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Apothekerverband Schleswig-Holstein: Dauerbaustelle Gesundheitswesen
Im Unterschied zu anderen Regierungen werde das Zugriffsrecht der Kanzlerin bei einer großen Koalition durch den Koalitionsvertrag und -ausschuss ersetzt, meinte Beske. So sei es geradezu ein politisches Gesetz, dass die Ressortminister in einer großen Koalition größeren Gestaltungsspielraum als bei einer Einparteienregierung haben. Zudem könne sich die Gesundheitsministerin künftig mehr mit dem Thema Gesundheit beschäftigen, weil das Ministerium seine übrigen Aufgaben voraussichtlich abgeben werde.
Was ist zu erwarten?
Inhaltlich sei weder eine Kopfpauschale noch eine Bürgerversicherung zu erwarten, weil der Gegensatz zwischen diesen Systemen zu groß sei. Außerdem sehe er stets große Schwierigkeiten, wenn der Staat in die Finanzierung eingebunden sei, weil Entscheidungen dann jeweils nach der Haushaltslage getroffen würden. Über weitere Projekte einer neuen Regierung könne derzeit nur spekuliert werden. Das vielfach geforderte Einfrieren des Arbeitgeberanteils zur GKV sei schwierig durchzuführen und die Umsetzung fraglich.
Erklärtes Ziel der bisherigen und vermutlich auch künftigen Gesundheitsministerin Schmidt sei die Aushebelung der PKV, um deren Kapitalreserven in die GKV zu überführen. Außer einer direkten Abschaffung könne die Einführung eines Kontrahierungszwangs für die PKV zu GKV-Bedingungen und die Einbindung in den Risikostrukturausgleich zum "Tod der PKV auf kaltem Weg" führen. Entsprechendes gelte für die private Pflegeversicherung. Doch habe die PKV bereits in einem Rechtsgutachten aufgezeigt, dass solche Eingriffe in die Eigentumsrechte der PKV-Versicherten verfassungswidrig seien.
Auf der Ausgabenseite werde im Interesse stärkeren Wettbewerbs gefordert, die kassenärztlichen Vereinigungen zu zerschlagen und Vertragsfreiheit zwischen den Krankenkassen und einzelnen Ärzten einzuführen. Doch führe dies zwangsläufig zum Ende der gewohnten fachärztlichen Versorgung, weil die Ärzte bei kurzfristigen Verträgen ihre Planungssicherheit verlören und nicht mehr in ihre Praxen investieren könnten. So würde der Mangel an niedergelassenen Ärzten weiter verstärkt, die Qualität der Versorgung aber nicht verbessert.
Realitäten anerkennen
Mit solchen Ideen würde das gut funktionierende und leistungsfähige Gesundheitssystem insgesamt in Frage gestellt. Stattdessen sollten die Politiker die Realitäten anerkennen. Wie in einer Veröffentlichung seines Instituts erst kürzlich nachgewiesen wurde (s. AZ Nr. 36, 2005) sei das deutsche Gesundheitssystem hocheffizient, biete den größten Leistungskatalog bei den geringsten Wartezeiten und einem gutem Preis-Leistungs-Verhältnis, sei aber schon jetzt unterfinanziert. Außerdem sollten die Politiker den durch die Alterung der Bevölkerung und den medizinischen Fortschritt zunehmenden Leistungsbedarf anerkennen. Der daraus resultierende Finanzbedarf könne nicht nachhaltig durch eine Finanzreform gedeckt werden, außer durch eine Kapitaldeckung des ganzen Systems, die aber aufgrund der enormen benötigten Summe illusorisch sei. Daher werde sich das Finanzierungsproblem immer wieder neu stellen.
Außerdem müsse geklärt werden, wie der enorme Pflegeaufwand für Demenzkranke zu leisten sei, woher gut ausgebildete Pflegekräfte kommen sollen, die Versorgung mit Ärzten sichergestellt werden kann und mit wie die zusätzlichen ambulanten Behandlungen finanziert werden sollen, die durch kürzere Liegezeiten im stationären Sektor ausgelöst werden. Wettbewerb allein könne diese Probleme nicht lösen. Vielmehr müsse über den Umfang des Leistungskataloges diskutiert werden, der nicht in seiner derzeitigen Form bestehen bleiben könne.
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