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Bundesrat: Länder stimmen gegen Positivliste
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) machte sich im Bundesrat zum Wortführer der Positivlisten-Gegner. Vor allem Hessen treffe das neue Gesetz, da hier besonders viele Pharmaunternehmen angesiedelt seien. 26 000 Jobs "gehe es an den Kragen". Deutschland werde kein interessanter Standort für internationale Pharmaforschung mehr sein.
Koch vertrat die Auffassung, dass die Politik nicht über eine solch umfassende Arzneimittel-Liste entscheiden könne. Es sei Aufgabe der Ärzte, zu beurteilen, welche Therapie für ihre Patienten am besten sei. Auch das Argument, in anderen Ländern existierten Positivlisten, ließ Koch nicht gelten. So seien in den USA oder Frankreich die Arzneimittelausgaben viel höher als in Deutschland.
Gegen eine "Stiftung Warentest" für Medikamente hat Koch hingegen nichts: "Wer hindert die deutschen Krankenkassen und Ärzte, zusammen ein Institut zu schaffen, das jeden Monat veröffentlicht, was sie in welchem Bereich geprüft haben?". Dies sei sicher eine solidere Basis, als zu glauben, dass eine neunköpfige Kommission auf mehreren tausend Seiten zentral für die ganze Bundesrepublik alle Medikamente bearbeiten könne.
Für Koch ist eines klar: Mit der Positivliste "werden wir weder das deutsche Gesundheitswesen sanieren, noch irgendeinem Patienten helfen". Zu befürchten sei vielmehr eine Verteuerung der Arzneimittelversorgung durch Substitution. Koch kündigte an, dass die Union die Positivliste nicht isoliert betrachten werde, sondern im Zusammenhang mit dem anschließenden Reformgesetz.
Sollte die Positivliste verabschiedet werden, so sei eine Gesundheitsreform – jedenfalls mit der hessischen Landesregierung – nur möglich, wenn dort wieder zu Bedingungen zurückgekehrt werde, "dass Ärzte in Deutschland entscheiden, welche Medikamente richtig sind – und nicht eine Bürokratie".
"Rindviecher in toto" als Wirkstoff anerkannt
Auch der Gesundheitsminister von Thüringen Frank-Michael Pietzsch (CDU) – selbst Mediziner – teilt die Befürchtungen Kochs. Er bezeichnete das Gesetz als insgesamt "untauglich". Es kritisierte u. a. den Anhang für besondere Therapieformen. So gehörten hier "Rindviecher in toto" zu anerkannten Wirkstoffgruppen – Osteoporose-Patientinnen müssten hingegen erst einen Knochenbruch abwarten, ehe sie die notwendigen elementaren Wirkstoffe erhalten.
Pietzschs Fazit: "Aus medizinischer Sicht ist das Vorhaben Positivliste eine Bedrohung für die Patienten und aus gesundheitspolitischer Sicht ist sie die Fortsetzung einer realitätsfremden Gesundheitsreformpolitik."
Caspers-Merk weist Kritik zurück
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium Marion-Caspers-Merk (SPD) verteidigte die Positivliste vor der Länderkammer. Sie warf Koch vor, er habe sich "vor den Karren der Pharmaindustrie spannen lassen". Zudem verwies sie darauf, dass die Bundesärztekammer hinter der Positivliste stehe und sich nicht – wie von Koch behauptet – staatlich reglementiert fühle.
Die Ärzteschaft begrüße die Transparenz, die die Positivliste schaffe. Auch eine Standortgefährdung sieht Caspers-Merk nicht. So existiere etwa auch in Großbritannien und in der Schweiz eine der Positivliste entsprechende Regelung. Weder hätten sich hier Unternehmen zurückgezogen noch sei der Markt weggebrochen, so die Staatssekretärin.
Als "unlogische Argumentation" bezeichnete sie es, wenn gesagt werde, die Positivliste werde die Arzneimittelversorgung verteuern. Entweder könne man Sorge haben, dass der Pharmamarkt wegbricht, weil nur noch so wenig Medikamente verordnet werden dürfen oder man befürchtet das Gegenteil, nämlich Mehrausgaben wegen teurerer Substitution. Beides zugleich gehe nicht, so Caspers-Merk.
Es sei auch nicht möglich, bei der Gesundheitsreform von alle Beteiligten etwas abzufordern mit Ausnahme der pharmazeutischen Industrie. Es wäre "falsch, vor Lobbyinteressen einzuknicken", so die Staatssekretärin.
Klage nicht in Planung
Die Positivliste wird nun ihren weiteren Gang im parlamentarischen Verfahren nehmen. Der Berliner Zeitung (Ausgabe vom 24./25. Mai) sagte der bayerische Bundesminister Reinhold Bocklet, die Union sei zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Liste vorerst nicht stoppen ließe. Auf die Möglichkeit den Klageweg bereits im Bundesratsverfahren vorzubereiten werde man daher verzichten.
Koch betonte in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel (Ausgabe vom 25. Mai), dass die Union bei der Gesundheitsreform nur über ein Gesamtpaket verhandeln werde, nicht aber "über kleine Ausschnitte, die sich die Regierung zurecht schneidet". Bei einer Aufteilung der Reform in einen zustimmungsfreien und einen zustimmungspflichtigen Teil werde es ein Patt geben, so Koch.
Der Bundesrat hat sich am 23. Mai mit dem Gesetzentwurf der rot-grünen Koalition zur Positivliste beschäftigt. Erwartungsgemäß hat die unionsdominierte Länderkammer das Vorhaben abgelehnt. Allerdings ist die Einführung der Liste nicht zustimmungspflichtig. Sie kann also dennoch zum 1. Juli in Kraft treten, wenn ihr der Bundestag in der letzten Lesung mit Kanzlermehrheit zustimmt.
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