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Medikamenten-Beipackzettel: Apotheker starten Initiative für aktive Patienten
Viele Untersuchungen in den vergangenen Jahren haben gezeigt, dass Patienten häufig die Empfehlungen ihres Arztes zur Einnahme verschriebener Medikamente nicht beachten. Der Hausarzt Helmut Tölle und der Apotheker Hermann Meyer aus Oelde in Westfalen haben daraus Konsequenzen gezogen und mit Erfolg eine "Initiative für aktive Patientenaufklärung" gestartet. Auch ihre persönliche Erfahrung hatte gezeigt, dass vor allem die mangelnde Verständlichkeit der Beipackzettel von Arzneimitteln die Hauptschuld daran trägt, dass die verschriebenen Medikamente nicht eingenommen werden, heißt es in einer Pressemitteilung des Apothekerverbandes Westfalen- Lippe: "Durch die gesetzlichen Vorschriften zur Gestaltung der Beipackzettel entstehen Formulierungen, die beim Patienten oft den Eindruck hinterlassen, dass die Einnahme des Arzneimittels mehr schaden als nutzen würde."
Weil bei einer Arzneimitteltherapie das Absetzen des Medikaments aber zu ernsthaften Folgen für die Gesundheit des Patienten führen kann, haben der Arzt und der Apotheker sich zu dieser Initiative entschlossen. Mit der Arbeitsgemeinschaft für angewandte Sozialforschung GmbH (AgaS) haben sie im August 1998 eine Studie gestartet, deren Ergebnisse nun vorliegen. 37 Patienten aus der Gruppe der Herz- Kreislauf-Patienten haben sich daran beteiligt. Sie erhielten neben einem Fragebogen rund um den Beipackzettel auch ein Buch mit Verständnishilfen zum Lesen des Beipackzettels sowie einen Brief. Dieser Brief sollte sie dazu ermuntern, sich bei Arzt oder Apotheker zu informieren statt das Medikament abzusetzen.
Über das Ergebnis der Patientenbefragung waren Helmut Tölle und Hermann Meyer, der auch Vorstandsmitglied des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe ist, nicht überrascht. Erwartungsgemäß habe sich gezeigt, dass die meisten Probleme in der Verständlichkeit des Beipackzettels und zwar in den Punkten "Nebenwirkungen", "Wechselwirkungen" und "Gegenanzeigen" liegen, aber auch in dem allgemeinen Textverständnis. Begriffe wie "häufig" oder "selten" könnten in ihrer Bedeutung von vielen Patienten nicht erfasst werden, so Apotheker Meyer: "Da sollte man doch Zahlen nennen, wie etwa in einem von hundert Fällen tritt diese Nebenwirkung auf, das ist doch viel klarer."
Immerhin erfreulich war das Ergebnis der Studie, der zufolge 74 Prozent der befragten Patienten das Buch nutzten und die meisten es auch als hilfreich empfanden. An den Arzt mit der Bitte um Aufklärung wandten sich 34 Prozent, an den Apotheker 26 und an beide sechs Prozent der Patienten. 77 Prozent begrüßten die Initiative und 44 Prozent gaben an, dass die Aktion sie angeregt habe, sorgfältiger mit den verordneten Medikamenten umzugehen.
Ein "erfreuliches Ergebnis einer erfreulichen Initiative", meint denn auch Dr. Horst-Lothar Müller, Vorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe. Wie Tölle und Meyer fordert er den Gesetzgeber auf, über eine Änderung der Vorschriften für die Beipackzettel nachzudenken. Müller: "Verständlichere Formulierungen könnten Abhilfe bei der Verunsicherung der Patienten schaffen, auch wenn sich mancher medizinische Begriff auf den Beipackzetteln natürlich nicht vermeiden lässt." Verunsicherten Patienten rät Müller denn auch, sich vor einem unüberlegten Absetzen eines verordneten Medikaments noch einmal vom Arzt oder Apotheker beraten und den Beipackzettel erklären zu lassen: "Dafür sind wir schließlich da."
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