Arzneimittel und Therapie

Onkologie: Wie wird Lungenkrebs behandelt?

Dank der Chemotherapie kann die Prognose bei einem Lungenkarzinom verbessert werden. Welches zytostatische Regime dabei gewählt wird, hängt vom Krankheitsstadium, dem Allgemeinzustand und dem Wunsch des Patienten ab. Das bedeutet, dass trotz Vorliegen allgemeiner Standards jede Chemotherapie individuell gestaltet werden sollte.

Jährlich erkranken in Deutschland rund 40 000 Patienten an einem Lungenkarzinom. Die Prognose dieses Tumors ist nach wie vor schlecht; die mittlere Lebenserwartung unbehandelter Patienten liegt bei vier bis fünf Monaten. Die Einjahres-Überlebensrate nach einer Chemotherapie betrug früher ungefähr 15 bis 20 Prozent und ist dank neuer Therapieregimes auf rund 30 Prozent angestiegen.

Sehr viele Therapien werden im Rahmen von Studien durchgeführt, in denen neue Kombinationen, andere Dosierungen und neue Dosierungsintervalle untersucht werden. Die Vielzahl neuer Studienergebnisse muss beurteilt und gewertet werden, was mitunter Schwierigkeiten bereitet, da nicht alle Studien miteinander verglichen werden können und beim Endergebnis häufig nur marginale Unterschiede bestehen.

Überlegungen zur Therapieauswahl

Bei der Festlegung des Therapieregimes müssen der Wunsch des Patienten und sein Allgemeinzustand berücksichtigt werden. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass ein Lungenkarzinom in der Regel nur palliativ und nicht kurativ behandelt werden kann. Der Therapieansatz ist also keine Heilung, sondern eine Symptomkontrolle und ein Gewinnen von Überlebenszeit. Bei der Therapieauswahl müssen folgende Punkte geklärt werden:

  • Welche Grenzen und Möglichkeiten hat eine Therapie?
  • Was ist dem Patienten wichtig (Lebensziele, soziales Umfeld)?
  • Welche Symptome liegen vor und welche Möglichkeiten bestehen zu ihrer Linderung?

Standard: Platin plus neueres Zytostatikum

Bei einem guten Allgemeinzustand des jüngeren Patienten (d. h. unter 70 Jahren) wird man in der Regel eine platinhaltige Kombinationstherapie wählen. Cisplatin oder Carboplatin werden mit einer der neueren Substanzen wie Gemcitabin, Docetaxel, Paclitaxel oder Vinorelbin kombiniert. Platinfreie Kombinationen sind ebenfalls möglich. Bislang wird die Chemotherapie noch in sechs Zyklen verabreicht, möglicherweise genügen auch vier Zyklen. Bei älteren Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand wird eine Monotherapie mit Gemcitabin oder Vinorelbin bevorzugt. Für die Second-line-Behandlung kommen Gemcitabin oder Docetaxel in Betracht.

Neue Therapieoptionen sind notwendig

Bei der zytostatischen Behandlung des Lungenkarzinoms ist zurzeit ein gewisses Plateau erreicht. Durch den Einsatz neuer Substanzen wie z. B. Gemcitabin oder den Taxanen konnten die Therapieergebnisse zwar verbessert werden, es bedarf aber dennoch neuer therapeutischer Optionen. In Betracht kommen

  • neue Zytostatika
  • Hemmung der Signaltransduktion (Tyrosinkinase-Inhibitoren, monoklonale Antikörper, Antisense-Oligonukleotide, Farnesyl-Transferase-Inhibitoren)
  • Hemmung der Tumorangionese
  • adenovirale Gentherapie
  • Immuntherapie

In klinischen Studien konnten bereits mit dem Antimetabolit Pemetrexed (vorgesehener Handelsname Alimta®) Erfolge erzielt werden. Dieser hemmt drei wichtige Schlüsselenzyme der Pyrimidin- und Purin-Neosynthese und beeinträchtigt letztendlich die DNA- und RNA-Synthese. In Kombination mit anderen Zytostatika zeigen sich additive und/oder synergistische Effekte.

Ein neuer Therapieansatz ist die Hemmung der Signaltransduktion durch Proteinkinase-C-alpha-Inhibitoren. Proteinkinasen C spielen eine Rolle beim ungeregelten, abnormalen Zellwachstum in Tumoren und werden bei einigen Tumoren – unter anderem beim Bronchialkarzinom – vermehrt gebildet.

Durch den Einsatz bestimmter Substanzen – so genannter Antisense-Substanzen – soll bereits die Bildung pathogener Proteine unterdrückt werden. Zu diesen Antisense-Substanzen gehört der Proteinkinase-C-alpha-Inhibitor LY900003 (Affinitac ), der in Kombination mit anderen Zytostatika additive oder synergistische Effekte aufweist. Affinitac wurde bereits in mehreren Studien untersucht. In Kombination mit klassischen Zytostatika konnte die Überlebenszeit bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom deutlich verlängert werden.

Patienteneinstellung zur palliativen Chemotherapie beim Lungenkarzinom

Die Akzeptanz einer Chemotherapie ist sehr unterschiedlich: Der für eine erneute Chemotherapie als erforderlich angesehene Überlebensgewinn schwankt von einem Tag bis zu zwei Jahren.

Bei geringer Toxizität wird eine Chemotherapie bei einem Überlebensgewinn von 4,5 Monaten akzeptiert. Bei starker Toxizität wird eine Chemotherapie bei einem Überlebensgewinn von neun Monaten akzeptiert. Zur Besserung der Tumorsymptome würden 68% der Patienten eine Chemotherapie akzeptieren, auch wenn diese nicht mit einem Überlebensgewinn verbunden wäre.

Quelle

Prof. Dr. Martin Wolf, Marburg; Dr. Wolfgang Schütte, Halle; Dr. H.-Eckart Laack, Hamburg; Satelliten-Symposium "Therapiestrategien beim NSCLC – Update 2002" anlässlich der Jahrestagung der Deutschen und Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO); 28. Oktober 2002, München, veranstaltet von der Lilly Deutschland GmbH.

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