Satzungsänderung der ABDA

Entmachtung oder mehr Kompetenz für den DAT?

07.11.2024, 09:15 Uhr

Nach langer Diskussion wurde ein Adhoc-Antrag von Dr. Matthias Schneider zur Satzungsänderung der ABDA von den bayerischen Kammerdelegierten abgelehnt.  (Foto: DAZ) 

Nach langer Diskussion wurde ein Adhoc-Antrag von Dr. Matthias Schneider zur Satzungsänderung der ABDA von den bayerischen Kammerdelegierten abgelehnt.  (Foto: DAZ) 


Ein Adhoc-Antrag auf der Delegiertenversammlung der Bayerischen Landesapothekerkammer, die am gestrigen Mittwoch stattfand, sorgte für hitzige Diskussionen. Der Delegierte Dr. Matthias Schneider forderte die Kammerspitze auf, die Umsetzung des auf dem Deutschen Apothekertag verabschiedeten Adhoc-Antrags in der Mitgliederversammlung der ABDA zu unterstützen. Darin wurde die Rücknahme der Satzungsänderung verlangt, nach der der DAT seine Rolle als Organ der ABDA verliert. 

„Die Delegiertenversammlung der Bayerischen Landesapothekerkammer fordert den Vorstand der Kammer auf, in der Mitgliederversammlung der ABDA den Beschluss des Deutschen Apothekertages (DAT) 2024 zur Beibehaltung der Hauptversammlung als Organ der ABDA umzusetzen“, so lautete der Antrag des Dillinger Apothekers. Hintergrund war ein mit großer Mehrheit angenommener Adhoc-Antrag, der Anfang Oktober auf dem Deutschen Apothekertag gestellt wurde und die Mitgliederversammlung der ABDA aufforderte, die beschlossenen Satzungsänderungen (§§ 2und 4 Abs. 2 und 4) zu revidieren und stattdessen den Apothekertag auszubauen und seine Rolle zu stärken.

Forderung nach bindenden DAT-Beschlüssen

Man müsse sich gegen die Entmachtung des deutschen Apothekertags wehren, so Matthias Schneider. Es könne nicht sein, dass Beschlüsse, die dort gefasst werden, in Zukunft nicht mehr bindend für die Arbeit der ABDA wären. „Wenn die Satzungsänderung bestehen bleibt, können wir uns die Hauptversammlung sparen“ argumentierte Schneider, der großen Beifall für seinen Antrag erntete.

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Der Antrag erregte merkbar die Gemüter im Raum. Thomas Benkert, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK) widersprach Schneider. Die Bedeutung des DAT werde durch die Satzungsänderung nicht geschmälert, sondern seine Kompetenz sogar ausgeweitet. Zur Erläuterung zeigte Benkert eine Synopse des alten und neuen Satzungstextes. „Beschlüsse der Hauptversammlung sind für das Handeln der Bundesversammlung und ihrer Organe verpflichtend, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliederversammlung nach § 3 Abs. 2 gegeben ist“, so der bisherige Wortlaut. Viele Beschlüsse des Apothekertages, so argumentierte Benkert, würden unter die Zuständigkeit der Mitgliederversammlung fallen, so zum Beispiel der Haushalt oder Strukturfragen. Bei diesen Themen wären die Beschlüsse des DAT noch nie bindend gewesen. Die neue Formulierung der Satzung laute „Beschlüsse der Hauptversammlung sind bei den jeweiligen Entscheidungsfindungen der Organe der Bundesebene sachgerecht zu berücksichtigen.“ Dies bedeute, dass jeder Beschluss, egal zu welchem Thema, in Zukunft in den entscheidenden Gremien diskutiert werden müsse. Ob der Apothekertag als beschlussfassendes Gremium dabei als Organ der ABDA gelte oder nicht, sei nicht von praktischer Relevanz.

Was ist sachgerechte Berücksichtigung?

Prof. Dr. Frank Dörje aus Erlangen hakte an dieser Stelle nach und wünschte sich eine Erläuterung, was „sachgerecht“ bedeute, und wer beschließen würde, was eine „sachgerechte Berücksichtigung“ ist. Benkert versicherte, kein Beschluss des DAT bliebe unberücksichtigt, sondern würde dem zuständigen Gremium zugewiesen und bei den entsprechenden Entscheidungsfindungen in der Diskussion einbezogen. Auch die antragstellende Mitgliedsorganisation werde zur Beratung hinzugezogen und könne ihre Argumente nochmals vortragen.

Konsequenzen von Beschlüssen nicht zu Ende gedacht?

Auch der Vorsitzende des bayerischen Apothekerverbandes (BAV) Dr. Hans-Peter Hubmann meldete sich in der Diskussion zu Wort. Er betonte, dass kein Interesse bestehe, die Hauptversammlung zu entmachten, sie sei das zentrale Gremium des Berufsstandes. Er wies allerdings darauf hin, dass juristisch gesehen alleiniger Entscheidungsträger der ABDA als eingetragener Verein die Mitgliederversammlung wäre.

Problematisch, so Hubmann, wäre, dass im DAT Beschlüsse gefasst werden könnten, die sich widersprächen, oder letztendlich zu Konsequenzen führen könnten, die dem Berufsstand schaden würden. Als Beispiel führte er die Forderung nach einer unkomplizierten Versorgung von Heimbewohnern durch direkte Übertragung des E-Rezepts vom Arzt an die Apotheke an. Im Arbeitsalltag heimversorgender Apotheken würde dies viele Probleme lösen, gleichzeitig jedoch Versendern die Tür öffnen.

Antragsteller Matthias Schneider hatte wenig Verständnis für diese Ausführungen. Wenn Anträge gegeneinander laufen würden, oder standespolitisch nicht zielführend wären, müsste das Podium die Teilnehmer des Apothekertags argumentativ davon überzeugen. Stattdessen werde den Beschlüssen die Verbindlichkeit genommen. „Das ist nicht, was ich unter Mitbestimmung verstehe!“ stellte er klar. Benkert und Hubmann betonten in ihren Antworten, dass der jeweilige Sitzungsleiter im DAT zur Neutralität verpflichtet sei und nicht gegen einen Antrag argumentieren dürfe.

Handlungsfähigkeit nötig

Hubmann und Benkert wiesen auf ein weiteres Problem hin: Die heutige Zeit sei so schnelllebig, dass kein Beschluss auf Dauer in Stein gemeißelt sein dürfe, so Hubmann. „Auf Aktionen des Bundesgesundheitsministers müssen wir zum Beispiel schnell reagieren, wir brauchen Handlungsfähigkeit“ ergänzte Benkert, „wir können hier nicht ein Jahr warten, bis der DAT wieder tagt.“ Auch deshalb sei es nötig, dass Beschlüsse des Apothekertags, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt nochmal im zuständigen Gremium diskutiert würden, nicht oder in geänderter Form umgesetzt werden können.

Unglückliche Kommunikation

In einem Punkt waren sich die Diskutierenden am Ende doch einig: Schneider hinterfragte, warum auf dem Apothekertag 2023 kein Wort über die geplante Satzungsänderung verloren, und man 2024 dann vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. „Da war die Kommunikation nicht glücklich“ gab Hubmann zu. Entschuldigend fügte er hinzu, dass die endgültige Diskussion zur Satzungsänderung erst nach dem DAT 2023 erfolgt sei. Auch Benkert akzeptierte die Kommunikations-Schelte.

Die über weite Strecken sehr emotional geführte Diskussion mündete in einer Abstimmung, in der 21 Delegierte dem Antrag Schneiders zustimmten, also die Forderung nach einer Rücknahme der Satzungsänderung weiter betont wissen möchten. 31 Delegierte lehnten den Antrag ab – bedenkt man den kräftigen Applaus, den der Antrag zu Beginn erhielt, scheinen die Ausführungen von Benkert und Hubmann wohl Wogen geglättet oder Verständnis für die Satzungsänderung geweckt zu haben. Neun Enthaltungen vervollständigten das Stimmungsbild.


Dr. Sabine Werner, Apothekerin und Redakteurin
readktion@daz.online


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