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DAZ aktuell
Arzneimittel-Richtlinien bleiben gestoppt
Mit drei Urteilen vom 19. Oktober 2000, deren Begründung jetzt vorlägen, habe der dritte Zivilsenat des hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg die Berufungen des Bundesausschusses gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zurückgewiesen. Das Gremium von Ärzten und Kassen hatte im Januar 1999 neue, umfassende Arzneimittel-Richtlinien vorgelegt, die unter anderem Ausschlüsse von Arzneimitteln vorsahen (die DAZ berichtete ausführlich). Dagegen gingen mehrere pharmazeutische Hersteller vor, unter anderem gab es am 31. März 1999 einstweilige Verfügungen des Landgerichts Hamburg. Gegen diese wiederum hatte der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Berufung eingelegt, was nun vor dem hanseatischen Oberlandesgericht keinen Erfolg hatte.
Im Kern der Auseinandersetzung geht es um die Frage, ob der Bundesausschuss zum Ausschluss von Medikamenten von den Leistungen der gesetzlichen Kassen befugt ist. Das Oberlandesgericht habe die auf das Wirtschaftlichkeitsgebot gestützte Ausgrenzung einzelner Arzneimittelgruppen als wettbewerbswidrig und als Verstoß gegen den EG-Vertrag angesehen (Artikel 81). Aus den Paragrafen 31 und 34 des Sozialgesetzbuchs V (SGB V) folge, dass dem Gremium eine solche Befugnis nicht zustehe, aussschließen dürfe nur der Gesetzgeber, zitiert der Bundesausschuss die Haltung des Gerichts. Wie Jung weiter mitteilte, hätten die Hamburger Richter darüber hinaus den Rechtsweg zu den Zivilgerichten bejaht.
"Inkompetentes Zivilgericht"
Der Bundesausschuss darf nach Worten von Jung daher die neuen Arzneimittel-Richtlinien nicht bekannt machen. Er kritisierte die Entscheidung der Hamburger Richter. Ihr Urteil werde der Stellung des Gremiums nicht gerecht. Jung warf dem Gericht "Inkompetenz in Systematik und Inhalt des SGB V" vor.
Er hob zugleich hervor, dass kein rechtsfreier Raum entstanden sei. Zur Zeit gälten die alten Arzneimittel-Richtlinien von 1993 weiter. Darüber hinaus müsse sich jeder Arzt an das geltende Wirtschaftlichkeitsgebot halten und dürfe keine unwirtschaftlichen Arzneimittel verschreiben.
Der Bundesausschuss werde nun prüfen, ob es bis zur endgültigen rechtlichen Klärung bei den alten Richtlinien von 1993 bleiben solle oder ob eine Neufassung vorbereitet werde, kündigte Jung an. Zuvor hatte auch das Bundessozialgericht in zwei Urteilen die Befugnis des Bundesausschusses zum Ausschluss von Arzneimitteln und Heilleistungen bezweifelt. Jung forderte dringendes Handeln der Bundesgesundheitsministerin. Es gehe nicht an, dass der Bundesausschuss zum "Prügelknaben" gemacht werde, weil der Gesetzgeber ihn nur mit mangelhaften Werkzeugen ausgerüstet habe, beklagte der Vorsitzende. Gleiches gelte für das Festbetrags-Neuordnungsgesetz, das die Bundesregierung endlich auf den Weg bringen müsse. Auch die Festsetzung von Festbeträgen wurde bekanntlich rechtlich angegriffen (die DAZ berichtete).
Das hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat den Stopp der Arzneimittel-Richtlinien des Bundesausschusses Ärzte / Krankenkassen bestätigt. Die Richtlinien können damit weiterhin nicht in Kraft treten, teilte der Vorsitzende des Bundesausschusses Karl Jung am 6. November in Köln mit. Er forderte Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer dringend zum Handeln auf.
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