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Deutsches Apotheken-Museum Heidelberg: Museum erstrahlt in neuem Glanz

Im Rahmen der Mitgliederversammlung der Gesellschaft Deutsches Apotheken-Museum e.V. wurde am 9. Oktober das Deutsche Apotheken-Museum im Heidelberger Schloss nach umfangreichen Renovierungen und einer grundlegenden Neugestaltung wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Aus diesem Anlass fand eine Feierstunde mit hochrangigen Vertretern aus Politik und Apothekerschaft statt.

Aus der Vergangenheit des Museums

Träger des Deutschen Apotheken-Museums ist eine gemeinnützige Stiftung, die der ABDA verbunden ist. Als Vorsitzender der Stiftung umriss Dr. Hermann Vogel die Geschichte des Museums und sowie das Ausmaß und die Ziele der Renovierung.

Unermüdlicher Initiator des Deutschen Apotheken-Museums war seit den 20er Jahren Dr. Fritz Ferchl, Apotheker in Mittenwald. Als Vorbild diente ihm dabei das 1925 eröffnete Schweizerische Pharmazie-Historische Museum in Basel. 1937 wurde die Deutsche Apotheken Museum-Stiftung gegründet und ein Jahr später das Museum unter Ferchls Leitung in München eröffnet. 1944 wurde das Museumsgebäude zusammen mit der Hälfte der Exponate, die nicht ausgelagert worden waren, bei einem Luftangriff vernichtet. Das gerettete Inventar fand in der Bamberger Residenz ein provisorische Bleibe, wurde dann aber auf Initiative von Dr. Werner Luckenbach nach Heidelberg transferiert, wo das Deutsche Apotheken-Museum 1957 mehrere Räume im Ottheinrichsbau und Apothekerturm bezog.

Ziele der Renovierung

Nach 40 Jahren entschloss sich die Stiftung zu einer gründlichen Renovierung des Museums. Das Konzept erarbeitete Elisabeth Huwer, M.A., die 1997 zur hauptamtlichen Museumsleiterin berufen worden war. Nach Abschluss der Planung war das Museum sieben Monate lang geschlossen, um die entsprechenden Umbauten durchführen zu können. Dabei galt es, folgende Zielvorgaben zu erreichen:

  • Der Besucherstrom sollte so durch das Museum gelenkt werden, dass "Gegenverkehr" möglichst vermieden wird. Dies erforderte die Beseitigung von Wänden, die Schließung bestehender Öffnungen und die Schaffung eines vom Eingang separaten Ausgangs.
  • Eine neue Zentralheizung und neue elektrische Leitungen waren zu installieren, was gleichfalls erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz mit sich brachte.
  • Die Ausstellung selbst war nach modernen Gesichtspunkten neu zu konzipieren.

Wie Vogel ausführte, wurden von Seiten der ABDA, der Museum-Stiftung und des Fördervereins für die Renovierung 1,3 Millionen DM aufgebracht. In diesem Betrag sind zahlreiche großzügige Spenden enthalten, die dem Förderverein zugeflossen waren, insbesondere von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank, den Apothekenrechenzentren bzw. -verrechnungsstellen sowie von Firmen des pharmazeutischen Großhandels.

Vogel dankte den institutionellen wie auch den privaten Spendern und charakterisierte das Museum als eine "erstklassige Öffentlichkeitsarbeit" für den Berufsstand. Die Apotheker seien derjenige Heilberuf, der seine Geschichte "am schönsten" darstellen kann. Die umfangreiche und vielfältige Ausstellung zeige, dass Apotheken- und Arzneimittelgeschichte auch ein Stück Kulturgeschichte seien. Das Museum gebe dem Besucher nicht nur eine Vorstellung von der beruflichen Tätigkeit des Apothekers, sondern vermittle auch unterschwellig die Botschaft: "Was Apotheker können, können nur Apotheker."

Schloss als steinernes Geschichtsbuch

Als Hausherr begrüßte der baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus, dem die Verwaltung der staatlichen Schlösser und Gärten untersteht, die Festgäste. Das Heidelberger Schloss sei ein steinernes Geschichtsbuch, das den Festungsbau vom 13. bis zum 17. Jahrhundert und anschließend die Entwicklung der Denkmalpflege dokumentiert. Seit der Romantik gilt das Schloss als Deutschlands berühmteste Ruine, und Baukonservatoren waren sich lange Zeit uneins, ob der Komplex als Ruine erhalten oder aber rekonstruiert werden sollte. Schließlich entschloss man sich sowohl für das eine wie für das andere. Dabei zeigt sich nun, dass die Erhaltung der ruinösen Bauteile finanziell aufwendiger ist als die Pflege der wieder aufgebauten Gebäude, weil den ersteren das schützende Dach fehlt. Zu ihnen gehört auch der Ottheinrichsbau, in dem Apothekenmuseum untergebracht ist. Zum Heidelberger Schloss "pilgern" jährlich etwa 1,3 Millionen Besucher; knapp die Hälfte von ihnen besucht auch das Deutsche Apotheken-Museum.

Kulturbürgermeister Dr. Bess überbrachte die Grüße der Stadt Heidelberg. Die Stadt hatte in den 50er Jahren dazu beigetragen, dass das Museum nach Heidelberg kam, und hatte es in seine Obhut übernommen. Nachdem das Museum "flügge" geworden war, wurde dieses Verhältnis zwar 1993 gelöst, doch stelle sich die Stadt weiterhin zur ideellen Förderung des Museums zur Verfügung.

Mit Geschichtsbewusstsein in die Zukunft

Werner Trockel, Vizepräsident der ABDA, hob hervor, dass sich der Apothekerberuf in den mehr als 750 Jahren seiner Geschichte immer wieder gewandelt habe. Diese Geschichte nötige einerseits dem Museumsbesucher Respekt ab, der sich von der "geheimnisumwitterten" Tätigkeit des Apothekers beeindrucken lässt, andererseits gebe sie auch Anleitungen zum berufspolitischen Handeln.

Trockel verglich die Werbekampagne der ABDA mit der Museumsrenovierung, und zwar unter den Gesichtspunkten der Wirkung auf die Öffentlichkeit und der finanziellen Kosten; dabei kam er zu dem Ergebnis, dass das Geld für das Museum gut angelegt sei. Im Übrigen gelte: Wer sich Sorgen um die Zukunft macht, solle den Blick auf die Geschichte richten. Wenn z.B. bei internationalen Begegnungen ausländische Kollegen über das (drohende) Dispensierrecht der Ärzte klagten, habe Trockel ihnen mit dem Hinweis auf das Medizinaledikt des mittelalterlichen Stauferkaisers Friedrich II. Mut machen können.

Als "Flaggschiff des Berufsstandes", als repräsentatives Aushängeschild bezeichnete Dr. Klaus Meyer, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie, das Deutsche Apotheken-Museum. Zwischen seiner Gesellschaft, die den Schwerpunkt auf die Erforschung der Vergangenheit legt, und dem Museum, das ebendiese Vergangenheit dokumentiert und der Öffentlichkeit vermittelt, biete sich eine Zusammenarbeit natürlicherweise an. Die Zusammenarbeit bedeute auch eine Bündelung der Kräfte.

Karin Wahl, Präsidentin der Landesapothekerkamer Baden-Württemberg, schilderte unter der Motto "vom Rezeptblock zur EDV" beispielhaft, welche Wandlungen der pharmazeutischen Praxis sie in ihrem eigenen Berufsleben bereits erlebt hat. Von den Mühen der manuellen Preisauszeichnung und der Rezeptabrechnung könnten sich junge Kollegen heute kaum eine Vorstellung machen. So willkommen der Fortschritt auch sei, so bringe es die allgemeine Entwicklung doch mit sich, dass die Apotheke an Unverwechselbarkeit verliert. An einer Apotheken-Scannerkasse z.B. "differenziert sich nichts".

Der Fortschritt der Pharmazie wird der Allgemeinheit natürlich vor allem auf dem Gebiet der Arzneimittelgeschichte deutlich. Hier ging Wahl auf die Verwendung menschlicher Drogen in Vergangenheit und Gegenwart ein. Während früher "echte" ägytische Mumie eine offizinelle Droge war, die nach rationalen Gesichtspunkten therapeutisch eingesetzt wurde, dienen heute menschliche Organe als Wirkstofflieferanten. Es sei allerdings Ansichtssache, ob man z.B. eine Plazenta im Museum ausstellen solle.

Umbau und Neugestaltung

Museumsleiterin Huwer und Architekt Hans-Jörg Gauger schilderten die Probleme des Umbaus, der die strengen Auflagen der Denkmalpflege zu berücksichtigen hatte. Ein Raum erhielt durch die Entfernung zweier Wände seine charakteristischen Renaissanceproportionen zurück, die Heizungsrohre wurden ebenso wie die Radiatoren in den Boden verlegt, Eingang und Ausgang wurden getrennt, so dass der Besucherstrom weitgehend ohne "Gegenverkehr" durch das Museum fließen kann. Die thematischen Schwerpunkte der einzelnen Ausstellungsräume betreffen u.a.

  • die Geschichte des Apothekenwesens,
  • die Ausbildung zum Apotheker,
  • das Arzneimittel im Wandel der Zeit,
  • das Apothekenwahrzeichen,
  • Verarbeitung und Lagerung von Arzneidrogen,
  • das Laboratorium sowie
  • mehrere Offizinen.

Dabei wird jeweils ein größerer Zeitraum durch die Exponate abgedeckt oder zumindest durch illustrierte Texte erklärt.

Unterstützung durch den Förderverein

Dr. Dr. Helmut Becker, Präsident der Gesellschaft Deutsches Apotheken-Museum e.V., die als Förderverein fungiert, berichtete stolz, dass er dem Museum Mittel in Höhe von 800000 DM habe überweisen können. Er dankte allen Mitgliedern und vor allem den vielen Spendern und zog das Fazit: "Der Einsatz hat sich gelohnt."

Als beispielhaften Gönner des Museums zeichnete Becker Dr. Herbert Gebler, Hannover, mit der Fritz-Ferchl-Medaille aus. Gebler habe nicht nur persönlich für das Museums gespendet, sondern als Kammerpräsident Niedersachsens auch bei seinen Kollegen mit großem Erfolg dafür geworben, selbst in den Förderverein einzutreten.

In der Mitgliederversammlung rief Becker dazu auf, sich nicht mit dem Erreichten zufrieden zu geben. Das Museum müsse unter anderem

  • antiquarische Neuerwerbungen tätigen,
  • bei aktuellen Umbauten von Apotheken charakteristische, von der Vernichtung bedrohte Objekte retten und magizinieren sowie
  • Sonderausstellungen veranstalten.

Nach einem Mitgliederschwund zu Beginn und Mitte der 90er Jahre sei die Entwicklung jetzt wieder positiv; die Mitgliederzahl sei auf über 600 Personen gestiegen.

In der allgemeinen Diskussion wurde dazu aufgerufen, an den Universitäten mehr Werbung für das Museum zu machen. Pharmaziestudenten sollten das Museum bereits während ihrer Ausbildung kennenlernen, um sich mit der Geschichte ihres Berufs auseinanderzusetzen. Ferner sollen alle Apothekerkammern und -verbände, die noch keine korporativen Mitglieder sind, aufgefordert werden, der Gesellschaft Deutsches Apotheken-Museum e.V. beizutreten.

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