Apotheken-Wirtschaftsbericht

Wie geht's der Apotheke?

Weniger selbstständige Apotheker, weniger Apotheken, Abbau von Apothekenmitarbeitern, Rückgang des Gesamtumsatzes und rückläufiges Betriebsergebnis – mit diesen Schlagworten lässt sich das wirtschaftliche Befinden der deutschen Apotheke beschreiben. Dr. Frank Diener, Geschäftsführer der Abteilung Wirtschaft und Soziales bei der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände – ABDA, stellte den Apotheken-Wirtschaftsbericht 2004 am 26. April im Deutschen Apothekerhaus, Berlin, vor wirtschaftspolitischen Journalisten vor.

Bereits über 630 Filialen

Die Zahl der Betriebserlaubnisse von Apotheken hat sich im vergangenen Jahr auf 20.760 reduziert (Abb. 2). Ein Grund hierfür ist neben einigen Schließungen die Filialisierung von Apotheken, denn der Inhaber einer Apothekenbetriebserlaubnis kann neben seiner Hauptapotheke bis zu drei Filialapotheken besitzen. 2004 haben per Saldo 505 Apothekenleiter ihre Selbstständigkeit aufgegeben (etwa 2,5%). Ein ähnlicher Trend ist bei niedergelassenen Ärzten, vor allem in den neuen Bundesländern, festzustellen. Diener wertete dies als wirtschaftspolitisches Warnsignal: Während Politiker und Wirtschaft fordern, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen und Existenzen zu gründen, ist im Gesundheitswesen bei den freien Heilberufen das Gegenteil festzustellen.

Betrachtet man die Zahl der Apotheken 2004, zeigt sich folgendes Bild (Abb. 1): 256 wurden geschlossen, 116 wurden als Einzelapotheken und 227 als Filialapotheken neu gegründet, gleichzeitig wurden 405 bestehende Apotheken in Filialapotheken umgewandelt. Somit gab es zum Jahresende 2004 insgesamt 20.760 "Einzelapotheken" und 632 Filialapotheken, insgesamt somit 21.392 öffentliche Apotheken, eine Zahl, die sich in etwa auf dem Niveau von 2003 bewegt (21.305).

Abbau von Beschäftigten

Der Abbau von Beschäftigten hat sich 2004 zum zweiten Mal in Folge fortgesetzt (Abb. 3). Derzeit gibt es rund 3000 weniger Apothekenmitarbeiter als im Jahr 2002 mit dem höchsten Stand von knapp 140.000. Mit knapp 137.000 Personen sind in den öffentlichen Apotheken nach wie vor mehr Menschen beschäftigt als in der Pharmaindustrie (120.000) und dem pharmazeutischen Großhandel (13.000) zusammen, doch die Formel "weniger Selbstständige, mehr Betriebe" erreicht unter dem Aspekt der Beschäftigung das Gegenteil dessen, was gesamtwirtschaftlich gewünscht ist. Diener drückte es noch deutlicher aus: Der Weg in die Kette wäre auch ein Abschied von Arbeitsplätzen!

Eine Trendwende zeigt sich bei der Entwicklung der Struktur der Beschäftigten (Abb. 4). Die Zahl der nicht-pharmazeutischen Angestellten, die seit 1994 jedes Jahr zunahm, wird seit 2003 deutlich reduziert. Die Zahl der Helferinnen und PKAs nahm innerhalb von zwei Jahren von über 40.000 auf knapp 36.000 ab. Dagegen steigt die Zahl der Beschäftigten mit pharmazeutischer Ausbildung an, vor allem im Beruf der PTA. Im Jahr 2004 hat sich die Zahl der PTAs um über 1500 auf 44.000 erhöht. 2005, spätestens 2006 ist zu erwarten, dass die Zahl der PTA erstmals die Zahl der Approbierten (im Jahr 2004 knapp 45.000) übersteigen wird.

Der Trend hin zum pharmazeutischen Personal zeigt, so Diener, "dass unsere Apotheken vor Ort die personellen Ressourcen tatsächlich bereitstellen, die wir für die Umsetzung der Beratungsoffensive brauchen". Während früher jedes Jahr über 3000 Verträge zur Ausbildung als Apothekenhelferin und PKA abgeschlossen wurden, ist diese Zahl im vergangenen Jahr auf etwa 2000 gesunken. Nicht zuletzt ist dies auf die Verunsicherung in unserer Branche zurückzuführen, so Diener, deshalb haben die Apothekerinnen und Apotheker eine klare Botschaft an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit: Wir sind als Branche bereit, mehr Ausbildungsplätze bereitzustellen, wenn man uns das Vertrauen in die eigene Zukunft gibt.

Weniger Packungen für die GKV, mehr OTC

Die Zahl der ärztlich verordneten Arzneimittel für GKV und PKV ging im Jahr 2004 um 162 Mio. Packungen auf 845 Mio. zurück – der stärkste Rückgang seit der Gesundheitsreform 1992 (Abb. 5). Ursache sind Effekte der Gesundheitsreform 2004, insbesondere der Verordnungs- und Erstattungsausschluss rezeptfreier Arzneimittel und die veränderte Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen aufgrund der Praxisgebühr.

Angestiegen ist dagegen die Zahl der abgegebenen Arzneimittelpackungen im Bereich der Selbstmedikation. Sie hat sich von 638 Mio. (2003) auf 651 Mio. (2004) erhöht. Dies ist eine Fortsetzung des langjährigen Mengentrends bei der Selbstmedikation, dennoch, so Diener, hatten viele einen Mengensprung auf über 700 Mio. Packungen erwartet oder erhofft aufgrund der Ausgrenzung rezeptfreier Arzneimittel von der Verordnungsfähigkeit. Doch diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt, von einer Überleitung bisheriger GKV-Verordnungen in die Selbstmedikation kann im Jahr 2004 keine Rede sein. Die Bedeutung der Selbstmedikation ist im vergangenen Jahr dagegen deutlich angestiegen. In den 90er Jahren machte sie noch weniger als ein Drittel der Gesamtmedikation aus, mittlerweile bewegt sie sich auf Richtung 50% zu.

Deutliche Veränderungen hat es bei der Mengenstruktur von Arzneimitteln im Jahr 2004 gegeben:

  • Die Verordnung rezeptpflichtiger Arzneimittel ist im Anteil fast stabil geblieben (– 0,3 Prozentpunkte).
  • Die Verordnung rezeptfreier Arzneimittel ist wegen der weitgehenden Ausgrenzung von 16% auf 10,8% gefallen, in absoluten Zahlen: ein Rückgang von 108 Mio. Packungen.
  • Der Verordnungsmarkt macht nicht mehr 62% der Menge wie im Vorjahr, sondern nur noch 56,5% der Gesamtmedikation aus.
  • Die Selbstmedikation mit apothekenpflichtigen rezeptfreien Arzneimitteln hat sich von 34 auf 39% der gesamten Packungsmenge erhöht.
  • Die Selbstmedikation mit freiverkäuflichen (nicht apothekenpflichtigen) Arzneimitteln hat prozentual auf 4,5% zugelegt, ist aber absolut mit 68 Mio. Packungen unverändert geblieben. Etwa 35 Mio. Packungen freiverkäuflicher Arzneimittel wurden 2004 von Apotheken, in Drogerien und Supermärkten verkauft (Abb. 6).

Niedrigere Preise, weniger Umsatz

Die Arzneimittelpreise haben sich im letzten Jahr aufgrund der erhöhten Herstellerabschläge an die GKV sowie auf der Apotheken- und Großhandelsebene auf 93,5 Indexpunkte verringert (Abb. 7). Angestiegen sind dagegen die allgemeinen Lebenshaltungskosten, die Schere zwischen beiden Indizes klafft im Jahr 2004 noch weiter auseinander.

Der Gesamtumsatz der Apotheken ist im vergangenen Jahr um 3,3% auf 32,5 Mrd. Euro (ohne MwSt.) gesunken (Abb. 8). Hätte es im Bereich der Selbstmedikation und den privatärztlichen Versorgungen nicht eine positive Entwicklung gegeben, wäre das Minus noch stärker ausgefallen und hätte 1,7 statt 1,1 Mrd. Euro betragen. Zum Gesamtumsatz der Apotheken gehören alle Arzneiverordnungen für gesetzlich und privat krankenversicherte Personen, die komplette Selbstmedikation, alle Umsätze mit Hilfsmitteln sowie Produkte aus dem apothekenüblichen Ergänzungssortiment.

Die Gesundheitsreform hat aber nicht nur bei der Menge, sondern auch bei der Umsatzstruktur Spuren hinterlassen. Die wichtigsten Daten dazu (Abb. 9):

  • Der Umsatzanteil der rezeptpflichtigen Arzneimittel ist von 71,8 auf 72,3% gestiegen. Den überraschenden Anstieg erklärte Diener als statistisches Artefakt, denn durch die praktisch unkompensierte Ausgrenzung der preiswerten Non-Rx-Verordnungen aus der GKV-Versorgung steigt das relative Gewicht der verbleibenden Rx-Packungen.
  • Die Verordnung rezeptfreier Arzneimittel hat sich von 8,3 auf 4,9% des Gesamtumsatzes reduziert.
  • Insgesamt ist der Umsatzanteil des Verordnungsmarktes von 80,1 auf 77,2% des Gesamtumsatzes gesunken (absoluter Rückgang von rund 1,8 Mrd. Euro).
  • Der Umsatzanteil von OTC konnte um fast drei Prozentpunkte auf insgesamt 22,8% gesteigert werden, also ein absolutes Plus von 700 Mio. Euro.
  • Die Selbstmedikation mit apothekenpflichtigen rezeptfreien Arzneimitteln hat einen auf 12,9% erhöhten Umsatzanteil.
  • Die Selbstmedikation mit freiverkäuflichen, also nicht-apothekenpflichtigen Arzneimitteln hat sich prozentual auf 4,9% erhöht (Anstieg um 100 Mio. auf 800 Mio. Euro).
  • Außerhalb von Apotheken (Drogerien, Supermärkten etc.) wurde mit freiverkäuflichen Arzneimitteln ein Umsatz von 400 Mio. Euro erzielt.
  • Die Medicalprodukte machen 4% und das apothekenübliche Ergänzungssortiment 3,4% des Gesamtumsatzes aus.

Betriebsergebnis der Branche

Insgesamt rückläufig, so bewertete das unabhängige Institut für Handelsforschung an der Universität Köln, das für alle Handelsbereiche Betriebskostenvergleiche durchführt, das Betriebsergebnis der Apothekenbranche (Abb. 10). Die Rechnung des Instituts zeigt, dass die steuerlich abzugsfähigen Kosten, also die Kosten für die angestellten Mitarbeiter, Räume, Sachausstattung und Betriebssteuern in 2004 gegenüber 2003 um 0,3 Prozentpunkte auf 17,9% des Bruttoumsatzes gestiegen sind.

Insgesamt ergibt sich für 2004 ein steuerliches Betriebsergebnis, also ein Vorsteuereinkommen von 6,4% des Bruttogesamtumsatzes. Dieses Vorsteuereinkommen ist die zentrale betriebswirtschaftliche Ergebnisgröße für die Apothekenleiter. Diener erklärte hierzu: Wenn man das Branchenbetriebsergebnis der deutschen Apotheken vergleichen will mit Branchen, die in der Form von Ketten und Filialen betrieben werden, muss man selbstverständlich bei jeder einzelnen Betriebsstätte das eingesetzte Eigenkapital sowie die eingebrachte Arbeitszeit des Apothekenleiters berücksichtigen.

Das, was im deutschen System ein selbstständiger Apothekenleiter in Form von Eigenkapital und Arbeitszeit einbringt, fällt einer Kette bei den steuerlich absetzbaren Kosten an. Insofern ist hier klar: Für den selbstständigen Apothekenleiter ist das Vorsteuereinkommen die maßgebliche Größe. Für den Betreiber einer Kette ist dagegen die Umsatzrendite relevant. Um ein Individualsystem mit einem Filialsystem vergleichbar zu machen, müssen also kalkulatorische Kosten berücksichtigt werden, denn diese Kosten werden bei juristischen Personen bereits in den steuerlich absetzbaren Personal- und Kapitalkosten berücksichtigt.

Bei den kalkulatorischen Kosten für das Eigenkapital werden Kapitalmarktzinsen berücksichtigt und bei dem kalkulatorischen Unternehmerlohn Gehaltskosten aus anderen Tätigkeitsbereichen. Das Institut für Handelsforschung setzt für die kalkulatorischen Kosten 6% des Bruttoumsatzes an. So erhält man bei der Branche Apotheke nach Abzug dieser kalkulatorischen Kosten das so genannte betriebswirtschaftliche Ergebnis, auch als Umsatzrendite bezeichnet, das letztendlich den Vergleich zwischen verschiedenen Branchen ermöglicht.

Bei der Apotheke ist das betriebswirtschaftliche Ergebnis von 0,9% in 2003 auf 0,4% in 2004 zurückgegangen. Mit diesem Rückgang, so stellte Diener fest, sind die Apotheken keineswegs, wie öfters bösartig behauptet, die Gewinner der Reform, sondern sie haben ihren Sparbeitrag bei der GKV-Gesundheitsreform unbestreitbar geleistet.

Die "typische" Apotheke

Bei der Darstellung der Verteilung der Apotheken nach Umsatzgrößenklassen hat sich die ABDA 1992 dafür entschieden, die "typische" Apotheke anhand des "häufigsten Wertes" abzubilden, eine Darstellung, die für eine möglichst große Zahl von Apotheken zutreffend ist (Abb. 11). Im Jahr 2003 lag dieser häufigste Wert mit etwas über 1 Mio. Euro in der Mitte der Umsatzgrößenklassen von 0,75 bis 1,25 Mio. Euro und damit rund ein Drittel unter dem rechnerischen Durchschnittswert, der zwei Umsatzgrößenklassen rechts von der typischen Apotheke liegt.

Im Jahr 2004 hat sich die Umsatzverteilung verändert. Der Grund liegt im zentralen Effekt der neuen Arzneimittelpreisverordnung, der alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel ab einem Herstellerabgabepreis von knapp 15 Euro verbilligt und zwar um so stärker, je höher der Herstellerabgabepreis ist. So sind die untersten und die obersten Umsatzgrößenklassen im Jahr 2004 schwächer besetzt als im Vorjahr. Insgesamt hat sich die Besetzung der Umsatzgrößenklassen in Richtung der typischen Apotheke verlagert (von 19 auf 20 Prozent, Abb. 12).

Beim Betriebsergebnis der typischen Apotheke zeigt sich beim Vergleich 2003/2004 ein leichtes Plus (Abb. 13). Wesentliche Ursache dafür ist die neue Vergütung der Apotheken bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Das Vorsteuereinkommen des Leiters der typischen Apotheke betrug in 2004 rund 81.000 Euro gegenüber 78.000 Euro im Vorjahr. Aus diesem Vorsteuereinkommen muss der Apothekenleiter nicht nur die persönliche Einkommensteuer abführen, sondern auch die Absicherung gegen Krankheitskosten und Altersvorsorge bestreiten.

Bemerkenswert ist der Vergleich dieses Wertes mit dem Jahr 1992, in dem das entsprechende Vorsteuereinkommen 71.000 Euro betrug. Insgesamt ist mit dem Betriebsergebnis der politisch gewollte Effekt der neuen Arzneimittelpreisverordnung eingetreten: Die Vergütung folgt der Arbeitsleistung der Apotheke und nicht mehr dem Apothekeneinkaufspreis. Dass die typische Apotheke ein leichtes Einkommensplus erzielte, während die Branche insgesamt ein Minus im Jahr 2004 hatte, erklärte Diener mit der brancheninternen leistungsinternen Umverteilung, die den Sparbeitrag der Branche insgesamt aber nicht in Frage stelle.

GKV-Arzneimittelversorgung

Der Anteil der gesetzlichen Krankenversicherung an der Gesamtmedikation ist im Jahr 2004 mengenmäßig von 48 auf jetzt 41% gesunken (Abb. 14). Dies entspricht einem Rückgang von 800 auf 616 Mio. Packungen, also fast ein Viertel weniger als im Vorjahr. Nach dem Anteil an der Gesamtpackungszahl gerechnet sind somit die gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr der größte Marktpartner der Apotheken. Unwichtig geworden sind sie dadurch aber nicht, denn nach wie vor dominiert die GKV-Arzneimittelversorgung das Branchenbild.

Die gesetzlichen Krankenkassen haben im vergangenen Jahr 20,3 Mrd. Euro für Arzneimittel aus Apotheken aufgewendet und damit rund 2,5 Mrd. Euro weniger als im Vorjahr (Abb. 15).

Erhöht haben sich 2004 die Arzneikostenzuzahlungen und zwar deutlich von 1,7 auf 2,3 Mrd. Euro, also rund ein Drittel mehr als 2003. Wie Diener mitteilte, hat der Gesetzgeber im Finanztableau des GKV-Modernisierungsgesetzes, das von 2004 bis 2007 reicht, sogar eine Erhöhung des Zuzahlungsvolumens auf 2,7 Mrd. Euro eingeplant (Abb. 16 und Abb. 17). Der Gesetzgeber hat im vergangenen Jahr also ganz bewusst eine Rückkehr zu dem Level vorgesehen, das die rot-grüne Bundesregierung 1998 beim Regierungswechsel vorfand.

Alles im Plan beim GMG?

Stellt man für den Arzneimittelbereich der GKV-Ausgaben einen Soll/Ist-Vergleich der Jahre 2004 zu 2002 an, zeigen sich folgende Ergebnisse (Abb. 18): Laut GMG-Finanztableau sollten im vergangenen Jahr die Zuzahlungen um 1 Mrd. Euro steigen, der Ist-Wert betrug jedoch 600 Mio. Euro. Der Ausschluss der OTC-Präparate sollte eine Entlastung von 1 Mrd. Euro bringen, de facto hat er aber 1,4 Mrd. Euro erreicht, also erheblich mehr. In der Summe haben diese beiden Maßnahmen jedoch, die sich an den Patienten richten, das geplante Volumen erreicht.

Auf der Herstellerstufe wurde durch den auf 16% erhöhten Herstellerabschlag ein Einsparbeitrag von 1,1 Mrd. Euro erreicht, der Soll-Beitrag lag bei 1 Mrd. Euro. Die Umstellung auf die neue Arzneimittelpreisverordnung, die die Großhandelsmarge halbiert und die Apothekenvergütung auf das Kombimodell umgestellt hat, hat mit einem Ist-Wert von 800 Mio. Euro ihren Planwert erreicht. Im Finanztableau unberücksichtigt blieb der Rückgang der Packungsmenge an verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, der die GKV im vergangenen Jahr um weitere 300 Mio. Euro entlastet hat.

Somit ergibt sich unter dem Strich ein geplanter Bruttoentlastungseffekt von 3,8 Mrd. Euro, der tatsächliche Entlastungseffekt liegt dagegen bei 4,2 Mrd. Euro. Die vom Gesetzgeber geplanten Einspareffekte wurden demnach sogar übertroffen. Dass jedoch nicht alles von der Bruttoentlastung als Nettoeffekt angekommen ist, hängt mit der Strukturkomponente zusammen. So wurden auch im vergangenen Jahr viele bekannte Wirkstoffe durch neue, nebenwirkungsärmere, wirksamere, aber auch teurere Wirkstoffe ersetzt. Letztendlich hat sich in 2004 gegenüber 2002 ein Struktureffekt von 2,2 Mrd. Euro ergeben, so dass die GKV-Arzneimittelausgaben im Jahr 2004 um 2 Mrd. Euro unter dem vom Gesetzgeber gewählten Benchmarkjahr 2002 lagen.

Versandhandel – Wunsch und Wirklichkeit

Knapp 6% der Apothekenleiter haben bis Ende 2004 eine Versandhandelserlaubnis erhalten, also 1205 von 21.305 Apothekenleitern (Abb. 19). Rechnet man die verschiedenen Umsatzerfolgsmeldungen von Versandapotheken zusammen, so Diener, müssten sie in Deutschland Arzneimittel in der Größenordnung von gut einer halben Milliarde Euro versendet haben. Doch die Fakten stellen sich anders dar. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) weist für das gesamte Jahr 2004 Zahlungen der GKV an Versandapotheken in Höhe von 74 Mio. Euro aus im Vergleich zu 20,339 Mrd. Euro an Apotheken.

Von den 74 Mio. Euro entfielen 13 Mio. auf die Ortskrankenkassen, 19 auf die Betriebskrankenkassen, 3 auf die Innungskrankenkassen, 2 auf die Bundesknappschaft und der Rest auf die Ersatzkrankenkassen. Laut BMGS betrug 2004 der Anteil des Versandhandels am Arzneimittelumsatz der GKV 0,24%. Freunde des Versandhandels können vor diesem Hintergrund eine Verdopplung des Anteils des Versandhandels am GKV-Arzneimittelumsatz im zweiten Halbjahr 2004 melden. Dass diese Verdopplung einer Veränderung von 1,8 auf 3,4 Promille entspricht "braucht man ja nicht gleich mit zu nennen", so Diener.

Wie geht's weiter?

Wie entwickeln sich die GKV-Arzneimittelausgaben weiter? Aufschluss hierüber geben die von der ABDA gemeldeten Monatswerte (Abb. 20). Bei diesen Zahlen werden die effektiven GKV-Zahlbeträge ausgewiesen, also der Apothekenverkaufspreis inklusive Mehrwertsteuer, reduziert um den Apotheken- und den Herstellerabschlag sowie die Zuzahlung der Patienten. Die Ergebnisse für die ersten drei Monate 2005: Im Januar und Februar betrugen die GKV-Arzneimittelausgaben rund 1,717 Mrd. Euro, im März ergab sich ein Wert von 1,906 Mrd. Euro.

Für das erste Quartal 2005 betrugen die GKV-Arzneimittelausgaben somit 5,318 Mrd. Euro, was einem Monatsmittelwert von 1,773 Mrd. Euro entspricht. Vergleicht man diese Ausgaben mit Werten der Vorjahre, zeigt sich, dass das erste Quartal 2005 fast punktgenau auf den Quartalswerten der Vor-GMG-Jahre 2003 und 2002 liegt. Diener: "Ausgaben wie vor drei Jahren ist keine schlechte Botschaft."

Zur Prognose (Abb. 21): Die ABDA geht davon aus, dass das Zuzahlungsvolumen 2005 sich um 200 Mio. Euro erhöhen wird, aber noch nicht den – im Vergleich zum Basisjahr 2002 gemessenen – kompletten Einsparbeitrag von 1 Mrd. Euro erreichen wird. Der Einsparbeitrag infolge des OTC-Ausschlusses wird zwar nicht mehr 1,4, sondern nur noch 1,2 Mrd. Euro ausmachen, aber immer noch stärker ausfallen als gesetzlich geplant.

Auf der Herstellerstufe werden die Maßnahmen in diesem Jahr den geplanten Einsparbeitrag von 1 Mrd. Euro nicht erreichen, sondern nur ein Volumen von 500 Mio. Euro. Dagegen werden die Wirkungen der geänderten Arzneimittelpreisverordnung (halbierte Großhandelsmargen und geänderte Apothekenvergütung) auch in 2005 den Planwert von 800 Mio. Euro erreichen.

Per Saldo ergibt sich in der Bruttobetrachtung, dass die für 2005 geplanten Einsparungen mit 3,3 Mrd. den Planwert von 3,8 Mrd. Euro um 500 Mio. Euro verfehlen, während sie im Vorjahr um 400 Mio. übertroffen worden sind. Beide Jahre zusammengenommen, kann man also durchaus, so Diener, von einer Punktlandung sprechen. Da für den gesamten Planungszeitraum des GMG (2004 bis 2007) kein Struktureffekt berücksichtigt worden ist, wird es wenig überraschend sein, dass der Nettoeinspareffekt der Gesundheitsreform von Jahr zu Jahr schrumpft.

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