Arzneimittel und Therapie

Ethacridinlactat zur Wundbehandlung

Das alt bewährte Antiseptikum Rivanol® mit dem Wirkstoff Ethacridinlactat ist auch nach modernen Maßstäben zur Wundbehandlung gut wirksam. Jetzt gibt es neue Studienergebnisse, nach denen die Substanz nicht nur antimikrobiell wirkt, sondern auch die Wundheilung fördert.

In Deutschland leiden etwa eine Million Menschen an einem Ulcus cruris, Frauen sind häufiger betroffen als Männer. 72% dieser Ulzera sind auf Venenleiden zurückzuführen: Die Hauptursache des Ulcus cruris venosum ist die chronisch venöse Insuffizienz.

Durch Gefäßwandschäden oder bei Insuffizienz der Venenklappen im oberflächlichen und tiefen Venensystem kommt es in den Beinvenen zu Abfluss-Störungen. Besteht diese venöse Insuffizienz über längere Zeit, können die Haut und das Gewebe nicht mehr ausreichend ernährt werden. Als Folge kann es zu nässenden Ekzemen und Ulzera kommen, die nur schwer abheilen. Diese Defekte treten meist an größeren Flächen in der Knöchelregion auf.

Schwierige Behandlung

Ein Ulcus cruris venosum wird zunächst einmal konservativ mit einer Kompressionstherapie behandelt. Die insuffizienten Beinvenen können auch operativ entfernt werden. Haben sich bereits chronische Wunden gebildet, ist die Behandlung oft schwierig und langwierig, vor allem deshalb, weil Mikroorganismen, in der Regel Bakterien, zur Infektion und Entzündung geführt haben.

Neue Daten zu Ethacridinlactat

Zur Behandlung von chronischen Wunden wie dem Ulcus cruris venosum wird unter anderem Ethacridinlactat eingesetzt. Ein dokumentierter klinischer Wirksamkeitsnachweis für die bewährte Substanz fehlte bislang allerdings. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse, welche die Anwendung des traditionellen Rivanol® wissenschaftlich unterstützen. In einer prospektiven, randomisierten, plazebokontrollierten Studie konnte der Nachweis erbracht werden, dass Ethacridinlactat hoch wirksam und gut verträglich bei der topischen Wundbehandlung des Ulcus cruris venosum ist.

In einer ersten klinischen Studie, die randomisiert und plazebokontrolliert angelegt war, wurden 241 Patienten mit Ulcus cruris venosum zusätzlich zur Kompressionsbehandlung zweimal täglich entweder mit einer 0,1%-igen Rivanollösung oder mit Plazebo über 28 Tage behandelt. Hauptzielparameter war die Responderraten in beiden Behandlungsgruppen, wobei als Response die Reduktion der Ulkusfläche um mindestens 20% definiert worden war. Am Behandlungsende lag die Responderrate in der Verumgruppe bei 85,3% und unter Plazebo bei 58%. Der Wirkunterschied war statistisch signifikant (p < 0,0001). In der Verumgruppe wurde eine mittlere Abnahme der Ulkusfläche um 12,7 Punkte (entsprechend 3,18 cm²) gemessen, in der Plazebogruppe waren es nur 7,2 Punkte (entsprechend 1,8 cm²).

Die Wundheilung wurde an der Bildung von Granulationsgewebe und der Epithelisierung gemessen. Unter Rivanol® wurde der Prozess der Granulation bzw. der Epithelisierung bei 45,9% bzw. 42,6% der Patienten als ausgeprägt bewertet; unter Verum lag dieser Prozentsatz bei jeweils 18,8%. Auch hinsichtlich der Lebensqualität und der subjektiv empfundenen Wirksamkeit der Behandlung war Rivanol® dem Plazebo überlegen.

Zweifache Wirkung

Rivanol® vermindert zum einen die bakterielle Besiedelung der Wunde und schafft damit die Grundlage für eine zügige Granulation und Epithelisierung der Wunde. Darüber hinaus beeinflusst Rivanol® die zellulären Mechanismen, die die Wundheilung positiv unterstützen, indem es das Immunsystem stimuliert und den Wundverschluss beschleunigt. Diesen Schluss legen Untersuchungen in Zellkulturen nahe.

Ethacridinlactat moduliert Immunzellen

In Vollblut-Kulturen modulierte Ethacridinlactat die regulatorisch wichtigsten Zellen des Immunsystems, die Monozyten und die T-Lymphozyten und steigerte so die Abwehrreaktionen. So wurden beispielsweise stimulierende Effekte bei der Freisetzung der Mediatoren IL-12 (Interleukin-12), IFNγ (Interferon gamma) und inhibierende bei TGF-beta (Transforming Growth Factor beta, einem anti-entzündlichen Botenstoff) gemessen. hel

 

Quelle
Prof. Dr. med. Isaak Effendy, Bielefeld; Dr. med. Thomas Geske, Esslingen; Dr. Man- fred Schmolz, Reutlingen; Pressekonferenz
„Neueste Studienergebnisse zur Wundbe- handlung mit Rivanol® bei Ulcus cruris venosum“, Murnau, 26. April 2005, ver- anstaltet von Chinosolfabrik, Seelze.

Rivanol

Rivanol® wird in Form von Salbe oder als Lösung zur Behandlung von Entzündungen an der Haut und von Wunden eingesetzt:

  • Rivanol® Salbe zum Auftragen auf die erkrankten Hautstellen
  • Rivanol® Lösung 0,1% für Umschläge und Teilbäder

Da Rivanol® das Gewebe schnell und gut durchdringt, wird es auch bei Entzündungen eingesetzt, die nicht durch äußere Verletzung entstanden sind und unter der Haut liegen.

Die Fertiglösung bietet sich für kleine und kurzzeitige Anwendungen an. Bei einer längeren Therapie kann die Lösung auch selbst herstellt werden. Dazu werden die Rivanol® Tabletten in heißem, abgekochten Wasser gelöst. Es entsteht eine gelbe Lösung, die sich aus der Farbe des Wirkstoffes ergibt. Aufgrund seiner Farbintensität sollte der Kontakt mit Bettwäsche und Kleidungsstücken vermieden werden, da es zu Verfärbungen kommen kann. Frische Flecken lassen sich mit Alkohol entfernen.

Bei Insektenstichen hat die Rivanol® Salbe eine zweifache Wirkung: Sie behandelt eine mögliche Entzündung und lindert gleichzeitig durch ihre kühlenden und juckreizstillenden Eigenschaften den Schmerz.

Da Ethacridiulactrat neben der Wirkung gegen Bakterien auch einen Effekt gegen Pilze zeigt, kann es auch bei gemischten Entzündungen der Haut eingesetzt werden.

 

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