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DAZ aktuell
Weder Bürgerversicherung noch Kopfpauschale überzeugen
"Die Umsetzung der bislang bekannten Vorschläge ist mit tiefgreifenden Veränderungen verbunden. Gerechtigkeitsdefizite, Steuererhöhungen und zahlreiche Einsprüche bei Krankenkassen, gefolgt von Klagen bei den Sozialgerichten sind zu erwarten", erklärte Beske bei der Vorstellung der Studie am 8. Dezember in Berlin. Zudem sei ein erheblicher und finanziell nicht kalkulierbarer Verwaltungsaufwand vorprogrammiert.
Bürgerversicherung: ungerecht
Am Konzept der Bürgerversicherung kritisierte Beske unter anderem eine Ungleichbehandlung der Versicherten durch die Einführung einer zweiten Beitragsbemessungsgrenze für Kapitaleinkünfte. Nach seinen Berechnungen müsste eine Familie, die lediglich Kapitaleinkünfte bezieht, jährlich bis zu 6.070 Euro mehr zahlen als eine Familie mit einem ebenso hohen Einkommen aus Arbeitslohn. Weiterhin verwies Beske darauf, dass die private Krankenversicherung (PKV) durch die Einführung der Bürgerversicherung den wichtigsten Teil ihres Geschäftsfeldes verlieren würde, denn 80 Prozent ihres Umsatzes schöpft die PKV aus der Vollversicherung. Ohne Privatpatienten stünden wiederum Ärzte und Krankenhäuser vor erheblichen finanziellen Problemen.
Kopfpauschale: Gigantischer Aufwand
Auch mit der Kopfpauschale sieht es nicht besser aus: "Wer dieses Problem einmal zu Ende denkt, schließt die Akte", so Beske. Er kritisiert vor allem den hohen Verwaltungsaufwand, den die staatliche Bezuschussung erfordern würde. Problematisch sei auch, dass die Pauschalen zeitnah zur Vergütung der Leistungserbringer verfügbar sein müssen, die Berechnung der Zuschüsse aus Steuern aber nur zeitverzögert erfolgen könne. Erschwerend komme hinzu, dass Steuerbescheide ihre Zeit bräuchten. Dies könnte zu nachträglichen Änderungen bei der Zuschussgewährung führen.
Beske rechnet hier mit einer Klageflut. Auch die Fixierung des Arbeitgeberbeitrages hält der Wissenschaftler für fraglich – insbesondere die Auszahlung. Soll diese an den Arbeitnehmer erfolgen und versteuert werden, so komme unterm Strich weniger für den Arbeitnehmer heraus als heute. Um dies zu verhindern müssten Steuergesetze ebenso wie das Sozialgesetzbuch geändert werden.
Kapitaldeckung: Wer soll das bezahlen?
Auch den Vorschlag der FDP, in der GKV eine vollständige Kapitaldeckung einzuführen, ist aus Beskes Sicht mit großen Problemen behaftet. Insbesondere die Übergangsbelastung, bis der Kapitalstock aufgebaut ist, wäre erheblich. Innerhalb von zehn Jahren müssten bis zu 920 Mrd. Euro angesammelt werden. "Ich wüsste niemanden, der sagen kann, woher das Geld kommen soll", gab Beske zu bedenken.
Parteien sollen Gesetzentwürfe vorlegen
Angesichts dieser Bestandsaufnahme fordert Beske von den Parteien noch vor der kommenden Bundestagswahl Gesetzentwürfe für ihre Reformkonzepte vorzulegen. Dies würde einen "heilsamen Zwang" für die Politik bedeuten: Bei der Bearbeitung könnten die Parteien erkennen, wo die Probleme liegen, so Beske. Zudem müsse die Bevölkerung erfahren, was wirklich auf sie zukommt. Allerdings ist Beske nicht überzeugt, dass die Politik die von ihm geforderte Ehrlichkeit an den Tag legen wird. Er selbst werde kurz vor der Wahl ein Konzept vorlegen, kündigte der Mediziner an. Noch hält er sich bedeckt, wie man die Reform besser angehen könnte.
AOK-Chef für parteiübergreifende Einigung
Der AOK-Vorstandschef Hans-Jürgen Ahrens lobte die Studie als "verdienstvoll". Er forderte von der Politik erneut eine parteiübergreifende Einigung über die anstehende Reform. Man müsse sich zusammensetzen und sehen, was man gemeinsam wolle, sagte Ahrens. Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Manfred Richter-Reichhelm, monierte, dass keine der bekannten Reformoptionen die ursprüngliche Hauptforderung der Nachhaltigkeit erfülle. Auch er räumte ein, "kein Patentrezept" zu haben. Er betonte jedoch, dass die Ausgabenseite nicht der richtige Reformansatz sei: "Diese Zitrone ist ausgequetscht".
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