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Aus Kammern und Verbänden
Hamburger Apothekerverein: Die Ruhe trügt
Folgen des GMG
Da die Sozialversicherungssysteme vor dem finanziellen Offenbarungseid stünden, die Kassenbeiträge stabilisiert werden müssten und für das nächste Jahr mit steigenden Arzneimittelausgaben gerechnet werde, sieht Graue den Arzneimittelbereich weiterhin im Fokus der Politik. Aufgrund des GMG sei der Apothekenabschlag voraussichtlich abzusenken, weil im Jahr 2004 weniger Packungen als im Vergleichsjahr 2002 abgegeben wurden. Darüber werde bereits verhandelt, doch würden die Spitzenverbände der Krankenkassen zugleich fordern, angebliche Fehlentwicklungen in Folge der neuen Preisbildung durch eine Absenkung des Fixzuschlages zu korrigieren und übermäßige Rabatte der Hersteller an Apotheken den Krankenkassen zukommen zu lassen.
Da eine vertragliche Regelung hierüber nicht erzielt wurde, forderten die Spitzenverbände der Krankenkassen eine gesetzgeberische Korrektur. Dabei gehe es nicht um Rabatte, die sich im Rahmen der Großhandelshöchstzuschläge bewegen, da diese die Übernahme der Großhandelsfunktion abgelten. Doch sei umstritten, ob höhere Rabatte in die Berechnung der Abgabepreise einzubeziehen sind, weil sie die realen Einkaufspreise senken. Die Politik ziele auf eine Regelung dieses Problems im Rahmen der Selbstverwaltung, weil eine Streichung oder Weiterleitung der Rabatte aufgrund von Gesetzen auch die Krankenhäuser träfe und dort zu einer Preisexplosion führen könnte. Daher hätten die Apotheker Rabattzahlungen der Pharmaindustrie an die Krankenkassen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V vorgeschlagen, damit die Debatte dort stattfinde, wo sie hingehöre.
Hamburger Daten
Die neue Preisbildung habe die Apotheker in diesem Jahr sehr verunsichert. Da Angaben zu den Betriebskosten fehlen, können noch keine Aussagen über die Betriebsergebnisse gemacht werden, doch wisse inzwischen jeder, ob er zu den Gewinnern oder zu den Verlierern des GMG gehöre. Die geringere Zahl der abgegebenen Packungen wirke sich insgesamt negativ aus. Der GKV-Umsatz sei in Hamburg um über 13% zurückgegangen. Bei einem Rückgang der Zahl der Arztbesuche um 9% sei die Zahl der Rezepte in der Hansestadt um über 22% und die Zahl der Packungen sogar um 28% gesunken.
Durch die Zulassung des eingeschränkten Mehrbesitzes sei die Zahl der Apotheken von 460 auf 465 gestiegen. Mit neun Filialen, darunter vier Neugründungen, liege Hamburg in dieser Entwicklung unter dem Bundesdurchschnitt.
Projekte für die Zukunft
Für die Zukunft erwartet Graue weitere Versuche der Politik und der Krankenkassen, die im Arzneimittelbereich angeblich vorhandenen Preis- und Rationalisierungsreserven für sich zu akquirieren. Dies gelte unabhängig vom Ausgang der nächsten Bundestagswahl, denn in allen Parteien werde die Lösung aller Probleme im Wettbewerb gesehen, der das Wachstum erhöhen solle. Doch könnten die Apotheker darauf nicht mit der Parole "rette sich, wer kann" reagieren, weil sie ihre bürgerliche Existenz auf lange Sicht mit ihren Apotheken verdienen müssten.
So dürfte das GMG nur der Anfang einer weiteren Entwicklung gewesen sein, meinte Graue. Die Apotheker müssten ihren Nutzen für das System deutlicher machen. Im Unterschied zu den politisch Verantwortlichen würden die Krankenkassen die Leistungen der Apotheker erkennen und diesen Nutzen für die Versicherten optimieren wollen. Dazu diene das Hausapothekenmodell, das bisher insbesondere bei den Barmer-Versicherten nicht die gewünschten Erfolge gezeigt habe.
Auf dieser Grundlage werde nun zwischen der Barmer Ersatzkasse, dem Hausärzteverband und dem Deutschen Apothekerverband ein Vertrag zur integrierten hausarztbasierten Versorgung verhandelt, der voraussichtlich am Jahresende ratifiziert werde. Die Apotheker sollten bei diesem Vertrag mitmachen. Daran nicht teilzunehmen, würde die Position der Apotheker innerhalb des Versorgungssystems einem erheblichen Risiko aussetzen und die Chancen der neuen Versorgungsform vergeben. Hinsichtlich der elektronischen Gesundheitskarte hob Graue die große technische Komplexität und die daraus resultierenden Probleme hervor. Anstelle der zunächst geplanten flächendeckenden Einführung ab 1. Januar 2006 spreche man inzwischen von einem sukzessiven Prozess.
Apotheker in einer Zwischenzeit
Am Ende seines Berichtes beschrieb Graue die einjährige Arbeit mit der neuen, von ihm sehr kritisch betrachteten Arzneimittelpreisverordnung als "seltsame Zwischenzeit", in der vieles anders gekommen sei, als es sich die Apotheker vorgestellt hätten. Die Apotheker seien "in einem Zwischenland aufgewacht". Dies sei nicht mehr die alte Welt und noch nicht die neue, meinte Graue, ohne näher zu erklären, was er nach dieser "Interimszeit" erwartet.
"Wir werden überleben, nur anders."
Dr. Jörn Graue
Im weiteren Verlauf der Mitgliederversammlung griff Dr. Johannes Pieck, Ehrenmitglied des Hamburger Apothekervereins und ehemaliger Sprecher der Geschäftsführung der ABDA, diesen Gedanken auf und erläuterte in einem ausführlichen Referat, warum er aufgrund der derzeitigen politischen und juristischen Situation eine weitere Öffnung des deutschen Apothekensystems erwartet (siehe Rubrik DAZ aktuell).
Hausapotheken in Hamburg
Vereinsgeschäftsführer Peter Brinkmann berichtete über den großen Einsatz des Vereins für die Schulungen der Apotheker über das Hausapothekenmodell. Das anschließende "Retardieren" dieses Modells in Hamburg sei neben den Schwachstellen des Modells auch auf den äußerst starken Widerstand der bereits im Umbruch befindlichen KV in der Hansestadt zurückzuführen. Die neue Konstellation des dreiseitigen Vertrages zur integrierten Versorgung lasse dagegen sehr viel mehr Einschreibungen erwarten, zumal auch die Barmer hieran großes Interesse habe. Die Barmer habe versprochen, das sehr angespannte Verhältnis der Hamburger Apotheker zu den Hausärzten durch das Abfordern von standesgemäßem Verhalten zu verbessern, womit Brinkmann auf die früheren Aktivitäten von Hamburger Ärzten in der Ärztegenossenschaft und im Zusammenhang mit dem Arzneikurier anspielte.
Außerdem erinnerte Brinkmann an die Festveranstaltung zur 50-jährigen Wiedergründung des Apothekervereins, die am 20. November stattgefunden hatte (siehe Bericht in DAZ 48).
Im Rahmen der Mitgliederversammlung wurde der Vorstand einstimmig entlastet. Die Beitragsstaffel wurde beibehalten, ergänzend zur bisherigen Regelung wird für Filialapotheken künftig der halbe Mitgliedsbeitrag erhoben, wobei die Filialen kein Stimmrecht haben.
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