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AMPreisV: Bevorzugung von ausländischen Versandapotheken?
Rechtsanwalt Thomas J. Diekmann, Vertreter der Versandapotheke DocMorris, hob in seinem Vortrag hervor, dass der Arzneimittelversand lediglich eine besondere Betriebsform darstelle und daher alle wesentlichen Grundlagen des Apothekenrechts weiter Gültigkeit behielten. An die Sicherheitsstandards einer ausländischen EU-Apotheke dürften allerdings keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden, insbesondere müssten die jeweiligen nationalen Regelungen im Wortlaut nicht übereinstimmen. Erforderlich sei ein vergleichbarer, nicht etwa ein identischer Sicherheitsstandard.
Generelles Versandverbot europarechtswidrig?
Diekmann begründete seine Auffassung insbesondere mit der DocMorris-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, die die Versandhandelsdiskussion letztlich auf die Frage reduziert habe, welchen Sicherheitsstandard der jeweilige Anbieter gewährleisten müsse. An diese Wertung des europäischen Gerichts sei der nationale Gesetzgeber bei seiner Regulierung des Versandes mit verschreibungspflichtigen Medikamenten gebunden. Ein generelles Verbot des Versandes verschreibungspflichtiger Arzneimittel könne deshalb, so Diekmann, niemals europarechtskonform sein, da die Formulierung von versandspezifischen Sicherheitskriterien immer ein milderes Mittel darstelle und ein generelles Verbot deshalb unverhältnismäßig sei.
Geltung der Arzneimittelpreisverordnung?
Für erhebliche Kontroversen sorgte auf dem "Apotheken Recht Tag" die von Diekmann begrüßte und jüngst ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (vgl. AZ Nr. 40/2004, S. 1), wonach eine ausländische EU-Apotheke für Arzneimittellieferungen an Endverbraucher nicht an die Arzneimittelpreisverordnung gebunden sein soll. Nach dem Oberlandesgericht verlangt das Arzneimittelgesetz in § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a nur, dass der Versand entsprechend den "deutschen Vorschriften zum Versand oder zum elektronischen Handel" erfolgen muss. Eine zwingende Anwendbarkeit der Arzneimittelpreisverordnung ergebe sich aus dieser Bestimmung nicht. Gleiches gelte auch für die Erhebung einer Zuzahlung gemäß § 31 Abs. 3 43 BSGB V. Auch sie dürfe bei Lieferung durch eine ausländische EU-Apotheke entfallen.
Festpreisregelung ist "europafest"
Die Gegenposition hierzu bezog Prof. Dr. Elmar Mand, Universität Marburg. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Arzneimittelpreisverordnung nach deutschem Kollisionsrecht auch auf Arzneimittellieferungen ausländischer Versandapotheken an Verbraucher in Deutschland anzuwenden ist. Ein Verstoß gegen das Herkunftslandprinzip der E-Commerce-Richtlinie und des deutschen Teledienstegesetzes sei darin nicht zu erkennen; auch eine den EU-Binnenmarkt betreffende Beeinträchtigung des Warenverkehrs durch so genannte Maßnahmen gleicher Wirkung im Sinne des Artikels 28 EG liege nicht vor. Zumindest sei die Festpreisregelung als integraler Bestandteil des deutschen Gesundheitswesens gerechtfertigt und somit "europafest".
Das nationale Festpreissystem wird sich dauerhaft, so Mand, nur dann behaupten können, wenn es auch für den internationalen Versand Anwendung findet. Es bleibt daher spannend und abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm bestätigt oder ob er das Festpreissystems auch beim EU-Versandhandel zur Anwendung kommen lässt. Nicht auszuschließen ist auch, dass abermals der Europäische Gerichtshof zur Klärung der preis- und arzneimittelrechtlichen Fragen des grenzüberschreitenden Versandhandels angerufen wird.
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