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DAZ aktuell
Krankenhausapotheker Amann: Logistik und Beratung gehören zusammen (DAZ-Interview)
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Ihre Vorgängerin im Amt, Frau Dr. Krämer, sagte, ein Krankenhaus ohne Krankenhausapotheke ist kein richtiges Krankenhaus. Demnach gibt es in Deutschland einige "nicht richtige Krankenhäuser". Können sie sich mit dieser Aussage identifizieren?
Amann:
Diese Grundsatzaussage ist ja keine Einzelmeinung, sondern im Präsidium, dem ich vorher auch schon angehörte, abgestimmt worden. Wir haben mit dem Zukunftspapier der ADKA dargelegt, dass die optimale pharmazeutische Versorgung eines Krankenhauses durch die eigene Krankenhausapotheke erfolgt. Und mit dieser Meinung stehen wir nicht alleine. Sicher muss man für Klinikkonzerne Ideen entwickeln, wie hier die Versorgung beispielsweise mit dezentralen Teileinheiten sinnvoll organisiert wird.
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Nun ist es in Deutschland erlaubt, dass auch eine öffentliche Apotheke Krankenhäuser versorgen darf. Meinen Sie nicht auch, dass eine gute Versorgung auch von außen ablaufen kann? Oder ist da Konfliktstoff vorprogrammiert?
Amann:
Auch Krankenhaus versorgende Apotheken können Krankenhäuser gut mit Arzneimitteln beliefern. Ich habe in meinem Editorial zur Amtsübernahme geschrieben, die Krankenhausapotheke garantiert die sichere, ökonomische und patientennahe Arzneimittelversorgung im Krankenhaus. Eine sichere Arzneimittelbelieferung ist zwar auch von außen möglich, aber spätestens bei der Motivation zur pharmazeutischen und pharmakoökonomischen Beratung beginnt der Unterschied. Eine öffentliche Versorgungsapotheke hat das primäre Interesse, an der Versorgung Geld zu verdienen. Das muss sie auch und das ist nicht unanständig.
Die Krankenhausapotheke als Teileinheit des Krankenhauses erbringt dagegen alle ökonomischen Vorteile für das Krankenhaus. Dabei spielt weit mehr als nur der Arzneimittelpreis eine Rolle. Der Arzneimitteleinsatz im Krankenhaus, hier lohnt es sich, ökonomisch und auf die Qualität der Arzneimitteltherapie Einfluss zu nehmen. Dazu hat die Krankenhausapotheke eine andere Motivation als es eine öffentliche Versorgungsapotheke haben kann. Von da her bleibe ich bei der Aussage, dass für eine sichere, ökonomische und patientennahe Versorgung die Krankenhausapotheke die optimale Lösung darstellt.
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Sie sind als neuer Präsident der ADKA angetreten. Wir würden gerne Ihr Konzept kennen lernen, welche Richtung Sie während Ihrer Amtszeit einschlagen wollen. Wie sehen Sie den modernen Krankenhausapotheker?
Amann:
Die ADKA hat sich auf den richtigen Weg zur verantwortlichen Beteiligung an der Arzneimitteltherapie der Krankenhauspatienten begeben. In diesem Sinne werde ich weiterarbeiten. Wir haben in den ADKA-Thesen deutlich gesagt, wo wir die Position des Krankenhausapothekers sehen. Unsere Kernaussage heißt, der Krankenhausapotheker kümmert sich um die Arzneimitteltherapie des Patienten und zwar vom Anfang bis zum Ende. Das schließt im Prinzip die wesentlichen Tätigkeiten des Krankenhausapothekers ein.
Die Logistik ist die Basis, keine Frage, das muss funktionieren. Aber dann geht es bereits ins klinische Detail, beispielsweise in der Mitwirkung und Information zur Therapieentscheidung, bei der Entwicklung von Therapieleitlinien im Krankenhaus, die Arbeit in der Arzneimittelkommission, aber auch Durchführung der Arzneimittelanamnese, Dosisanpassungen und Arzneimittelinformation. Eine große Aufgabe für die Apotheker ist es, sich hier als neutraler Berater und unabhängiger Arzneimittelfachmann einzubringen und zugleich die Pharmakovigilanz zu pflegen.
Auch die dokumentierte Arzneimittelinformation, z. B. mit der von der ADKA entwickelten Arzneimittelinformationsdatenbank gehört zu den modernen Aufgaben eines Krankenhausapothekers. Die klassischen Bereiche der Pharmazie wie Arzneimittelherstellung und Arzneimittelprüfung haben mit neuen Schwerpunkten wie z. B. der zentralen Zytostatikazubereitung einen relevanten Teil am Berufsbild des Krankenhausapothekers.
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Wie sehen Sie die Entwicklung, wie es sie in manchen Ländern schon gibt, dass Krankenhausapotheker mit dem Arzt auf Visite ans Krankenbett gehen. Wie weit ist dies hier in Deutschland schon möglich?
Amann:
Der Krankenhausapotheker am Bett des Patienten ist in Deutschland Realität. Das ist noch nicht so verbreitet, wie wir es uns wünschen, aber wir sind hier auf dem richtigen Weg. Damit können wir zur Therapieoptimierung und zur Verhinderung von Medikationsfehlern beitragen, und das ist ja unser Kernthema. Wir haben deshalb eine Arbeitsgruppe zum Thema Unit Dose und eine Arbeitsgruppe zu Medikationsfehlern ins Leben gerufen. Auch hier sind Kollegen engagiert, die individuelle Arzneimitteltherapie zu verbessern.
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In manchen Ländern darf der Krankenhausapotheker sogar Wiederholungsrezepte ausstellen. Ist das für Sie eine Vision?
Amann:
Wir brauchen keine Wiederholungsverordnungen durch den Apotheker. Der Krankenhausapotheker als Teil des therapeutischen Teams bringt seinen spezifischen Sachverstand ein. Hier muss man nachbessern! Hier wollen wir Verantwortung übernehmen und den Arzt bei seinen Entscheidungen beraten. Ich habe nicht die Angst, dass wir da zu wenig dürfen, das Problem ist, dass wir im Moment vom Potenzial her zu wenig leisten können. Wie Sie zuletzt durch den Antrag des Marburger Bundes auf der Hauptversammlung zum Apothekengesetz im Herbst gesehen haben, arbeiten wir hier mit den Klinikärzten eng zusammen, um gemeinsam eine patientenorientierte Arzneimitteltherapie im Krankenhaus zu gestalten.
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Wie sehen Sie die Entwicklung der klinischen Pharmazie in Deutschland? Können Sie sich eine verstärkte Ausbildung in Richtung Krankenhauspharmazie vorstellen?
Amann:
Die klinische Pharmazie ist ein sehr wichtiges Fach, das wir sehr begrüßen. Wir haben uns daher aktiv bei der Überarbeitung der Approbationsordnung mit eingebracht. Viele Kollegen aus den Krankenhausapotheken sind ehrenamtlich in der Lehre engagiert. Wir haben z. B. in München seit mehreren Jahren die Vortragsreihe Klinische Pharmazie organisiert und durchgeführt, die jetzt zum Teil mit einem Lehrauftrag in die Ausbildung der Studenten einfließt. Auch bei der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft gibt es eine Arbeitsgemeinschaft Klinische Pharmazie, in der Krankenhausapotheker aktiv mitarbeiten.
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Ein Streitpunkt zwischen Krankenhaus- und Offizinapothekern war und ist die Öffnung des Krankenhauses für die ambulante Behandlung von Patienten. Offizinapotheker befürchten Umsatzverluste, Krankenhausapotheker wollen ihre Position festigen. Welche Einstellung nehmen Sie dazu ein?
Amann:
Den Aspekt der Konkurrenz oder des Wettbewerbs sehe ich nicht. Es war und ist kein Ziel der ADKA, aus den Krankenhausapotheken heraus eine Versorgung des ambulanten Bedarfs der Patienten anzustreben. Es werden mit der Öffnung der Krankenhausapotheke die Krankenhauspatienten mit dem versorgt, was im Krankenhaus angewandt wird. Da die Patienten, die früher stationär behandelt wurden, jetzt in neuen Versorgungsformen u. a. ambulant im Krankenhaus behandelt werden, hat sich der Versorgungsumfang der Krankenhausapotheke und der öffentlichen Apotheke nicht verändert.
Die preisgünstige Klinikware ist in über 1000 Krankenhaus versorgenden Apotheken vorhanden, die schon längst ambulante Patienten versorgen – das war nie ein Thema. Aber 550 Krankenhausapotheken bringen die Nation zum Zittern, das habe ich nie verstanden.
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Europakommissar Monti möchte die Kreisgrenzen bei der Krankenhausversorgung aufheben und durchsetzen, dass sich eine Krankenhausapotheke in Deutschland von überall her versorgen kann. Auch die Beratung soll von der Logistik getrennt werden. Welche Position nimmt die ADKA dazu ein?
Amann:
Eine ganz klare: Logistik und Beratung gehören für uns untrennbar zusammen. Es macht aus meiner Sicht fachlich gar keinen Sinn, Logistik und Beratung zu trennen. Logistik ist die Basisaufgabe, auf der wir aufbauen. Zum Arzneimittel gehört die Beratung, wenn es an den Patienten abgegeben oder durch die Pflegekräfte und Mediziner angewendet wird. Fehldosierungen, wie wir sie in großer Zahl z. B. durch die Prüfung bei der zentralen Zytostatikazubereitung verhindern können, müssen nicht zwangsläufig auffallen. Das ist ja das Fatale, dass Fehler im guten Glauben passieren.
Wenn Beratung und Logistik auf einer Schiene laufen, dann können Fehlentscheidungen rechtzeitig korrigiert werden und die Beratung kommt dort an, wo sie aktuell gebraucht wird. Sollten Logistik und Beratung getrennt werden, muss man sich bewusst machen, dass die Beratung einen ganz anderen Aufwand benötigt, weil man erst suchen muss, wo die Beratung notwendig ist.
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Könnten Sie sich eine europaweite Ausschreibung für die Arzneimittelbevorratung im Krankenhaus vorstellen?
Amann:
Vorstellen kann man sich viel. Natürlich kann man Arzneimittel europaweit ausschreiben. Ich frage mich nur, wie eine Apotheke in der EU deutsche Arzneimittel einkaufen und vertreiben wird. Denn nach wie vor ist doch nur in Deutschland verkehrsfähige Ware zugelassen. Man sollte ehrlich sein: Dieses Gesetz ändert nicht die europäischen Warenströme, dieses Gesetz ändert die Versorgungsstrukturen innerhalb Deutschlands. Wir laufen damit Gefahr, dass es dann wenige Großversorger gibt, die Päckchen packen und deutschlandweit Arzneimittel verschicken. Genau diese Zustände wurden durch die Änderung des Arzneimittelgesetzes in den 80er Jahren aufgehoben.
Inzwischen hat das allerdings eine ganz andere Dimension, denn eines ist klar: Diese Großversorger bedrohen nicht nur die pharmazeutische Betreuung in den Krankenhäusern, sondern genauso die in den Altenheimen und letztlich auch in der öffentlichen Apotheke. Auslöser des laufenden EU-Verfahrens waren schließlich zwei deutsche Krankenhausketten, die nach kostengünstigen Alternativen für ihre Arzneimittelversorgung aus öffentlichen Apotheken suchten.
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Haben Sie einen Lösungsansatz für diesen Konflikt?
Amann:
Ich habe eingangs schon auf die Lösung hingewiesen: die Krankenhausapotheke garantiert die sichere, ökonomische und patientennahe Arzneimittelversorgung im Krankenhaus. Dort, wo Krankenhäuser von einer Krankenhausapotheke mitversorgt werden sollen, muss es möglich sein, eine Krankenhauszweigapotheke einzurichten. Eine solche Krankenhauszweigapotheke kann dann als bedarfsgerecht ausgerüstete Einheit vor Ort als Teileinheit der Krankenhausapotheke fungieren, mit der man patientennahe Leistungen, Beratungen usw. vor Ort durchführen kann. Das ist ökonomisch und läuft trotzdem auf einem hohen qualitativen Niveau. So könnten auch die Sorgen der Krankenhausketten gelöst werden.
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Fühlen Sie sich von unserer Berufsvertretung, den Kammern und der ABDA, als Krankenhausapotheker ausreichend unterstützt oder eher vernachlässigt?
Amann:
Es gibt Bundesländer, in denen sind die Krankenhausapotheker sehr gut vertreten, bis hinein in die Vorstände der Kammern. Es gibt aber auch Bundesländer, in denen denkt man an Krankenhausapotheker höchstens, wenn man einen Vortragenden für einen pharmazeutischen Fachvortrag braucht.
Hinsichtlich der politischen Standesvertretung verstehe ich nicht, warum wir die fachliche und wirtschaftliche Berufsvertretung so verquickt haben. Äußerungen der Apotheker auf der fachlichen Ebene werden oft nicht so wahrgenommen oder sogar abgelehnt mit dem Hinweis auf privatwirtschaftliche Verstrickungen und fehlende wissenschaftlich fundierte Argumentation. Mein Wunsch wäre es, dass sich die Bundesapothekerkammer als fachliche Vertretung unseres Berufsstandes vergleichbar mit der Bundesärztekammer der fachlichen Belange der Pharmazie annimmt. ABDA oder Deutscher Apothekerverband könnten sich nachhaltig um die politische Vertretung der wirtschaftlichen Interessen kümmern. Das sind zwei völlig unterschiedliche Bereiche, die auch nicht immer das gleiche Ziel verfolgen können.
DAZ
Sie plädieren also für eine Stärkung der Bundesapothekerkammer?
Amann:
Die Bundesapothekerkammer muss auf der wissenschaftlich fachlichen Ebene gestärkt werden. Hier ist mehr Profil für das Ansehen der Apotheker insgesamt zu wünschen. Das schließt nicht aus, dass es auch gemeinsame Aktionen geben kann, dort wo es sinnvoll ist.
DAZ
Herr Amann, vielen Dank für das Gespräch.
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