroffenen Feststellungen zur sachlichen Rechtfertigung der deutschen Versandmodalitäten nicht erkennbar, woraus sich eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit ergeben sollte.
Dies gilt um so mehr, als das Gemeinschaftsrecht selbst im Bereich des Großhandels mit Arzneimitteln gemäß Art. 77 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel das Genehmigungserfordernis für notwendig hält, um "die reale Kontrollmöglichkeit durch die zuständige Behörde [zu erweitern] und ... eine Ahndung von Verstößen [zu ermöglichen]".[19]
Hinsichtlich nur apothekenpflichtiger Arzneimittel wurde die Klage des Wettbewerbsverbandes also zunächst durch das Urteil des EuGH für eine kurze Zeit unbegründet. Durch die Neuregelung des Arzneimittelversandes zum 1.1.2004 wurde sie dann aber wieder begründet. Letzteres konnte das Kammergericht nur deshalb nicht entscheiden, weil es als Zivilgericht nicht über das hinausgehen darf, was der Kläger beantragt hat. Der klagende Wettbewerbsverband hatte aber – das Urteil des EuGH möglicherweise überinterpretierend – seine Klage auf verschreibungspflichtige und nicht zugelassene Arzneimittel beschränkt. Hätte er es bei dem ursprünglichen Klagantrag belassen, wäre seine Klage im Hinblick auf die Neuregelung des Versandes zum 1.1.2004 auch hinsichtlich nur apothekenpflichtige Arzneimittel begründet gewesen.
Weitreichende Konsequenzen über den Einzelfall hinaus
Dem Urteil des Kammergerichts ist zuzustimmen. Es bekräftigt insbesondere die Anwendbarkeit und Geltung des deutschen Rechts beim Versand von Arzneimitteln an Endverbraucher in Deutschland. Die – schon immer unverständliche – Vorstellung, ausländische Apotheken seien bei ihrer Versandtätigkeit nach Deutschland nicht an deutsches Recht gebunden, hat deren Kontrolle bislang gelähmt. Nach der inzwischen durch den EuGH, den deutschen Gesetzgeber und das Kammergericht erfolgten Klärung besteht für eine derartige Lähmung kein Grund mehr.
Das Urteil hat deshalb weitreichende Konsequenzen, und zwar nicht nur für den Apotheker, gegen den es ergangen ist, sondern für alle niederländischen Apotheken, die apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel an Endverbraucher in Deutschland versenden. Es beruht auf der objektiven Rechtslage in den Niederlanden und betrifft deshalb alle niederländischen Apotheken gleichermaßen. Es betrifft ferner sowohl verschreibungspflichtige als auch nur apothekenpflichtige Arzneimittel.
Niederländische Apotheken dürfen bis zu einer entsprechenden Änderung des niederländischen Rechts apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel an Endverbraucher in Deutschland nur versenden, wenn sie über eine von einer deutschen Behörde erteilte Versanderlaubnis gemäß § 11a ApoG verfügen.
Für die beteiligten Akteure in Deutschland eröffnet das Urteil neue Handlungsspielräume, für die Überwachungsbehörden und die gesetzlichen Krankenkassen sogar Handlungspflichten. Die deutschen Apotheken und ihre Verbände insbesondere mit Sitz in Berlin haben es nunmehr in der Hand, sich in weitergehendem Maße als bisher gegen ihre faktische Diskriminierung im Wettbewerb gegenüber ausländischen Apotheken zur Wehr zu setzen.
Auf Seiten der Überwachungsbehörden besteht, wie sich im Gegenschluss aus § 11b ApoG i.V.m. § 5 ApoG ergibt, nunmehr sogar die Pflicht, gegen den illegalen Versand apotheken- und verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch Apotheken aus den Niederlanden einzuschreiten. Das Urteil wird sich damit zugleich als ein Test für die Effizienz der internationalen Überwachung des Arzneimittelversandes erweisen.
Das Urteil ist aber vor allem auch für diejenigen gesetzlichen Krankenkassen von größter Bedeutung, die mit niederländischen Apotheken zusammenarbeiten. Nach der Rechtsprechung setzt die Vergütungsfähigkeit von Arzneimitteln voraus, dass auch die Abgabe des Arzneimittels formell und materiell "den gesetzlichen Regelungen" entspricht.20 Daran fehlt es bei der Abgabe von Arzneimitteln durch ausländische Apotheken ohne Versandbefugnis. Die Zahlung von Vergütungen an niederländische Apotheken ohne deutsche Versanderlaubnis war deshalb bislang rechtswidrig.
Die Krankenkassen sind deshalb verpflichtet, solche bislang gezahlten Vergütungen zurückzufordern. Darüber hinaus wäre es rechtswidrig, wenn die Krankenkassen ihre bisherige Praxis der Vergütung rechtswidriger Arzneimittelabgaben durch niederländische Versandapotheken fortsetzten und dadurch vorsätzlich rechtswidriges und verbotenes Handeln unterstützten.
Fußnoten
1 Vgl. Rotta, Sensation mit Folgen?, DAZ 2005, 277; Rotta, Versandhandel aus den Niederlanden weitgehend illegal, DAZ 2005, 350. Der vorliegende Beitrag beruht in erheblichem Maße auf Anregungen von Rotta. 2 BGBl. I S. 2190. 3 Vgl. dazu näher Dettling, in: Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Stand: 1. Januar 2005, § 17 ApBetrO, insbesondere Rn. 44 ff., 303 ff., 343 ff. und 424 ff. (erscheint demnächst). 4 Vgl. zur extraterritorialen Wirkung des deutschen Arzneimittelrechts Dettling, PharmR 2003, 401 ff. m.w.N. 5 Vgl. näher zum Internationalen Verwaltungsverfahrensrecht im Allgemeinen und zur internationalen Arzneimittelüberwachung im Besonderen Dettling, ApoR 2003, 145 ff. m.w.N.; vgl. ferner etwa BGH, GRUR 2002, 636, 637 zum Beispiel der Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen. 6 Vgl. Hart, MedR 1993, S. 208 f.; Rehmann, Arzneimittelgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2003, § 64 Rn. 1. Vgl. auch die 11. Bekanntmachung der für den Vollzug des Arzneimittelgesetzes zuständigen Behörden, Stellen und Sachverständigen vom 18. August 2003, BAnz. vom 30.09.2003. 7 Vgl. etwa § 3 Nr. 2 und Nr. 4 VwVfG Baden-Württemberg. Vgl. näher Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2001, § 3 VwVfG Rn. 25 f. Vgl. auch Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Stand: 1. Juni 2004, § 72 AMG Anm. 8 zur Zuständigkeit für die Erteilung der Einfuhrgenehmigung gemäß § 72 AMG. 8 Vgl. dazu auch das zwischen den Ländern abgeschlossene Abkommen über die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten vom 30. Juni 1994, GBl. BW 1995 S. 346, abgedruckt bei Kloesel/Cyran, unter B. 3.21; vgl. näher dazu Kloesel/Cyran, § 64 AMG Anm. 7. 9 § 11a ApoG dürfte insoweit im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht weit auszulegen sein. Als "Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke nach § 2 ApoG" dürfte im Falle des § 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG deshalb der Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke mit Sitz innerhalb der EU bzw. des EWR zu verstehen sein. 10 Keine Rolle dürfte spielen, ob sich die Versandbefugnis nach nationalem Recht schon aus dem Gesetz oder – wie im deutschen Recht – erst aus einer gesonderten Erlaubnis ergibt.
Was wir bisher dazu berichteten
- Sensation mit Folgen? DAZ Nr. 3, S. 277 (Die Seite 3)
- Versandhandel aus den Niederlanden weitgehend illegal DAZ Nr. 3, S. 350 ff.
- DAZ-Bericht schlägt hohe Wellen AZ Nr. 4, S. 1
- Versandhandelsurteil "wird derzeit ausgewertet" (Statement der Bundesregierung) AZ Nr. 5, S. 1
- Im falschen Film (Kommentar) AZ Nr. 5, S. 1
Im Wortlaut können Sie das Urteil des Kammergerichts Berlin abrufen bei DAZonline unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de in der Rubrik "Recht/Urteile". Benutzername: apotheke Kennwort: daz
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