Arzneimittel und Therapie

Akutes Leberversagen: Schon bei 7,5 g Paracetamol?

In den USA sind in den letzten Jahren die Fälle von durch Paracetamol ausgelöstem akutem Leberversagen stark gestiegen. Während 1998 Paracetamol in 28% der Fälle für ein akutes Leberversagen verantwortlich war, waren es im Jahre 2003 schon 51% aller Fälle. Besorgniserregend ist die Tatsache, dass in etwa der Hälfte der Fälle Paracetamol unbeabsichtigt überdosiert wurde.

In einer in den USA durchgeführten prospektiven Multicenter-Studie wurden über einen Zeitraum von sechs Jahren die Daten von 662 Patienten mit akutem Leberversagen näher analysiert. 275 (42%) Patienten entwickelten ein akutes Leberversagen infolge einer Paracetamol-Intoxikation. Davon hatten 122 Patienten Paracetamol in suizidaler Absicht eingenommen. Doch viele (153 Patienten) hatten Paracetamol nicht absichtlich überdosiert. Ein Teil von ihnen (38%) hatte ohne zu wissen mindestens zwei Paracetamol-haltige Präparate angewendet, in den meisten Fällen (63%) hatten die Betroffenen eine Kombination aus Paracetamol und einem Opioid eingenommen. Genannt wird zum Beispiel eine Fixkombination bestehend aus Paracetamol und Hydrocodon.

Die mittlere Dosis, die in dieser Studie zu akutem Leberversagen geführt hat, wird mit 24 g Paracetamol angegeben. Doch einige Patienten, die unbeabsichtigt unter Paracetamol ein akutes Leberversagen entwickelt hatten, gaben deutlich niedrigere Dosierungen an. Einige behaupteten, nur acht Tabletten zu 500 mg eingenommen zu haben. Daher wird spekuliert, dass schon die längere Einnahme von Tagesdosen deutlich unter 20 g ein akutes Leberversagen auslösen kann. Der Schwellenwert könnte nach Ansicht der Autoren bei 7,5 g pro Tag liegen. Weitere Studien seien notwendig, um die Folgen einer Dauereinnahme zu klären.

Da auch die Überdosierung in suizidaler Absicht nach wie vor ein großes Problem darstellt, fordern die Autoren als Konsequenz, die Packungsgrößen von Paracetamol-haltigen Präparaten zu begrenzen und Opioid-haltige Kombinationen restriktiver zu verordnen. Darüber hinaus werden Aufklärungsprogramme für Ärzte, Pharmazeuten und Verbraucher gefordert. Eine Diskussion über die Gefahren des verbreiteten Schmerzmittelkonsums sei ebenso notwendig wie die Identifizierung von besonders gefährdeten Patienten.

Apothekerin Dr. Doris Uhl

Quelle 
Larson, A. M.; et al.: Acetaminophen-Induced Acute Liver Failure: Results of a United States Multicenter, Prospective Study. 
Hepatology. 42; 1364 – 1372 (2005).

 

Empfohlene Tagesdosen

Nachfolgende Tagesdosen von Paracetamol werden verteilt auf drei bis vier Einzeldosen im Abstand von vier bis acht Stunden empfohlen:

Säuglinge (bis 6 Monate/bis 7 kg): max. 375 mg/d (Supp.); 350 mg/d (Saft)

Säuglinge (bis 12 Monate/bis 10 kg): max. 500 mg/d

Kinder (bis 3 Jahre/bis 15 kg): max. 750 mg/d

Kinder (bis 6 Jahre/bis 22 kg): max. 1000 mg/d

Kinder (bis 9 Jahre/bis 30 kg): max. 1500 mg/d

Kinder (bis 12 Jahre/bis 40 kg): max. 2000 mg/d; max. 1500 mg/d (Supp.)

Jugendliche/Erwachsene (> 12 J./> 40 kg): max. 4000 mg/d

Hinweis: ohne ärztlichen Rat nur wenige Tage und nicht in höheren Dosen anwenden!

Quelle: Framm, J.; et al.: Arzneimittelprofile für die Kitteltasche, Wirkstoffbezogene Beratungsempfehlungen für die pharmazeutische Betreuung. 3. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart (2005).

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