Arzneimittel und Therapie

Koronare Herzkrankheit: HDL-Steigerung als neue Therapieoption

Niedriges HDL-Cholesterin ist ein eigenständiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse. Auch nach LDL-Senkung unter 100 mg/dl bringt eine HDL-Erhöhung Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung (KHK) deutliche Vorteile. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der ARBITER-2-Studie.

Mehrere große Interventionsstudien konnten in der Vergangenheit zeigen, dass eine Senkung des LDL-Cholesterins mit Statinen die Inzidenz von kardiovaskulären Ereignissen um 24 bis 37% verringern kann. Dies bedeutet aber umgekehrt auch, dass die Mehrzahl der klinischen Events durch eine alleinige Statinbehandlung nicht zu verhindern ist. Mit der ARBITER (Arterial Biology for the Investigation of the Treatment Effects of Reducing Cholesterol)-2-Studie ist nun erstmals der direkte Beweis erbracht worden, dass die Kombination eines HDL-steigernden Nicotinsäurepräparates mit einem Statin einen zusätzlichen Nutzen bringt.

Das Studiendesign von ARBITER 2

Primärer Endpunkt dieser doppelblinden, plazebokontrollierten Studie war die an der Karotisarterie gemessene Intima-media-Dicke (CIMT) als Indikator für das Fortschreiten des atherosklerotischen Prozesses. In die Studie eingeschlossen wurden 167 Patienten mit bekannter KHK, darunter 83 Postinfarkt-Patienten. Der HDL-Ausgangswert vor Studienbeginn lag im Mittel bei 39 mg/dl. Das LDL-Cholesterin war bereits durch Statintherapie erfolgreich auf durchschnittlich 98 mg/dl gesenkt. Die Verum-Gruppe erhielt zusätzlich zum Statin Niaspan®, eine verzögert freisetzende Darreichungsform der Nicotinsäure.

Dünnere Intima media – weniger Ereignisse

Nach zwölfmonatiger Behandlung kam es bei den Patienten der Plazebo-Gruppe zu einer signifikanten Zunahme der Intima-media-Dicke um 0,044 mm. Die mit Nicotinsäure in retardierter Form behandelten Patienten dagegen verharrten praktisch auf dem Ausgangsniveau: die Zunahme betrug lediglich 0,014 mm. Dies zeigt, dass durch die Kombination von Statin plus Nicotinsäure die Progression der Atherosklerose gegenüber einer alleinigen Statintherapie zumindest verzögert werden kann. Zu berücksichtigen ist allerdings die ausgesprochen kurze Studienzeit von nur zwölf Monaten. In allen Studien zur Erhebung der klinischen Relevanz einer LDL-Senkung wurden erste Effekte frühestens nach 18 Monaten gesehen.

Flush-Symptomatik, aber keine Lebertoxizität

Gegenüber herkömmlichen Darreichungsformen von Nicotinsäure zeichnet sich Nicotinsäure in retardierter Form durch gute Verträglichkeit aus. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass bei dieser verzögert freisetzenden Formulierung der Abbau der Muttersubstanz sehr gleichmäßig auf zwei verschiedene Stoffwechselwege verteilt wird. Nicht nur die Ergebnisse der ARBITER-2-Studie, sondern vor allem auch mehrjährige Erfahrungen aus der klinischen Praxis mit hohen Fallzahlen – in den USA ist Niaspan® bereits seit 1997 zugelassen – zeigen inzwischen, dass unter der neuen Darreichungsform nicht mit schweren lebertoxischen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Häufigste Nebenwirkung ist eine auf der Haut auftretende, im Behandlungsverlauf rückläufige Flush-Symptomatik, die aber nur selten zum Therapieabbruch führt.

Sinnvoller Einsatz im Rahmen der Sekundärprävention

Von einer (zusätzlichen) Behandlung mit Niaspan® könnten vor allem Hochrisikopatienten profitieren, bei denen es im Zuge eines atherosklerotischen Geschehens bereits zu Folgeerkrankungen wie einer koronaren Herzkrankheit oder einem Herzinfarkt gekommen ist. Bei etwa zwei Dritteln dieser Patienten liegen die HDL-Spiegel mehr oder minder deutlich unter den geforderten Mindestwerten von 40 mg/dl. Dieser Risikofaktor lässt sich durch eine alleinige Statinbehandlung nur um 5 bis 15% anheben. Nicotinsäure hingegen schafft eine langsame, dafür aber umso kontinuierlichere Steigerung um 20 bis 35%.

Martin Wiehl, Erfurt

Quelle
Prof. Dr. John Chapmann, Paris; Prof. Dr. Raimund Erbel, Essen; Dr. Anthony Wierzbicki, London; Dr. Allen J Taylor, Washington; Prof. Dr. Eberhard Windler, Hamburg; Prof. Dr. Elisabeth Steinhagen-Thiessen, Berlin; Prof. Dr. Jim Shepherd, Glasgow: Video-Livekonferenz "Ergebnisse der ARBITER 2-Studie", Frankfurt, 11. November 2004, veranstaltet von der Merck KGaA, Frankfurt.

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