Arzneimittel und Therapie

Lungenkrebs: Pemetrexed zur Chemotherapie von Asbesttumor

hel | Pemetrexed (Alimta®) ist ein neues Chemotherapeutikum, das seit September 2004 in Europa für die Rezidivtherapie bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) und in Kombination mit Cisplatin für die Primärtherapie von Patienten mit Pleuramesotheliom (Asbesttumor) zugelassen ist.

Pemetrexed greift in den Folsäure-Stoffwechsel ein, indem es drei Schlüsselenzyme des Folatstoffwechsels hemmt und so die DNA- und RNA-Synthese der Zelle beeinträchtigt. Pemetrexed wird alle drei Wochen als Kurzinfusion zusammen mit Folsäure und Vitamin B12 verabreicht. Ein einfaches Applikationsschema als 10-Minuten-Infusion ermöglicht meist eine ambulante Behandlung. Derzeit wird Pemetrexed in laufenden klinischen Studien unter anderem beim Pankreaskarzinom, Kolonkarzinom, Mammakarzinom und bei Kopf-Hals-Tumoren untersucht.

Längeres Überleben, Symptome verbessert

Die Wirksamkeit von Pemetrexed beim malignen Pleuramesotheliom wurde in einer Studie mit 448 Patienten untersucht. Die Patienten erhielten entweder Pemetrexed (500 mg/m² KO [Körperoberfläche]) über 10 Minuten infundiert und 30 Minuten später Cisplatin (75 mg/m² KO), beides jeweils an Tag 1 eines dreiwöchigen Zyklus oder Kochsalzlösung und eine Cisplatin-Monotherapie (75 mg/m² KO) ebenfalls an Tag 1 alle drei Wochen. Die Patienten, welche die Kombination Pemetrexed/Cisplatin erhalten hatten, lebten im Vergleich zu den Patienten mit der Cisplatin-Monotherapie drei Monate länger (12,1 Monate versus 9,3 Monate).

Nach einem Jahr lebten noch mehr als die Hälfte der Patienten mit der Kombinationstherapie, bei der Cisplatin-Monotherapie waren es 38%. Die Zeit bis zur Progression war bei der Kombinationstherapie länger (5,7 versus 3,9 Monate), die Ansprechrate lag mit 41 versus 17% ebenfalls signifikant höher. Bei den Patienten besserten sich durch die Kombinationstherapie auch Symptome wie Husten, Atemnot und Schmerzen sowie Lungenfunktion und Lebensqualität signifikant.
 

Der Asbesttumor – eine aggressive Krebserkrankung 

Als hitzebeständiges "Material der tausend Möglichkeiten" wurde Asbest vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg in der Industrie, im Handwerk und im privaten Bereich als Isoliermaterial, Feuerschutz, Beimengung zu Zement und in Bremsbelägen eingesetzt. Das faserartige Mineral brennt nicht und schmilzt erst bei über 1000 Grad Celsius. Obwohl schon vor 100 Jahren bekannt war, dass Asbest der Gesundheit schadet, gibt es Schutzvorschriften erst seit 1972. Seit 1993 sind Herstellung und Verwendung in Deutschland verboten.

Die Folgen der späten Vorsichtsmaßnahmen für die Gesundheit dürften erst in den kommenden Jahren deutlich werden: Lungenkrebs und Karzinome in Rippen- und Bauchfell, ferner Pleura- und Peritoneal-Mesotheliome. Da es 30 bis 50 Jahre dauert, bis Asbest in der Lunge eines Menschen ein Mesotheliom verursacht, stehen wir somit vermutlich erst am Anfang einer Welle von Mesotheliomkranken, die voraussichtlich in etwa 20 Jahren ihren Höhepunkt erreichen wird.

Das maligne Pleuramesotheliom ist eine besonders aggressive Krebserkrankung, die praktisch nicht heilbar ist. Die meisten Mesotheliome verlaufen innerhalb eines Jahres tödlich. Dies liegt vor allem daran, dass dieser Krebs selten so frühzeitig entdeckt wird, dass man ihn heilen kann. Eine Heilung ist bisher nur durch die radikale chirurgische Entfernung aller Krebszellen möglich. Medikamente und Strahlen können den Krebs allenfalls stoppen, und das nur kurzzeitig. Da der Tumor die Oberfläche des Lungenfells und des Brustfells großflächig befällt, müssen das gesamte Lungen- und Brustfell sowie die angrenzenden Gewebe entfernt werden.

In dem Bemühen, wirklich radikal zu operieren, werden manchmal die gesamte befallene Lunge und Teile des Zwerchfells mit entfernt. Trotzdem kommt es auch bei sorgfältigster chirurgischer Technik sehr häufig zu einem Rückfall der Erkrankung, ausgehend von winzigen Resten im Gewebe des Brustkorbs.

Rezidivtherapie bei NSLC

Zur Rezidivtherapie des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) war Pemetrexed in einer Phase-III-Studie im Hinblick auf Überleben und Tumoransprechen vergleichbar wirksam wie der bisherige Therapiestandard Docetaxel, erwies sich gleichzeitig aber als signifikant besser verträglich. In der Zulassungsstudie wurden 283 Patienten mit Pemetrexed und 288 Patienten mit Docetaxel behandelt. Die Patienten erhielten entweder 500 mg/m² Pemetrexed als 10-Minuten-Infusion alle 21 Tage oder 75 mg/m² Docetaxel intravenös über eine Stunde an Tag 1 ebenfalls alle 21 Tage.

Beide Therapieregime waren vergleichbar wirksam: In der Pemetrexed-Gruppe lag die Gesamt-Ansprechrate bei 9,1%, unter der Behandlung mit Docetaxel bei 8,8%. Eine Stabilisierung der Tumorerkrankung ließ sich bei 45,8% der mit Pemetrexed und bei 46,4% der mit Docetaxel behandelten Patienten erreichen. Pemetrexed-Patienten überlebten durchschnittlich 8,3 Monate, Patienten der Docetaxel-Gruppe 7,9 Monate.

Besser verträglich als Docetaxel

Pemetrexed kann, wie andere Zytostatika auch, die Knochenmarkfunktion unterdrücken. Daher ist die wichtigste Nebenwirkung eine Neutropenie, gefolgt von Thrombozytopenie, Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen und Müdigkeit. Pemetrexed ist besser verträglich als Docetaxel: Unter der Therapie mit Pemetrexed traten Neutropenien, die eine Therapie erforderlich machen, seltener auf. So erlitten 40,2% der Docetaxel-Patienten eine schwere Neutropenie (Grad 3 und 4), dagegen nur 5,3% der Pemetrexed-Patienten.

Auch neutropenisches Fieber trat mit einer Rate von lediglich 1,9% unter der Therapie mit Pemetrexed signifikant seltener auf als unter Docetaxel-Behandlung mit 12,7%. Patienten der Docetaxel-Gruppe mussten auch signifikant häufiger wegen febriler Neutropenie hospitalisiert werden als Patienten, die mit Pemetrexed behandelt wurden (13,4 vs. 1,5%). Auch nicht-hämatologische Toxizitäten waren unter Pemetrexed-Gabe seltener: Haarausfall trat unter Docetaxel-Therapie bei 37,7%, unter Pemetrexed-Behandlung nur bei 6,4% der Patienten auf, Durchfälle waren nur halb so häufig wie mit Docetaxel (12,8% vs. 24,3%).
 

Steckbrief: Pemetrexed

Handelsname/Hersteller: Alimta (Lilly Deutschland, Bad Homburg) 
Einführungsdatum: 1. November 2004 
Zusammensetzung: Jede Durchstechflasche enthält 500 mg Pemetrexed (als Pemetrexeddinatrium). Jede Durchstechflasche muss mit 20 ml 0,9%iger Natriumchlorid-Injektionslösung (9 mg/ml) aufgelöst werden, was eine Lösung von 25 mg/ml ergibt. Das entsprechende Volumen der notwendigen Dosis wird der Durchstechflasche entnommen und mit 0,9%iger Natriumchlorid-Injektionslösung (9 mg/ml) auf 100 ml weiter verdünnt. Hilfsstoffe: Mannitol, Salzsäure, Natriumhydroxid. 
Packungsgrößen, Preise und PZN: 1 Durchstechflasche, Euro 1820,71, PZN 3753361
Stoffklasse: Zytostatika; Folsäureanalogon 
Indikation: Pemetrexed in Kombination mit Cisplatin ist angezeigt zur Behandlung von chemonaiven Patienten mit inoperablem malignem Pleuramesotheliom. Zur Monotherapie ist es angezeigt zur Behandlung von Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom nach vorangegangener Chemotherapie. 
Dosierung: Bei Patienten mit malignem Pleuramesotheliom beträgt die empfohlene Dosis von Pemetrexed in Kombination mit Cisplatin 500 mg/m² Körperoberfläche (KOF), verabreicht als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 10 Minuten am ersten Tag jedes 21-tägigen Behandlungszyklus. Bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom beträgt die empfohlene Dosis von Pemetrexed 500 mg/m² KOF, verabreicht als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 10 Minuten am ersten Tag jedes 21-tägigen Behandlungszyklus. 
Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Pemetrexed oder einen der sonstigen 
Bestandteile. Während der Behandlung mit Pemetrexed darf nicht gestillt werden. Gleichzeitige Gelbfieberimpfung. 
Nebenwirkungen: Sehr häufig: neutrophile Granulozyten, Hämoglobin und Thrombozyten erniedrigt; Übelkeit, Erbrechen, Stomatitis/Pharyngitis, Appetitverlust; Müdigkeit; Diarrhö, Obstipation; Neuropathie, Empfindungsstörung; Kreatinin erhöht, Kreatinin-Clearance erniedrigt; Hautrötung, Abschuppung, Haarausfall. Häufig: Konjunktivitis; Dyspepsie, Fieber, Dehydratation, Geschmacksstörung, Juckreiz. 
Wechselwirkungen: Bei der gleichzeitigen Anwendung nephrotoxischer Arzneimittel (z. B. Aminoglykoside, Schleifendiuretika, platinhaltige Arzneimittel, Ciclosporin) besteht die Gefahr einer verzögerten Ausscheidung von Pemetrexed. Die gleichzeitige Anwendung von Substanzen, die ebenfalls tubulär sezerniert werden (z. B. Probenecid, Penicillinen), kann zu einer verzögerten Ausscheidung von Pemetrexed führen. Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion können hohe Dosen nichtsteroidaler Antiphlogistika und Acetylsalicylsäure eine verringerte Pemetrexed-Ausscheidung mit der Folge von vermehrten Nebenwirkungen zur Folge haben. 
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Pemetrexed kann die Knochenmarkfunktion unterdrücken; dies manifestiert sich als Neutropenie, Thrombozytopenie und Anämie. Bei mit Pemetrexed behandelten Patienten sind Folsäure und Vitamin B12 als prophylaktische Maßnahme zur Reduktion behandlungsbedingter Toxizität anzuwenden. Eine Vorbehandlung mit Dexamethason (oder Äquivalent) kann die Häufigkeit und Schwere von Hautreaktionen verringern. Bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance von unter 45 ml/min wird die Anwendung nicht empfohlen. Aufgrund der gastrointestinalen Toxizität von Pemetrexed in Kombination mit Cisplatin wurden schwere Dehydratationen beobachtet. Schwer wiegende kardiovaskuläre Ereignisse, einschließlich Myokardinfarkt, und zerebrovaskuläre Ereignisse wurden in klinischen Studien mit Pemetrexed gelegentlich berichtet, wenn dieser Wirkstoff in Kombination mit einem anderen zytotoxischen Wirkstoff verabreicht wurde. Pemetrexed kann ferner das Erbgut schädigen.

Ausscheidung über die Nieren

Pemetrexed wird hauptsächlich unverändert renal durch glomeruläre Filtration und in geringerem Ausmaß durch tubuläre Sekretion ausgeschieden. Eine gleichzeitige Anwendung nephrotoxischer Arzneimittel (z. B. Aminoglycoside, Schleifendiuretika, platinhaltige Arzneimittel, Ciclosporin) könnte zu einer verzögerten Ausscheidung von Pemetrexed führen. Diese Kombination sollte daher mit Vorsicht angewendet werden. Sofern notwendig, sollte die Kreatinin-Clearance eng überwacht werden.

Die gleichzeitige Anwendung von Substanzen, die ebenfalls tubulär sezerniert werden (z. B. Probenecid, Penicillin), kann möglicherweise zu einer verzögerten Ausscheidung von Pemetrexed führen. Wenn diese Arzneimittel mit Pemetrexed kombiniert werden, sollte dies mit Vorsicht geschehen. Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance > 80 ml/min) können hohe Dosen nicht-steroidaler Antiphlogistika (NSAIDs wie Ibuprofen > 1600 mg/Tag) und Acetylsalicylsäure in hoher Dosierung (> 1,3 g täglich) zu einer verringerten Pemetrexed-Ausscheidung mit der Folge von vermehrten Nebenwirkungen führen. Daher ist Vorsicht geboten, wenn bei Patienten mit normaler Nierenfunktion hohe Dosen von NSAIDs oder Acetylsalicylsäure angewendet werden.

Pemetrexed wird nur gering hepatisch metabolisiert. Ergebnisse aus In-vitro-Studien mit humanen Lebermikrosomen deuten darauf hin, dass keine klinisch signifikante Inhibition der metabolischen Clearance von Arzneimitteln zu erwarten ist, die von den Cytochromen CYP3A, CYP2D6, CYP2C9 und CYP1A2 metabolisiert werden. 

Quelle 
Vogelzang, NJ; et al.: Phase III study of pemetrexed in combination with cisplatin versus cisplatin alone in patients with 
malignant pleural mesothelioma. J Clin Oncol 2003, 21: 2636 – 2644. 
Hanna, N; et al.: Randomized phase III trial of pemetrexed versus docetaxel in patients with non-small-cell lung cancer 
previously treated with chemotherapy. J Clin Oncol 2004, 22: 1589 – 1597.

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