Feuilleton

Ausstellung: Stilleben aus den Niederlanden

Das Staatliche Museum Schwerin zeigt bis zum 7. Januar 2001 unter dem Motto "Stillleben des Goldenen Zeitalters" rund 60 Werke niederländischer Meister des 17. und 18. Jahrhunderts. Blumensträuße, Früchte und Gemüse, aber auch allerlei Getier, kombiniert mit kostbaren Vasen, Trinkgefäßen und Essgeschirr, gehören zu den häufigsten Motiven der durchdachten und stimmungsvollen Kompositionen.

"Goldenes Zeitalter"

Das "Goldene Zeitalter" der niederländischen Malerei hängt unmittelbar mit der wirtschaftlichen Prosperität zusammen, die die Niederlande (unter Einschluss des heutigen Belgien) im 17. und 18. Jahrhundert genossen. Nach den großen überseeischen Entdekkungen waren die Patrizier insbesondere durch den Fernhandel mit kostbaren exotischen Waren - der Pfeffer steht hier beispielhaft für vieles andere - wohlhabend geworden. Die einheimische Landwirtschaft warf aufgrund einer verbesserten Bodenbearbeitung mehr Erträge ab und produzierte mehr Waren für den Markt, was wiederum den Handel und den Geldumlauf intensivierte.

Die vermögende Oberschicht stellte höhere kulturellen Ansprüche und förderte durch entsprechende Aufträge das Handwerk, die Künste und die Wissenschaften. Insbesondere die Gartenkunst - Stichwort "Tulpen" - und die Malerei blühten auf. Zahlreiche niederländische Maler waren so erfolgreich, dass ihre Werke bald in ganz Europa sehr gefragt waren.

Ein Herzog als Sammler

Ein namhafter Liebhaber der niederländischen Malerei war der Herzog Christian Ludwig II. von Mecklenburg-Schwerin. Nachdem 1725 seine Gemäldesammlung verbrannt war, begann er aufs Neue zu sammeln und erwarb für sich die meisten der 60 Meisterwerke, die nun im Schweriner Schloss ausgestellt sind. Dies dürfte eine der größten Sammlungen in Deutschland sein.

Citrus ...

Zu den auf den Gemälden am häufigsten abgebildeten Pflanzen zählen die Zitrone und andere Citrus-Arten. Manchmal ist ein abgebrochener Zweig dargestellt, an dem - welch ein Wunder für einen Mitteleuropäer! - zugleich Blüten und reife Früchte sitzen, manchmal allein die Frucht, die damals für einen Normal-Sterblichen ein Vermögen kostete. Zitronenpressen gab es damals noch nicht, so wurde die Zitrone vor dem Verzehr wie ein Apfel geschält. Gerade die noch an der Frucht hängende spiralige Schale hat manchen Maler als Motiv gereizt. Die Vorstellung, dass die geschälte Zitrone eintrocknet und in kurzer Zeit ihren Wert verliert, erinnert zugleich an den drohenden Untergang alles Wertvollen. Die meisten Stillleben zeigen nicht nur Kostbarkeiten, sondern drücken auch deren Verachtung aus, frei nach dem Motto: Alles ist eitel, "vanitas vanitatum".

... und Blumenpracht

Lebensfroher stimmt den Betrachter die üppige Blumenpracht, die ihm auf vielen Stillleben entgegentritt. Den botanisch Bewanderten fordern sie sogleich zu Bestimmungsübungen heraus. Diese sind meistens nicht sehr schwierig, obwohl die Malerei bisweilen etwas pastellartig ist. Die Künstler schöpften die ganze Bandbreite der Möglichkeiten aus, bald eine impressionistisch anmutende farbige Komposition zu gestalten, bald nach naturalistischer Manier die kleinsten Details abzubilden.

Bei tieferer Betrachtung fehlen auch den üppigen Blumenbildern die Zeichen der Vergänglichkeit nicht. Oft ist die Fülle zu groß, es passen nicht alle Blumen in die Vase, einige liegen daneben und müssen verwelken. Davon abgesehen ist es nur eine Frage von ein paar Tagen, bis der schönste Blumenstrauß "hinüber" ist.

Jagdlust und Gaumenfreuden

Auf vielen Stillleben wecken die Objekte weniger den ästhetischen Sinn als den Appetit: frisch gefangene Fische, Austern, auf der Jagd erlegtes Wild, edle Früchte wie die schon erwähnten Zitronen und Wein. Man hat den Eindruck: Alles ist vom Feinsten und im Überfluss vorhanden. Doch auch hier gibt es immer wieder die Zeichen der "vanitas" wie umgestoßene Gefäße oder sogar eine Maus, die ungeniert an den leckeren Früchten nascht. Die Stillleben fordern dazu heraus genauer hinzuschauen. Wer sich darauf einlässt und die nötige Geduld mitbringt, wird die Ausstellung als wahren Kunstgenuss empfinden.

Ausstellungsdaten

Ort: Staatliches Museum Schwerin Alter Garten 3, 19055 Schwerin Tel. (0385) 59580, Fax 563090 http://www.museum-schwerin.de/aktuell/ausst.htm Geöffnet: Dienstag 10 bis 20 Uhr, Mittwoch bis Sonntag 10 bis 17 Uhr. Katalog: 144 Seiten, darunter viele Farbtafeln, 38 DM (plus Versandkosten).

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