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Arzneimittel und Therapie
Welche Patientinnen profitieren von Bisphosphonaten?
Durch die Gabe eines Bisphosphonats zusätzlich zur Chemo- oder Hormontherapie können das Auftreten neuer ossärer Läsionen und die Progression vorhandener Metastasen verzögert sowie metastasenbedingte Knochenschmerzen nachweislich gelindert werden. Das Hauptziel der Therapie besteht darin, die Inzidenz und den Schweregrad der durch die Metastasen hervorgerufen so genannten Knochen-assoziierten Ereignisse (z. B. vertebrale und nicht-vertebrale Frakturen, Schädigungen des Rückenmarks, Nervenausfälle durch Kompressionen der Wirbelsäule, Hypercalcämie) zu vermindern, denn diese können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
Review bisheriger klinischer Studien
Obwohl zahlreiche randomisierte, kontrollierte klinische Studien die Wirksamkeit der Bisphosphonate bestätigt haben, sind noch viele Fragen offen. So zum Beispiel, welches die effektivsten Wirkstoffe sind, wie lange behandelt werden sollte und wie groß der Nutzen bei Patientinnen mit schlechter Krankheitsprognose ist. Nicht zuletzt spielen wegen der hohen Kosten der Präparate pharmakoökonomische Überlegungen eine Rolle.
Um einen Überblick über die bisherigen Erkenntnisse auf diesem Gebiet zu gewinnen, wurde kürzlich von einer kanadischen Arbeitsgruppe ein klinischer Review veröffentlicht. Ausgewertet wurden bis Januar 2005 publizierte Studien, in denen durch orale oder intravenöse Gabe eines Bisphosphonats zusätzlich zur Chemo- oder Hormontherapie die Rate Knochen-assoziierter Ereignisse im Vergleich zu unbehandelten oder mit Plazebo behandelten Patientinnen signifikant vermindert werden konnte. Primäre Endpunkte dieser Studien waren beispielsweise die knochenbezogene Morbiditäsrate, das Ausmaß der Schmerzreduktion oder die Zeit bis zum Auftreten eines Knochen-assoziierten Ereignisses.
Wer profitiert von Bisphosphonaten?
Die Analyse der bisher vorliegenden Studiendaten zeigte unter anderem, dass ein signifikanter Nutzen der Bisphosphonate frühestens sechs Monate nach Behandlungsbeginn eintrat. Dies führt zu der Frage, ob nicht bei der Entscheidung für oder gegen eine solche Behandlung die zu erwartende Überlebenszeit der Patientinnen mit berücksichtigt werden sollte. Die Überlebenszeit von Brustkrebspatientinnen, bei denen sich neben Knochenmetastasen auch Lebermetastasen gebildet hatten, war in bisherigen Untersuchungen am kürzesten, meist trat der Tod innerhalb von sechs Monaten ein. Patientinnen mit ausschließlich Knochenmetastasen könnten daher am meisten von einer Bisphosphonat-Therapie profitieren, denn sie überleben lange genug, um die positiven Auswirkungen der Behandlung zu spüren, so die Autoren der Studie.
Knochenstoffwechsel-Marken zur Therapieentscheidung
Es besteht weiterhin die Hoffnung, dass durch die Bestimmung von Knochenstoffwechsel-Markern wie beispielsweise dem N-Telopeptid oder der knochenspezifischen alkalischen Phosphatase diejenigen Patientinnen identifiziert werden können, die am wahrscheinlichsten auf die Bisphosphonat-Behandlung ansprechen. Denkbar wäre auch ein Monitoring der Effektivität der Therapie. Bisherige Untersuchungen haben beispielsweise gezeigt, dass Patientinnen mit Knochenmetastasen und erhöhten N-Telopeptid-Konzentration im Serum ein höheres Risiko für Knochenkomplikationen besitzen als Patientinnen mit normalen N-Telopeptid-Spiegeln.
Derzeit laufen weitere Studien zu dieser Fragestellung. Die Autoren des Reviews kommen zu dem Schluss, dass die Ergebnisse der bisher vorliegenden Studien noch nicht ausreichen, um im klinischen Alltag eindeutig entscheiden zu können, welche Patientinnen-Subgruppen mit Knochenmetastasen am meisten von einer Bisphosphonat-Therapie profitieren.
Dr. Claudia Bruhn,
Berlin
Quelle
Gainford, M.C., et al.: Recent develop- ments in bisphosphonates for patients with metastatic breast cancer. Brit. Med. J. 330, 769 – 773 (2005).
Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms der Frau. AWMF- Leitlinien-Register Nr. 032/045, B 4.6.3: Bisphosphonate, www.awmf-online.de.
Mutschler, E., et al.; Arzneimittelwirkun- gen, 8. Auflage, Wissenschaftliche Ver- lagsgesellschaft mbH, Stuttgart (2001).
Bisphosphonate gegen Knochenmetastasen
Von den Wirkstoffenn, die sich in internationalen randomisierten kontrollierten Studien als signifikant wirksam erwiesen haben, besitzen folgende auch in Deutschland eine Zulassung zur Behandlung von Knochenmetastasen beim Mammakarzinom:
Wirkstoff/ Präparate Clodronsäure/ Bonefos®, Clodron®, Ostac® Ibandronsäure/ Bondronat® Pamidronsäure/ Aredia®, Pamidro-cell®, Pamifos® Zoledronsäure/ Zometa®
Wie wirken die Bisphosphonate gegen tumorinduzierte Knochenschäden?
Nicht nur beim Mammakarzinom, sondern auch bei Bronchial- und Prostatakarzinomen kommt es häufig zu Knochenmetastasen und damit verbunden zu empfindlichen Störungen im Knochenstoffwechsel. Diese werden z. B. dadurch verursacht, dass Tumorzellen Mediatoren wie TNF-α, IL-1 oder IL-6 sezernieren, die die Osteoklasten und damit den Knochenabbau stimulieren. Wie die Bisphosphonate diesen Prozessen auf molekularer Ebene entgegenwirken, ist noch nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich bewirken sie eine
- Hemmung der Anheftung der Osteoklasten an Knochenstrukturen,
- Hemmung der Osteoklastenproduktion aus Vorläuferzellen und eine
- Induktion der Apoptose reifer Osteoklasten.
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