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Arzneimittel und Therapie
Hemmung von Adhäsionsmolekülen: Efalizumab bei Psoriasis
Die Psoriasis, die Polyarthritis und die Multiple Sklerose sind nur drei Beispiele für chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankungen, die allein in Deutschland viele Millionen Menschen meist Jahrzehnte lang betreffen. Bei der Psoriasis aktivieren auf dem Boden einer genetischen Prädisposition verschiedene Umweltfaktoren, wie etwa Streptokokken-Infektionen, mechanische Reize, Medikamenteneinnahme, hormonelle Umstellungen oder schwere psychische Belastungen, antigenspezifische T-Lymphozyten.
Bei den Betroffenen erscheinen die charakteristischen silbrigen Schuppen ein bis zwei Mal pro Jahr an Ellenbogen, Knien und über dem Steißbein. Ein Drittel der Patienten ist mäßig schwer bis schwer betroffen, und 60% der Patienten leiden häufig unter Rezidiven. Meist bricht die Erkrankung im frühen Erwachsenenalter aus und begleitet die Betroffenen ein Leben lang.
Gesteigerte Keratinozyten-Proliferation
Das auffälligste Merkmal der Psoriasis ist die bis zu zehnfach gesteigerte Proliferation der Keratinozyten in der Epidermis. Anstelle der üblichen 28 Tage regeneriert sich die Epidermis von Psoriatikern alle drei bis fünf Tage. Dadurch kommt es zu einer Hyperkeratose und einer starken Schuppung der Haut. In der Haut spielen sich dabei zahlreiche entzündliche Vorgänge ab, die zu einer Hautrötung führen. In der Dermis befindet sich eine erhöhte Anzahl von aktivierten T-Lymphozyten.
Adhäsionsmoleküle im Entzündungsgeschehen
Bei lokalen Entzündungen oder Gewebeschäden wandern Leukozyten aus dem Blut in das betroffene Gewebe ein und vermitteln dort die zelluläre Immunabwehr. Voraussetzung für die Einwanderung, die Migration, ist das Anheften, die Adhäsion der im Blut zirkulierenden Leukozyten am Gefäßendothel. Dieses Anheften wird durch Adhäsionsmoleküle vermittelt. Adhäsionsmoleküle werden in Selektine, Integrine und die Immunglobulin-Superfamilie (ICAM) unterteilt.
Selektine vermitteln den ersten Kontakt zwischen dem weißen Blutkörperchen und dem Endothel. Dann rollen die Leukozyten langsam an der Wand der Blutgefäße entlang und heften sich über Integrine auf den Endothelzellen fest an das Gefäßendothel an. Der Durchtritt in das Gewebe wird vor allem über die interzellulären ICAM-Adhäsionsmoleküle ermöglicht.
Efalizumab blockiert Adhäsion
Efalizumab blockiert das CD11a-Molekül auf T-Zellen, das ist die Alpha-Kette von LFA-1, dem Lymphozyten-Funktions-Antigen. Als Folge kann LFA-1 nicht mehr an seinen Liganden an der Endothelzelle binden, das interzelluläre Adhäsionsmolekül ICAM-1. Wenn die Interaktion von LFA-1 mit ICAM-1 verhindert wird, können die T-Zellen nicht mehr an die Endothelzellen binden und von dort aus dem Blut in die Dermis übertreten. Die T-Zellen werden nicht mehr aktiviert und setzen keine inflammatorischen Zytokine mehr frei. So wird die übermäßige Proliferation der Keratinozyten bei der Psoriasis unterdrückt.
Einmal wöchentliche Injektion
In Studien der Phase III wurde Efalizumab einmal wöchentlich injiziert. Bis jetzt wurden über 2100 Patienten mit mittlerer bis schwerer Plaque-Psoriasis in Phase-III-Studien plazebokontrolliert mit Raptiva® behandelt. Die gepoolten Daten aus drei Studien ergaben bei 28% der Patienten unter der Therapie mit Efalizumab eine 75%-ige Reduktion des Psoriasis-Schweregrades (PASI, psoriasis activity and severity index) im Vergleich zu nur 4% unter der Plazebobehandlung. Bei 56% der Efalizumab-Patienten und nur bei 15% der Plazebo-Patienten kam es zu einer 50%-igen Besserung. Die meisten Patienten sprachen rasch auf die Behandlung mit Efalizumab an. Klinisch relevante Verbesserungen wurden bereits nach zwei Wochen beobachtet.
Gut verträglich
Efalizumab wurde in den Studien generell gut vertragen. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen gehörten Kopfschmerz, Frösteln, unspezifische Infektionen wie Erkältungen, Schmerzen, Fieber und Asthenie. Diese unerwünschten Ereignisse traten fast ausschließlich zu Beginn der Studie auf und verschwanden nach der ersten bis zweiten Injektion. Hiervon waren insgesamt weniger als 5% der Studienteilnehmer betroffen. Ein Rebound-Effekt nach abruptem Absetzen von Raptiva® trat bei 3% der Studienteilnehmer auf.
Zulassung für 2003 beantragt
Ein Antrag auf Zulassung von Efalizumab zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis wurde am 23. Dezember 2002 bei der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) eingereicht. Bei der europäischen Behörde für die Evaluation von Arzneimitteln (EMEA) wurde ein Antrag auf Zulassung am 26. Februar 2003 eingereicht.
Raptiva® wird in den USA und Japan von Genentech und in allen anderen Ländern von Serono vermarktet werden. Der Antikörper wird außerdem zur Zeit in klinischen Studien der Phase II auf seine Verwendung bei rheumatoider Arthritis und Psoriasis-bedingter Arthritis untersucht.
Quelle
Prof. Dr. Thomas A. Luger, Münster; Prof. Dr. Jörg C. Prinz, München; Wayne P. Gulliver, MD FRPC, St. John's/Canada; Alan Menter, MD, Dallas/Texas USA; Satelliten-Symposium und Pressekonferenz: "Efalizumab – mechanisms of action and new clinical results", Berlin, 7. Mai 2003, veranstaltet von Serono GmbH, Unterschleißheim.
Adhäsionsmoleküle spielen bei vielen chronisch-entzündlichen Autoimmunerkrankungen eine wichtige Rolle, weil sie für das Eindringen von aktivierten T-Lymphozyten in die entzündlichen Gewebe verantwortlich sind. Jetzt steht mit Efalizumab (vorgesehener Handelsname Raptiva) ein neuer Wirkstoff zur Behandlung der Psoriasis zur Verfügung, der über eine Hemmung dieser Adhäsionsmoleküle wirkt.
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