Arzneimittel und Therapie

Saisonale allergische Rhinitis: Omalizumab reduziert freies IgE und Heuschnupfen

Omalizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der bei einer vergleichsweise harmlosen chronischen Erkrankung - der allergischen Rhinitis - geprüft wird. Drei bis vier subkutane Injektionen von 300 mg Omalizumab, davon die erste vor Beginn der Pollensaison, senkten in einer amerikanischen Studie IgE-Serumspiegel, Schweregrad der Nasensymptome und Bedarf an oralen Antihistaminika. Gleichzeitig verbesserte die Behandlung die Lebensqualität der Patienten in der Pollensaison.

Mindestens 10 bis 20% der nordeuropäischen und der US-amerikanischen Bevölkerung leiden an einer allergischen Rhinitis. Allergene, die nur zu bestimmten Jahreszeiten auftreten, wie Pflanzenpollen und Schimmelpilzsporen, sind die Ursache der saisonalen allergischen Rhinitis.

Die "Heuschnupfen"-Geplagten leiden an laufender oder verstopfter Nase sowie an Juckreiz und niesen häufig. Bei manchen Patienten kommt es darüber hinaus zu Bindehaut-, Nasennebenhöhlen- oder Mittelohrentzündung; sogar ein Bronchialasthma kann entstehen. Behandlungsmaßnahmen sind Allergenkarenz, Immun- und Arzneimitteltherapien.

Während zur Behandlung der leichten allergischen Rhinitis meist Antihistaminika genügen, benötigen Patienten mit mittlerer oder schwerer allergischer Rhinitis häufig zusätzlich antientzündliche Medikamente.

Rekombinanter Antikörper gegen IgE

Seit einiger Zeit wird auch ein humanisierter monoklonaler Antikörper gegen IgE, Omalizumab (geplanter Handelsname Xolair), bei allergischer Rhinitis klinisch geprüft. IgE spielt beim Heuschnupfen eine zentrale Rolle: nur solche Menschen entwickeln einen Heuschnupfen, die dafür veranlagt sind, als Antwort auf die Allergene IgE zu produzieren. IgE zirkuliert im Körper, bis es an IgE-Rezeptoren auf Mastzellen und basophilen Granuloyzten bindet. Sobald IgE rezeptorgebunden ist, wird es durch das Allergen vernetzt. In der Folge werden Mediatoren der allergischen Entzündung freigesetzt, die akute und chronische entzündliche Veränderungen - also die Symptome der Allergie - hervorrufen.

Indem Omalizumab spezifisch an die Region von IgE bindet, die normalerweise an den Rezeptor andockt, verhindert es die Bindung von IgE an Mastzellen und basophile Granulozyten. In ausreichender Dosis verabreicht, bindet IgE über 95% des freien IgE im Serum, was wiederum eine drastische Abnahme der IgE-Rezeptorzahl auf Mastzellen und Basophilen induziert. Beides führt zu einer Verringerung der Mediatorenfreisetzung aus den Entzündungszellen. Omalizumab stammt ursprünglich aus B-Lymphozyten der Maus, wurde aber bis auf die IgE-Bindungsregion humanisiert. Es wird subkutan injiziert.

Amerikanisches Heuschnupfen-Allergen Nummer eins

In einer randomisierten Doppelblindstudie in den USA wurden Wirksamkeit und Sicherheit von Omalizumab in der Symptomprophylaxe bei Patienten mit saisonaler allergischer Rhinitis untersucht. Alle Patienten litten seit mindestens zwei Jahren an einem mittleren bis starken Heuschnupfen auf Kreuzkraut und hatten vor der Pollensaison eine IgE-Serumkonzentration zwischen 30 und 700 I. E./ml. Die Unkrautpflanze Kreuzkraut (Senecio vulgaris) ist in Nordamerika der häufigste Auslöser eines Heuschnupfens. Der Höhepunkt der Pollensaison liegt Ende August/Anfang September.

Die Teilnehmer waren zwischen 12 und 75 Jahren alt. Sie hatten in den letzten zwei Monaten keine oder nur leichte Heuschnupfen-Symptome gehabt. Die Heuschnupfenpatienten bekamen randomisiert und doppelblind 50, 150 oder 300 mg Omalizumab oder ein Plazebo subkutan injiziert. Bei einer Ausgangs-IgE-Serumkonzentration bis 150 I. E./ml erhielten die Teilnehmer drei Injektionen im Abstand von vier Wochen, bei einer Konzentration ab 150 I. E./ml vier Injektionen im Abstand von drei Wochen. Die erste Injektion erfolgte vor, die übrigen während der Pollensaison. Bei Bedarf konnte zusätzlich ein orales Antihistaminikum eingenommen werden. Mittel zur Abschwellung der Nasenschleimhaut durften in begrenztem Maß eingesetzt werden.

An 25 Zentren in den USA nahmen 536 Patienten teil. 137 bekamen die niedrige, 134 die mittlere, 129 die hohe Omalizumab-Dosis und 136 ein Plazebo injiziert. Primäres Zielkriterium war der mittlere Punktwert für den Schweregrad der täglichen Nasensymptome (von 0 = keine Symptome bis 3 = schwere Symptome). Bei Patienten, die 300 mg Omalizumab injiziert bekamen, war dieser Punktwert signifikant niedriger als bei Patienten der Plazebogruppe. Der durchschnittliche Tagesbedarf an oralen Antihistaminika war in der 300-mg-Gruppe und in der 150-mg-Gruppe signifikant gegenüber der Plazebogruppe verringert: er betrug 0,17 bzw. 0,20 Tabletten gegenüber 0,37 Tabletten.

Besserung über die ganze Saison

In der Hochdosisgruppe unterschied sich der Punktwert für den Nasensymptom-Schweregrad zwischen dem ersten Behandlungstag und dem Höhepunkt der Pollensaison praktisch nicht, während er in der Plazebogruppe um die Hälfte stieg. Die Lebensqualität wurde anhand eines auf Rhinokunjunktivitis-Patienten zugeschnittenen Fragebogens abgefragt. In vier von sieben Bereichen zeigten Patienten der Hochdosisgruppe im Vergleich zu Patienten der Plazebogruppe signifikante Verbesserungen vom Studienbeginn bis zum Höhepunkt der Pollensaison.

Symptome und IgE-Spiegel korrelieren

Die Serumkonzentration an freiem IgE sank abhängig von der Omalizumab-Dosis. Ein signifikanter Zusammenhang bestand zwischen der IgE-Serumkonzentration einerseits und dem Schweregrad der Nasensymptome sowie dem Antihistaminikaverbrauch andererseits. Patienten mit dem niedrigsten IgE-Talspiegel hatten auch den niedrigsten Punktwert für die Nasensymptomschwere und den niedrigsten Antihistaminikaverbrauch. Die Nebenwirkungen in den Omalizumab-Gruppen unterschieden sich nicht wesentlich von der Plazebogruppe. Nur selten traten leichte Reaktionen an der Injektionsstelle auf.

Omalizumab sollte jetzt in Vergleichsstudien anderen Präventions- und Behandlungsmethoden der saisonalen allergischen Rhinitis gegenübergestellt werden.

Kastentext: Zulassung von Omalizumab

Der Wirkstoff hätte bereits dieses Jahr für die Behandlung des Asthma bronchiale zugelassen werden sollen. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA verlangte jedoch neue präklinische und klinische Daten und pharmakokinetische Informationen von den herstellenden Firmen Novartis Pharma und Genentech.

Die beiden Unternehmen sind davon überzeugt, substanzielle Informationen aus den laufenden Studien bereitstellen zu können. Die neuen Daten, die bei der FDA eingereicht werden sollen, gehen auch an die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln EMEA, was eine Verzögerung der EU-Zulassung zur Folge haben könnte. Somit wird Omalizumab voraussichtlich erst Mitte 2002 oder 2003 auf den Markt gelangen.

Literatur:

Casale, T. B., et al.: Effect of omalizumab on symptoms of seasonal allergic rhinitis. J. Am. Med. Assoc. 286, 2956 - 2967 (2001).Plaut, M.: Immune-based, targeted therapy for allergic diseases. J. Am. Med. Assoc. 286, 3005 - 3006 (2001).

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