Arzneimittel und Therapie

Myeloproliferative Erkrankungen: Neue Möglichkeit zur Therapie der CML

Die chronisch-myeloische Leukämie (CML) gehört zur Gruppe der myeloproliferativen Erkrankungen. Bei allen Patienten kann das chimäre Gen bcr-abl, nach seinem Entdeckungsort Philadelphia-Chromosom benannt, nachgewiesen werden. Derzeit wird ein 2-Phenyl-Aminopyrimidin-Derivat (STI-571) zur Therapie der CML klinisch getestet.

Das Philadelphia-Chromosom wird durch reverse Translokation zwischen den Chromosomen 9 und 22 gebildet. Dieses Gen exprimiert eine veränderte Tyrosinkinase, die zu einer Stimulation von Protein mit daraus resultierendem Wachstum von zytogenetisch veränderten Zellen führt. Die Erkenntnis, dass dieser Mechanismus durch eine Tyrosinkinase abläuft, führte zur Suche nach einem spezifischen Inhibitor des Wachstums von bcr-abl-positiven Zellen. Nach intensiven chemischem Screening konnten Forscher von Novartis ein 2-Phenyl-Aminopyrimidin-Derivat (STI-571) als führende Substanz zur klinischen Testung ausmachen.

Hemmung der abl-Kinasen

In umfangreichen In-vitro-Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass STI-571 die abl-Kinasen im submolekularen Bereich inhibiert. Ferner wurden die Phosphorylierung des "platelet-derived-growth-factor" (PDGF)-Rezeptor sowie die Signaltransduktion des Stammzellfaktors c-kitt inhibiert. Diese Kinasen sind neben anderen Faktoren an der Entstehung solider Tumoren wie Sarkomen und kleinzelligem Bronchialkarzinom beteiligt.

In vitro konnte nachgewiesen werden, dass STI-571 alle Zelllinien, die bcr-abl exprimieren, im Wachstum hemmt oder abtötet. Auch im Nackt-Mäuse-Modell konnte die Antitumoraktivität der Substanz nachgewiesen werden.

Phase-I-Studie

STI-571 wird rasch oral resorbiert und hat eine Halbwertzeit von 19 bis 23 Stunden, sodass die einmalige Gabe von 100 mg ausreichend ist. Bei Myelosuppression sind ohne Verstärkung der unerwünschten Wirkungen auch 300 mg pro Tag per os gut vertragen worden.

Auf der Grundlage der In-vitro-Untersuchungen und der Tierexperimente wurde eine klinische Phase-I-Studie mit 84 Patienten initiiert. Eingeschlossen wurden CML-Patienten, bei denen andere Therapien bereits versagt haben. Die Patienten waren zwischen 19 und 76 Jahre alt. Die durchschnittliche Erkrankungszeit lag bei 3,8 Jahren (0,8 bis 14 Jahre).

Alle Patienten in der chronischen Phase der Erkrankung erreichten eine komplette Remission, nachdem der therapeutische Level (200 bis 300 mg/Tag) erreicht worden war. Auch zur Behandlung der Blastenkrise bei Philadelphia-Chromosom positiven Patienten konnte STI-571 erfolgreich eingesetzt werden. 20% der bei Blastenkrise behandelten Patienten haben nach 6 bis 12 Monaten weiterhin eine komplette Responserate.

Von der Mehrzahl der Patienten wurde das Arzneimittel gut vertragen. Leichte Nebenwirkungen wie Übelkeit (43%), Myalgien und Arthralgien (41%) sowie Ödeme (41%) und Durchfälle (25%) wurden registriert, führten aber nicht zum Abbruch der Therapie.

Quelle: Nach einem Vortrag von Bojan H. Drucker, Postland, Dugon, USA, beim Chemotherapy Foundation Symposium XVIII, New York, 8. bis 11. November 2000

Bei Patienten mit chronisch-myeloischer Leukämie (CML) kann das so genannte Philadelphia-Chromosom nachgewiesen werden. Das 2-Phenyl-Aminopyrimidin-Derivat STI-571 hemmt eine Kinase, die durch dieses Gen kodiert wird. Die Substanz befindet sich derzeit in der klinischen Prüfung.

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