Arzneimittel und Therapie

Neues H1-Antihistaminikum: Ebastin zur Therapie der allergischen Rhinitis

Anfang März kommt das neue H1-Antihistaminikum Ebastin in Deutschland auf den Markt. Ebastin ist eine Entwicklung des spanischen Pharmaunternehmens Almirall Prodesfarma. Es wird in Deutschland in einer Kooperation mit der Bayer Vital GmbH unter dem Handelsnamen Ebastel® eingeführt. Unter diesem Handelsnamen ist es bereits seit einigen Jahren auf dem spanischen Markt erhältlich.

Allergien haben in den letzten zehn Jahren stark zugenommen. Die Ursachen dafür sind nicht bekannt. Eine ständig steigende Belastung durch Fremdstoffe in der Umwelt wird ebenso diskutiert wie veränderte Lebens- und Ernährungsgewohnheiten. Auch die genetische Disposition spielt eine Rolle. Außerdem könnten die verbesserten hygienischen Bedingungen und vor allem eine übertriebene Hygiene in den ersten Lebensjahren eine der Ursachen für die Zunahme von Allergien sein.

Beginn mit atopischem Ekzem

Häufig beginnen Allergien mit einem atopischen Ekzem im Kindesalter, und die Krankheit bildet sich vor allem im ersten Lebensjahrzehnt aus. Junge Menschen sind am häufigsten betroffen: Jeder sechste Jugendliche oder junge Erwachsene leidet heute unter Heuschnupfen. Aber auch im späten Erwachsenenalter über 50 Jahren und sogar bei sehr alten Menschen kann ein Heuschnupfen sich zum ersten Mal manifestieren. Insgesamt leidet heute etwa jeder zehnte Bundesbürger an einer Allergie.

Vom atopischen Ekzem zum Heuschnupfen

Eine große Rolle bei der Entstehung einer Allergie spielt die meist erblich bedingte persönliche Disposition: Kinder aus Familien, in denen ein oder beide Elternteile an einer Allergie leiden, neigen dazu, ebenfalls Allergien zu entwickeln (Atopie). Im Blut dieser Kinder lassen sich häufig erhöhte IgE-Spiegel nachweisen. Ein Frühtest, mit dem sich die Allergieentwicklung rechtzeitig vorhersagen lässt, existiert allerdings noch nicht.

Erstes Anzeichen einer allergischen Disposition kann ein so genannter Milchschorf sein. Dabei handelt es sich um ein Ekzem, das bereits im Kleinkindesalter auftritt und sich vor allem am Kopf manifestiert. Diese Ekzeme werden meist durch unterschiedliche Nahrungsmittel ausgelöst.

Kinder, die an einem derartigen Ekzem leiden, haben ein erhöhtes Risiko, bereits im Vorschulalter einen Heuschnupfen oder ein allergisches Asthma bronchiale zu entwickeln. Die Verschiebung von durch Nahrungsmittel ausgelösten Ekzemen zu aerogenen Allergien wird als "allergischer Marsch" oder "Allergiekarriere" bezeichnet.

Während der Pollenflugzeit kann sich ein atopisches Ekzem verschlimmern, und Neurodermitiker reagieren häufig auch auf Pollen allergisch. Auch Kreuzallergien von Nahrungs- und aerogenen Allergenen treten auf: So werden beispielsweise Nüsse während der Pollenflugzeit schlecht vertragen.

Chronische Schäden verhindern

Oft werden Erkrankungen aus dem allergischen Formenkreis bagatellisiert. Die Patienten leiden jedoch sehr an den Symptomen und sind häufig in ihrer Lebensqualität stark beeinträchtigt. Beispielsweise wird bei einer zugeschwollenen Nase das Riechvermögen schlechter. Auch können sich chronische Schäden an Nase und Nasennebenhöhlen entwickeln. Ein weiteres Problem: Im Verlauf einer allergischen Erkrankung können sich die Symptome verändern. Besonders gefürchtet ist der so genannte Etagenwechsel, eine Verlagerung der Heuschnupfen-Symptome in die tieferen Atemwege. So kann sich aus einer allergischen Rhinitis ein allergisches Asthma bronchiale entwickeln.

Allergische Rhinitis ist am häufigsten

Die häufigste Form einer Allergie ist die allergische Rhinitis. Bei dieser Typ-I-Reaktion werden übermäßig viele IgE-Antikörper gegen das Allergen gebildet. Diese heften sich an die Oberfläche von Mastzellen und basophilen Granulozyten. Bei einem Allergenkontakt werden dann aus den Mastzellen durch Degranulation Mediatorsubstanzen freigesetzt. Einer der wichtigsten Mediatoren ist Histamin.

Die Mediatorfreisetzung führt zu einer weiteren Zerstörung der Zellen in der Schleimhaut. Als Folge kommt es zu allergischen Symptomen, wie Jucken, Brennen, Niesreiz und verstopfter Nase. Neben der Schleimhaut der Nase kann auch die des Auges betroffen sein (allergische Rhinokonjunktivitis). In der Haut kann die Freisetzung von Entzündungsmediatoren eine ödematöse Schwellung hervorrufen, die auch als Nesselsucht oder Urtikaria bezeichnet wird. Die Ursachen für eine Urtikaria sind jedoch nicht immer allergischer Natur. Ist kein ursächlicher Faktor eruierbar, spricht man von einer idiopathischen Urtikaria.

Rechtzeitig vorbeugen

Eine allergische Erkrankung sollte so früh wie möglich adäquat behandelt werden, um einer Verschlechterung der Symptome vorzubeugen. Wo dies möglich ist, sollte die Allergenexposition verringert werden. Eine frühzeitig durchgeführte Hyposensibilisierung, auch spezifische Immuntherapie (SIT) genannt, ist bisher die einzige kausale Therapiemöglichkeit. Hierbei werden unter großen Vorsichtsmaßnahmen über einen längeren Zeitraum steigende Dosen des auslösenden Allergens verabreicht. Eine Hyposensibilisierung kann das Risiko für den Etagenwechsel deutlich senken.

Therapie der allergischen Rhinitis

Das Hauptsymptom bei Heuschnupfen, die allergische Rhinitis, kann mit unterschiedlichen Arzneimitteln therapiert werden. Dazu gehören die Lokaltherapie mit Alfa-Sympathomimetika zur Schleimhautabschwellung (nicht länger als zwei Wochen), die lokale Behandlung mit Cromoglicinsäure, lokal einsetzbare Glucocorticoide gegen die Entzündungsreaktion und der lokale und systemische Einsatz von Antihistaminika. Zusätzlich können pflegende Nasenöle oder Salben eingesetzt werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, die Deutsche Gesellschaft für Allergie- und Immunitätsforschung und der Ärzteverband Deutscher Allergologen geben dazu folgende Therapieempfehlungen:

  • Mastzellstabilisatoren: Dinatrium-Cromoglicinsäure (DNCG) und das neuere, analog wirkende Nedocromil-Natrium haben mastzellstabilisierende und zusätzlich antientzündliche Eigenschaften. Sie sind topisch an der Nase und insbesondere am Auge verwendbar, nebenwirkungsarm, erfordern allerdings eine mehrmalige tägliche Gabe.
  • Systemische Glucocorticoide: Die orale Gabe von Steroiden ist nur bei schweren Formen der Hyperreaktivität indiziert und soll, sobald möglich, auf eine topische Applikation umgesetzt werden. Glucocorticoide hemmen die Synthese von Zellbotenstoffen (Zytokinen) und einigen Mediatoren, während andere Proteine (z. B. Beta-Adrenorezeptoren) vermehrt produziert werden. Glucocorticoide besitzen starke antientzündlich wirksame Eigenschaften.
  • Topische Glucocorticoide: Die topische Applikation von Glucocorticoiden ist bei der allergischen und bei einer Reihe weiterer Formen der nasalen Hyperreaktivität indiziert. Ihre Langzeitanwendung ist lokal wie auch systemisch nebenwirkungsarm, insbesondere bei zusätzlicher Schleimhautpflege. Beclometason-Dipropionat wird seit Jahrzehnten mit gutem Erfolg und geringer Nebenwirkungsrate angewendet; heute stehen neuere Substanzen, wie Budesonid, Flunisolid und Fluocortinbutyl zur Verfügung. Fluticason soll eine höhere Wirksamkeit bei noch geringeren systemischen Nebenwirkungen aufweisen. Topische Steroide wirken nach mehrtägiger Anwendung effizient vor allem auf die Obstruktion, aber auch auf die Sekretion und den Niesreiz über eine Begrenzung der nasalen Entzündungsreaktion. Sie sollten regelmäßig angewendet werden.
  • Systemische Antihistaminika: Die so genannte zweite Generation der Antihistaminika (z. B. Astemizol, Cetirizin, Loratadin, Terfenadin) weist gegenüber den älteren Substanzen dieser Gruppe deutlich geringere sedierende Nebeneffekte und eine höhere H1-Rezeptorspezifität auf. Die neueren Substanzen besitzen teilweise zusätzliche antiallergische Eigenschaften. Der Wirkungseintritt ist rasch, beschränkt sich aber weitgehend auf die Symptome Niesreiz und Sekretion. Die kardiovaskulären Nebenwirkungen einiger über die Leber metabolisierten Substanzen (Ausnahmen: Acrivastin und Cetirizin werden vorwiegend über die Niere ausgeschieden) erfordern die strikte Beachtung der empfohlenen Dosierungen sowie eventuell Begleitmedikationen.
  • Topische Antihistaminika: Neuerdings stehen auch topische Antihistaminika (Azelastin, Levocabastin) zur Verfügung, die bei geringerer Dosis einen raschen Wirkungseintritt an der Nasenschleimhaut und auch am Auge zeigen (Levocabastin).

Behandlung mit H1-Antihistaminika

Antihistaminika vom Typ der H1-Blocker besetzen den H1-Histamin-Rezeptor und verhindern dadurch die inflammatorische Wirkung des Botenstoffs. Neuere Antihistaminika wirken auch auf weitere Mediatoren und haben dadurch zusätzliche Effekte. Der H1-Rezeptor reguliert im Gehirn unter anderem den Wachzustand. Antihistaminika der ersten Generation passieren die Blut-Hirn-Schranke und wirken dementsprechend auf H1-Rezeptoren im Gehirn. Müdigkeit ist die unerwünschte Folge. Neuere Antihistaminika weisen diese unerwünschte Wirkung nur noch in sehr geringem Ausmaß auf und wirken nicht mehr sedierend. Dazu gehören Cetirizin und Loratadin.

Ebastin ist lange wirksam

Auch Ebastin ist ein Antihistaminikum der zweiten Generation, das nicht müde macht. Ebastin ist zur Behandlung der saisonalen und der ganzjährigen (perennialen) allergischen Rhinitis bei Kindern ab 12 Jahren sowie bei Patienten ab 18 Jahren zur Behandlung der unklaren Urtikaria zugelassen. In Spanien ist Ebastin auch zur Behandlung von Kindern zugelassen, bei uns soll diese Zulassung beantragt werden.

Nach oraler Gabe wird Ebastin in den aktiven Metaboliten Carebastin umgewandelt, der sich durch eine hohe selektive Affinität zu peripheren H1-Rezeptoren auszeichnet. Ebastin hat eine lange Halbwertszeit von 15 bis 19 Stunden, die eine Einmalgabe möglich macht.

Zusätzlich zur antihistaminergen Wirkung wurde in vorklinischen Studien eine Hemmung der Leukotrien- und Prostaglandinfreisetzung beobachtet. Weiterhin sind positive Wirkungen auf die Eosinophilenaktivierung und weitere antiinflammatorische Effekte nachgewiesen worden.

Nach oraler Gabe von 10 mg tritt die Wirkung von Ebastin rasch ein, und es kommt zu einer signifikanten und anhaltenden Besserung von Allergiesymptomen. Dabei war Ebastin in seiner Wirkung mit anderen Antihistaminika der zweiten Generation vergleichbar. Durch eine Verdoppelung der Dosis auf 20 mg/Tag kann die Wirkung gesteigert werden. Daher ist bei starker Symptomatik eine Dosiserhöhung auf 20 mg einmal täglich zugelassen.

Eine messbare Sedierung trat unter keiner der Dosierungen auf. Die Fahrtüchtigkeit wird bei den meisten Patienten nicht eingeschränkt. Unerwünschte kardiale Effekte wie EKG-Veränderungen wurden unter der Behandlung mit Ebastin nicht beobachtet.

Quelle:

Prof. Dr. med. Ulrich Wahn, Berlin; Prof. Dr. med. Ludger Klimek, Wiesbaden; Prof. Dr. med. Dr. phil. Johannes Ring; München; Einführungs-Pressekonferenz Ebastel, Wiesbaden, 27. Februar 2002, veranstaltet von Almirall Prodesfarma und Bayer Vital GmbH.

Anfang März kommt das neue H1-Antihistaminikum Ebastin (Ebastel) in Deutschland auf den Markt. Das Präparat ist zur symptomatischen Behandlung der saisonalen und perennialen allergischen Rhinitis und Juckreizstillung bei Urtikaria zugelassen. Nach oraler Gabe wird Ebastin in der Leber in den wirksamen Metaboliten Carebastin umgewandelt, der hoch selektiv den Histamin-Rezeptor vom Typ 1 blockiert und so allergische Reaktionen unterdrückt.

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