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- DAZ 49/2005
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Arzneimittel und Therapie
Epilepsie: Levetiracetam bei Kindern zugelassen
Epilepsien gehören zu den häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Es muss unterschieden werden zwischen zerebralen Anfällen einerseits und einer Epilepsie andererseits. Jeder kann einen Anfall erleiden – im Rahmen der akuten Schädel-Hirnverletzung, bei einer Infektion des ZNS oder wenn der körpereigene Metabolismus (Blutzucker, Elektrolyte, die harnpflichtigen Substanzen) durcheinander gerät. Allerdings bedeutet nicht jeder zerebrale Anfall gleich eine Epilepsie. Solche Gelegenheitsanfälle ereignen sich im Rahmen banaler viraler Infekte im Kleinkindesalter als so genante Fieber- oder Zahnkrämpfe besonders häufig, sie treten bei 2 bis 5% aller Kinder auf. Nur wenn sich ohne äußere Anlässe immer wieder zerebrale Anfälle ereignen, spricht man von einer Epilepsie. Bis zum Alter von 25 Jahren entwickeln 1,1%, bis zum Alter von 40 Jahren etwa 1,7% der Bevölkerung eine Epilepsie.
Studien mit Levetiracetam bei Kindern
Bei Kindern ist das Spektrum der Epilepsie-Syndrome je nach Phase der Hirnentwicklung besonders vielfältig. Die Effektivität eines Antiepileptikums hängt gerade im Kindesalter von der Art des Syndroms ab. Alle Antiepileptika weisen unterschiedliche Nebenwirkungen auf. Einige der so genannten klassischen Antiepileptika haben negative Effekte auf die Kognition, was ein ganz entscheidender Punkt bei der Behandlung von kindlichen Epilepsien ist. Deswegen besteht ein dringender Bedarf an hochwirksamen Antiepileptika, die eine ungestörte Entwicklung des epilepsiekranken Kindes ermöglichen. Das Antiepileptikum muss rasch aufdosiert werden können. Es darf keine störenden Interaktionen mit anderen Medikamenten eingehen und sollte so nebenwirkungsfrei wie möglich sein. Besonders unerwünscht sind neurokognitive Nebenwirkungen in dieser stürmischen Entwicklungsphase. Studien haben gezeigt, dass bei vielen jungen Patienten, die auf eine Zusatztherapie mit Levetiracetam ansprachen, die ursprüngliche antiepileptische Medikation angepasst werden konnte. Ebenso hat sich Levetiracetam bei therapieschwierigen Epilepsiesyndromen im Kindesalter als wirksam erwiesen.
Für Kinder ab vier Jahren zugelassen
Das Pyrrolidon-Derivat Levetiracetam ist zur Zusatzbehandlung von partiellen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Erwachsenen und Kindern ab vier Jahren mit Epilepsie indiziert. Die Filmtabletten werden oral zusammen mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen. Sie können unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Die Tagesdosis wird auf zwei gleich große Einzeldosen verteilt.
Der Wirkmechanismus von Levetiracetam ist noch nicht vollständig aufgeklärt, scheint sich aber von den Wirkmechanismen der bekannten antiepileptischen Arzneimittel zu unterscheiden. Es wird ein Calciumstrom-abhängiger, selektiver, Rezeptor-vermittelter Mechanismus an neuronalen Membranen des Zentralnervensystems vermutet. In-vitro- und In-vivo-Experimente deuten darauf hin, dass Levetiracetam grundlegende Zellfunktionen und die normale Neurotransmission nicht verändert.
Zentralnervöse Nebenwirkungen
Levetiracetam ist ein Pyrrolidon-Derivat und chemisch nicht mit den bekannten Antiepileptika verwandt. Klinisch signifikante Arzneimittelinteraktionen von Levetiracetam mit anderen Antiepileptika sind bei Kindern bisher nicht beobachtet worden. Ebenso gibt es bisher keine Hinweise, dass Levetiracetam bei Kindern Einfluss auf das Wachstum und die Pubertät hat. Es liegen zahlreiche Untersuchungen zum Add-on-Einsatz von Levetiracetam bei Kindern vor. In diesen Studien liegen die Responderraten zwischen 30 und 50%.
Retrospektive Studien zeigen in Bezug auf die Wirksamkeit und Verträglichkeit, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen Erwachsenen und Kindern bei der Zusatztherapie mit Levetiracetam gibt. Die in klinischen Studien, die mit erwachsenen Patienten durchgeführt wurden, gesammelten Daten zur Sicherheit und Verträglichkeit ergaben, dass bei 46% der Patienten der Levetiracetam und 42% der Patienten der Placebo-Gruppe Nebenwirkungen auftraten.
2% der Patienten der Levetiracetam- und 2% der Patienten der Placebo-Gruppe hatten schwerwiegende Nebenwirkungen. Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen waren Somnolenz, Asthenie und Benommenheit. Bei der zusammenfassenden Analyse der Daten zur Sicherheit und Verträglichkeit konnte keine eindeutige Dosis-Nebenwirkungs-Beziehung festgestellt werden. Die Inzidenz und der Schweregrad der zentralnervösen Nebenwirkungen nahmen jedoch im Laufe der Zeit ab. Eine Studie, die bei pädiatrischen Patienten (4 bis 16 Jahre) durchgeführt wurde, zeigte, dass bei 55% der Patienten der Levetiracetam- und 40% der Patienten der Placebo-Gruppe Nebenwirkungen auftraten. Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen in der pädiatrischen Population waren Somnolenz, Feindseligkeit, Nervosität, emotionale Labilität, Agitation, Anorexie, Asthenie und Kopfschmerzen. Die Sicherheitsergebnisse bei pädiatrischen Patienten stimmten bis auf verhaltensbezogene und psychische unerwünschte Ereignisse, die bei Kindern häufiger auftraten als bei Erwachsenen (39% versus 19%), mit dem Verträglichkeitsprofil bei Erwachsenen überein.
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