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Praxis aktuell
Betreuung: Gut beraten bei Neurodermitis
Drei Säulen der Therapie
Die drei "Säulen" der Neurodermitis-Therapie sind – je nach Schwere der Erkrankung – eine konsequente Basispflege, eine medikamentöse Therapie sowie adjuvante Therapieverfahren. Aus diesen drei Behandlungsoptionen lassen sich für das Beratungsgespräch drei Fragen ableiten, die – auch wenn die Zeit einmal knapp sein sollte – eine "Rumdumbetreuung" des Patienten gewährleisten.
Drei "W"-Fragen fürs Beratungsgespräch
Um den Einstieg ins Gespräch zu erleichtern, empfiehlt es sich, offene Fragen zu stellen – so genannte "W"-Fragen: wie? womit? was? welche?
1. Frage: Wie kommen Sie mit der Basispflege zurecht? Die Hautpflege mit rückfettenden Salben, Cremes und Ölbädern hat auch in beschwerdefreien Zeiten eine herausragende Bedeutung. Das bedeutet: es muss täglich gecremt werden, auch wenn die Haut in Ordnung ist. Dabei gilt die Regel: "Feucht auf feucht, fett auf trocken!", d. h. je stärker die Haut entzündet ist, desto weniger Fett, aber umso mehr Feuchtigkeit sollte in der Basispflege enthalten sein.
Nun ist es beileibe nicht so, dass eine einmal gefundene gut verträgliche Basispflege ein für allemal beibehalten werden kann. Im Sommer muss die Haut oft anders gepflegt werden als im Winter. Bei Kindern kann es vorkommen, dass die verordnete Basiscreme aus unerklärlichen Gründen einfach abgelehnt wird, und deshalb nach einer Alternative gesucht werden muss. Hilfreich ist in diesen Fällen, in der Apotheke eine Liste mit erprobten Präparaten oder Rezepturen zur Hand zu haben. Eine solche Liste (siehe Tab. 1) kann durch die Erfahrungen der Patienten und neu auf den Markt gekommene Präparate ständig anwachsen.
Tab. 1: Basispflege der Neurodermitis
Hautzustand | Präparate (Bsp.), weitere Empfehlungen |
---|---|
Trockene, nicht geschädigte Haut | Linola® Gamma Creme, Linola Urea® Creme Ölbäder (Balneum Hermal® Ölbäder, Linola® Fett Ölbad, Excipial® Mandelölbad) |
Trockene, leicht geschädigte Haut, Juckreiz | Optiderm® Creme, Bedan® Lotio |
Stark juckende, nässende Gesichtshaut | Umschläge mit schwarzem Tee Kühlsalbe DAB 10 |
Pflege im Augenbereich | Aloe-vera-Gel (Natura) |
Nässende, leicht geschädigte Hautareale | Zinkoxid-Schüttelmixtur DAB 10 |
2. Frage: Wie soll das Cortison angewendet werden? Auch nach Zulassung der Immunsuppressiva Tacrolimus und Pimecrolimus zur lokalen Therapie der Neurodermitis sind Glucocorticoide bei den meisten Ärzten noch Mittel der ersten Wahl für den akuten Schub. Dabei ist eine korrekte Anwendung sehr wichtig. Hinweise im Beratungsgespräch sind z. B.:
- Anwendung kurzfristig und keinesfalls prophylaktisch.
- Anweisung des Arztes (z. B. einmal täglich morgens) genau einhalten.
- Cortison ersetzt nicht die Basispflege.
Nach wie vor besteht eine große Cortison-Angst, vor allem bei den Eltern sehr junger Neurodermitis-Patienten. Folgende Argumente können hier zur Beruhigung vorgebracht werden:
- Da die Anwendung nur kurzfristig und lokal erfolgt, sind Nebenwirkungen wie z. B. Hautatrophie sehr selten.
- Hydrocortison (Cortisol) ist eine körpereigene Substanz, die beim Erwachsenen täglich in Mengen von 15 bis 60 mg von der Nebennierenrinde produziert wird.
- Glucocorticoide sind im akuten Schub gut und schnell wirksam. Hat der Patient erst einmal diese Erfahrung gemacht, schwindet in der Regel auch die Cortison-Angst.
3. Frage: Welche Probleme gibt es noch? Hierbei können adjuvante Therapien, die dritte Säule, oder auch komplementäre Therapieformen, wie z. B. die Homöopathie, zur Sprache kommen. Als gut wirksame adjuvante Therapien, sind z. B. die Phototherapie (UV-A-Strahlen) oder die Einnahme von Gamma-Linolensäure (z. B. in Nachtkerzen- und Borretschsamenöl) zu nennen. Auch mit einer homöopathischen oder psychotherapeutischen Behandlung lassen sich bei einigen Patienten gute Erfolge erzielen. Hält der Mitarbeiter, der das Beratungsgespräch durchführt, selbst nichts von der Homöopathie, empfiehlt es sich, dem Patienten den Gang zum Heilpraktiker dennoch nicht "auszureden", sondern ihn zu ermutigen. Viele Neurodermitiker haben nämlich schon einen langen Leidensweg hinter sich und klammern sich an jeden "Strohhalm" – und vielleicht hilft eine homöopathische Behandlung gerade diesem Patienten. Außerdem empfiehlt sich im Rahmen der dritten Frage ein Hinweis auf die so genannten Triggerfaktoren der Neurodermitis (siehe Tab. 2). Dies sind äußere Einflüsse, die den Hautzustand verschlimmern können und die es daher zu meiden gilt.
Tab. 2: Triggerfaktoren der Neurodermitis (Auswahl)
Allergene | Hausstaubmilben, Pollen, Tierhaare |
psychische Faktoren | Stress, gestörte Mutter-Kind-Beziehung |
Chemikalien | Konservierungsstoffe, Waschmittelrückstände |
Krankheitserreger | Bakterien, Viren (Herpes!) |
Kleidung | Wolle (Schaf, Angora, Mohär), synthetische Stoffe Alternative: Baumwolle, Seide, spezielle Neurodermitisanzüge bzw. -handschuhe (z.B. von Allergika®, Delimed®) |
Info-Blätter für zu Hause
Nur drei Fragen – aber daraus kann sich durchaus eine sehr komplexe und inhaltsreiche Beratung entwickeln. Um zu verhindern, dass der Patient wichtiges vergessen hat, wenn er zu Hause ankommt, empfiehlt es sich, ein kleines Info-Blatt mitzugeben (natürlich mit dem Apotheken-Logo), das z. B. wichtige Hinweise zur Hautpflege enthält (siehe Kasten).
Kontakte vermitteln
Eine weitere Hilfe kann die Apotheke geben, wenn sie Adressen von Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen bereithält. An einigen Hautkliniken werden Neurodermitis-Schulungen durchgeführt, wo Patienten lernen, mit ihrer Krankheit besser umzugehen (siehe Kasten).
Spezialisieren Sie sich!
Befinden sich im Einzugsbereich Ihrer Apotheke mehrere Dermatologen und/oder Kinderärzte kann es sich lohnen, sich stärker auf Neurodermitis oder auch weitergehend auf chronische Hauterkrankungen oder Allergieberatung zu spezialisieren. Dabei müssen Sie nicht bei Null anfangen – es gibt Partner, auf deren Erfahrung Sie aufbauen können. Hier zwei Beispiele:
– Das Schwelmer Modell: Bei dem seit 1987 existierenden Modell handelt es sich um ein komplementäres Angebot für Patienten und Ärzte. Bundesweit gibt es inzwischen vier Therapiezentren (Schwelm, Lingen, Münster, Hürth-Gleuel), die nach diesem Modell arbeiten. Für Apothekenpersonal besteht die Möglichkeit, an einer Fortbildung teilzunehmen und eine Qualifikation zum "Allergieberater" zu erwerben. Weitere Informationen erhalten Sie unter: Neurodermitis-Therapie Schwelmer Modell GmbH, Markgrafenstraße 6, 58332 Schwelm, Tel. (0 23 36) 47 98-0, Fax (0 23 36) 47 98-47
– ERFA-Gruppe "Pharmazeutische Hautberatung": Das Projekt "Pharmazeutische Hautberatung", entwickelt in einer Berliner Apotheke, wird seit Januar 2002 in Apotheken verschiedener Bundesländer durchgeführt. Ziel ist es, eine ganzheitliche Betreuung von Patienten mit chronischen Hautkrankheiten, insbesondere Neurodermitis, so in die Arbeitsabläufe zu integrieren, dass es auch den ökonomischen Interessen der Apotheke entspricht. Die teilnehmenden Apotheken arbeiten in ERFA-Gruppen zusammen, diese existieren zurzeit in Nürnberg, Potsdam und Bielefeld. Informationen erhalten Sie unter: www.neuroderma.de, Tel. (0 30) 9 25 86 30 (Apothekerin Kathrin Büke, Projektleiterin).
Fürs Info-Blatt: Empfehlungen zur Hautpflege
Kontaktadressen
Bundesverband Neurodermitiskranker in Deutschland e. V. in Boppard, Tel. (0 67 42) 25 98 Deutscher Neurodermitiker Bund e. V., Mozartstr. 11, 22083 Hamburg, Tel. (0 40) 2 20 57 57 Deutsche Haut- und Allergiehilfe e. V., Gotenstr. 164, 53175 Bonn, Tel. (02 28) 3 67 91 90 Allergiker Selbsthilfe e. V. Bundesverband, Herman-Löns-Weg 11 a, 65779 Kelkheim, Tel. (0 61 95) 91 06 74 PBEH – Patientenberatung bei Erkrankungen der Haut, Tel. (0 40) 22-33-99-0, www.hauterkrankungen.org Dermatologische Klinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Tel. (0 91 31) 85 33 85-0, www.dermis.net (Neurodermitisschulungen) Reha-Klinik Neuharlingersiel (Neurodermitisschulung "Agnes e. V."), www.rehaklinik-neuharlingersiel.de)
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